Kapitel 9

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Bevor wir zusammen Mittagessen wollen, geht Stegi sich auf die Suche nach einem Rollstuhl machen. In der Zeit setzt Tobi sich neben mich und schaut mich von der Seite her an. „Was ist?"
„Was soll sein?", fragt er, sieht mich aber unentwegt an.
„Du starrst mich an..."
„Ich freue mich einfach nur, dich wiedersehen zu können." Vorsichtig lehnt er sich gegen mich, als würde ich zerbrechen, bei zu viel Gewicht auf meiner Schulter. „Wie sieht es eigentlich bei dir aus?", flüstere ich.
„Wie meinst du das?"
„Na ja...ich weiß nicht gerade viel über dich. Nicht mehr, jedenfalls."
„Und was willst du wissen?", flüstert er.

„Am besten alles", sage ich gähnend. Tobi setzt sich gerade auf, schaut mich an. „Sag nicht, dass du müde bist!" Ein leichtes Lächeln legt sich auf seine Lippen. Ich schüttele meinen Kopf, lasse mich nach hinten fallen. „Erzähl mir bitte etwas über dich", nuschele ich.

„Hm...Also, wie ich schon sagte, kennen wir uns aus unserer Kindheit. Ich weiß mehr Geschichten über dich, als jemand jemals kennen würde."
„Was sind das für Geschichten?"
„Tja, nur ich weiß, wer deine Kindergartenliebe war. Und auch nur ICH weiß, wo dein großes Süßigkeitenversteck war." Sanft streicht er mir einige Haarsträhnen aus der Stirn.

„Und was sonst noch?"
„Öhm... Als ihr weggezogen seid, ist für mich eine Welt zusammengebrochen. Schließlich bist du immer die Person gewesen, der ich alles anvertraut hatte. Auch eine bestimmte Sache...Die von unseren Klassenkameraden nicht wirklich gut aufgenommen wurde."
„Was für eine Sache?" Ich sehe ihn an, sein Blick ist irgendwie reuevoll und gleichzeitig traurig. Als würde er sich am liebsten dafür schlagen, dass er mir solche Dinge sagt. „Tobi?" Ich greife nach seinem Arm, was ihn leicht zusammenzucken lässt. „Du lässt nie locker, Junge", lacht er.
„Nein, anscheinend nicht... Sag schon!"
„Ich bin schwul. Dank dir, hatte sich mir keiner in den Weg gestellt und mich auch nicht blöde von der Seite angemacht. Aber als du dann weg warst... Sagen wir es mal so: Ich war nicht nur ein mal im Krankenhaus." Erschrocken reiße ich meine Augen. „D-du wurdest geschlagen, weil du-"
„Schwul bist. Genau. Meine Eltern hatten aber irgendwann auch die Schnauze voll und ich durfte die Schule wechseln. Und dann bin ich irgendwann halt nach Köln gezogen, wo ich dann Rafi kennengelernt habe und dich wiedergesehen habe."
„Rafi?"
„Ja, Rafael. Toller Typ. Du magst ihn." Ein verträumter Ausdruck legt sich auf sein Gesicht, was mich etwas vermuten lässt: „Und ihr beide seid..." Ich lasse den Satz offen, zucke bedeutungsvoll mit den Augenbrauen. „Ja", sagt er lachend. „Seit fast zwei Jahren."

„Glückwunsch?"

„Jaja, danke." Er nimmt mich in den Arm. „Wie ich das vermisst habe..."
„Du bist schon der zweite, der das sagt."
„Hm?"
„Stegi hatte das auch schon gesagt."
„Achso."
„Was ist mit mir?", höre ich die Stimme des blonden. Ich drehe mich zu ihm um. Er fährt den mitgebrachten Rollstuhl ans Bett und sieht uns grinsend an. „Gruppenkuscheln?"
„Ne." Gespielt abwertend schaut Tobi ihn an.

„Tze, danke!" Beide helfen sie mir, mich in den Rollstuhl zu setzen, obwohl ich lautstark protestiere. Schließlich kann ich doch gut laufen! Jedenfalls ganz gut...

„Wo gehen wir jetzt hin?", will mein bester Freund wissen, während er den Essenswagen vor sich her schiebt. Stegi erklärt ihm die Sache mit der Bank im Garten. Nickend läuft er weiter. Die Schwestern auf dem Gang sehen uns komisch an, als wir so an ihnen vorbei gehen. Klar, ein Patient, eine Person, die hier zu wohnen scheint und dann ein schräger Vogel mit lauter Essen im Gepäck. Schon ein komischer Anblick...


Teil Nummer 2!

Gut so weit? :)

Wer Bist Du? - Stexpert FF || PAUSIERTWo Geschichten leben. Entdecke jetzt