Kapitel 24

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Meine Haare sind klitschnass, als ich aus der Dusche trete. Im Bad herrscht eine gewisse Hitze, die davon kommt, wenn man zu lange das warme Wasser hat laufen lassen. Schnell mache ich das kleine Fenster auf und strecke meine Nase nach draußen. Seufzend atme ich die frische Luft ein, ehe ich mich vor den Spiegel stelle. Die Tropfen fließen immer noch an meinem Körper herunter, weshalb ich nach meinem Handtuch greife und mich abtrockne.

Ich greife nach dem Föhn, der neben dem Waschbecken angebracht ist, um meine Haare zu trocken. Das geht mit einem Handtuch nicht so einfach. Die heiße Luft schlägt auf meiner kühlen Kopfhaut auf, verursacht eine Ganzkörpergänsehaut. Das ist einfach jedes Mal so.

Als meine Haare einigermaßen gehen, ziehe ich mir meine Klamotten schnell wieder über. Ein Blick in den Spiegel verrät mir, dass ich verzweifelt aussehe. Zugegeben, das, was ich eben abgezogen habe, war nicht korrekt. Stegi hat es nicht so gemeint und ich habe ganz einfach überreagiert. Und damit habe ich mir bestimmt so einiges versaut. Zwar schätze ich Palle und Freddie nicht als Quatschtanten ein, aber bei einem Gespräch kann man schon das ein oder andere Wort verlieren. Und wenn Tobi und Rafi etwas davon erfahren...dann halten die mich für noch verrückter, als eh schon.

Ich fahre mir mit den Fingern über die Stirn, seufze erneut laut auf. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass ich ruhig im Koma hätte liegen bleiben können. Dann wären diese ganzen kleinen Missverständnisse niemals aufgetaucht. Gut, meine Freunde hätten zwar um mich getrauert, denke ich mal, aber sie hätten wieder glücklich werden können. Mit mir werden sie es nicht. Vielleicht ist ja heute der Tag gekommen, wo ich Stegi einfach sage, dass er gehen soll. Dass ich mit ihm Schluss mache, damit er glücklich werden kann. Der Schmerz wird schon nicht lange anhalten. So etwas hält nie lange an! Es hatte ja schon angefangen, als ich ins Koma gefallen bin. Bestimmt hat es bis jetzt nicht aufgehört.

„TIM?" Erschrocken zucke ich zusammen. Irgendjemand ist gerade dabei, die Tür gewaltsam einzuschlagen. Könnte für denjenigen etwas teuer werden. Vorsichtshalber öffne ich sie, wobei mir ein leicht wütender Palle fast in die Arme fällt. „Wow, pass auf!", zische ich, halte ihn gerade noch davon ab, auf den Boden zu plumpsen. „Du solltest lieber aufpassen!", schreit er. Mit einem Ruck hat er sich aus meinem Griff befreit. „REIN DA!" Er schiebt mich zurück ins Bad rein, was ziemlich komisch aussehen muss. Schließlich ist er gefühlte zehn Köpfe kleiner als ich! Er schließt die Tür hinter sich und kommt langsam auf mich zu. „Was fällt dir eigentlich ein", knurrt er. Fragend schaue ich ihn an, versuche, meine Angst zu überspielen. Seine gefährlich leise Stimme bringt einen schon zum zittern... „Du Doofkopf hast echt keine Ahnung, was ich meine!?" Langsam schüttele ich den Kopf. „Dann überleg mal, was ich meinen könnte, du Idiot!" So sehr ich auch versuche, mich daran zu erinnern, was ich falsch gemacht habe, mir fällt nichts ein. Natürlich gestehe ich, dass ich eben einen Fehlern gemacht habe. Dass ich Stegi etwas unterstellt habe, was nicht stimmt, aber dass Palle dann so einen Aufstand macht, kann ich nicht verstehen. Beim besten Willen! „Wieso regst du dich eigentlich so auf!", zische ich. „Ich sehe ja ein, dass ich das nicht hätte sagen sollen. Es war ein Fehler, ich weiß. Aber-"
„Halt die Klappe! Meine Güte, dass meine ich doch gar nicht! Das regt mich zwar auch auf, aber was mich noch mehr aufregt, ist die Tatsache, dass du schon wieder weggelaufen bist, anstatt mal kurz nachzudenken und dich dem Problem zu stellen! Gott, Tim, du bist so ein Spasti!"

„Was meinst du bitte mit 'wieder'?! Junge, ich habe mein Gedächtnis verloren! Ich kann mich nicht daran erinnern, was ich mal mit wem, wann gemacht habe!"

„Anscheinend ja doch!"

„Hä?" Verwirrt schaue ich ihn an, verstehe nicht, was er von mir will. Palle verdreht bloß genervt die Augen, ehe er sich vor mich stellt und meine Hände nimmt. Stirnrunzelnd beobachte ich diese Aktion, ehe ich wieder in seine braunen Augen schaue. Mit etwas ruhiger Stimme fährt er fort:
„Na klar, weiß ich, dass du dich an kaum etwas erinnerst. Aber es gibt etwas, an dass du dich unbedingt erinnern musst! Das ist für dich super wichtig. Nein, nicht nur für dich. Auch für Stegi." Panik steigt in mir auf. Was meint er damit? Unbeirrt fährt er fort: „Kannst du dich noch daran erinnern, wie der Unfall passiert ist? Irgendwelche Einzelteile, die dort passiert sind?" Kurz überlege ich. Tatsächlich gibt es da etwas, an das ich mich erinnern kann. „I-ich weiß ni-nicht, ob das relevant ist, a-aber..." Kurz stocke ich. Sollte ich das sagen? Ist das überhaupt wichtig? Aber Palles eindringlicher Blick reicht, um zu wissen, dass ich es sagen muss.

Wer Bist Du? - Stexpert FF || PAUSIERTWo Geschichten leben. Entdecke jetzt