Feel With The Hearts

Thirteen

„Soll ich üben, Mami?“

„Was sollst du üben, mein Schatz?“

„Das Licht heraufzubeschwören.“

„Nein, das können wir heute Abend wieder üben, warum fragst du?“

„Weil es noch dunkel ist und du kein Licht gemacht hast.“

Das Sonnenlicht des frühen Morgens durchflutete den Raum und die Tränen im Gesicht von Mrs Horan schimmerten wie kleine Diamanten. Zum Glück konnte Niall sie nicht sehen. Sie schluckte.

„Bleib noch kurz liegen, mein Schatz, Mami ist gleich wieder da, ich habe noch etwas vergessen.“

Sie eilte aus dem Zimmer und schlug die Hände vors Gesicht. Mit der Gewissheit zu leben war eine Sache, ihr als Tatsache gegenüber zu stehen, eine ganz andere. Mrs Horan weinte bitterliche Tränen. Ein Schauer nach dem anderen durchlief ihren Körper und sie wollte sich nicht beruhigen. Als ihr Mann sie in die Arme schloss, bedurfte es keiner weiteren Worte. Er verstand sofort und drückte seine Frau fest an sich. Er ließ sie einige Minuten weinen, dann fasste er sie sanft an den Schultern, schob sie ein Stück von sich und sah in ihr Gesicht.

„Stark sein. Stark sein für Niall. Keine Angst zeigen. Nur Zuversicht und Hoffnung. Du hast es mir gesagt. Du hast es mich gelehrt. Jetzt sage ich es Dir. Ich wollte, ich könnte Dir so viel Stärke geben, wie Du sie mir immer gibst. Das kann ich nicht. Doch was ich habe, will ich Dir geben. Für Niall - für unseren großen Jungen.“

Seine Augen wurden feucht, doch er konnte die Tränen noch unterdrücken. Sie schniefte und atmete tief durch.

„Für Niall, für Niall. Ich werde es versuchen.“

„Du kannst das. Ich weiß es genau. Du bist die viel Stärkere. Wen lieben wir über alles?“

„Niall!“

„Für wen tun wir alles?“

„Für Niall!“

„Wer ist unser Leben?“

„Niall!“

Trotz sprach aus ihrer Stimme, ebenso wie Stärke. Dieses Ritual hatten sie oft geübt, fast so oft, wie sie mit Niall „das Licht" geübt hatte. Sie holte noch einmal tief Luft.

„Ich muss wieder zu ihm!“

„Soll ich mitkommen?“

„Nein, das Aufstehen ist unsere Angelegenheit. Nur er und ich. So war es schon immer. Du siehst ihn ja gleich.“

„Ja, ich sehe ihn gleich.“

Mrs Horan verließ das gemeinsame Schlafzimmer. Gerade noch rechtzeitig, sonst hätte sie seine Tränen gesehen. Das Wort „sehe" war wie ein Stich gewesen. Er musste lernen, sich zusammenzureißen, musste lernen, damit umzugehen. Seine Frau war stark, das stimmte, doch sie konnte nicht für ihren Sohn und ihren Mann sorgen.
Er seufzte.