Twenty-Two

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8 Jahr später

Es war ein wirklich warmer Tag gewesen und die Hitze hielt sich in den Räumen ihres Hauses, auch nachdem es draußen langsam kälter wurde. Der Schatten des Hauses bedeckte den Vorgarten und machte die Temperaturen dort sehr angenehm. Ganz anders als in Nialls Zimmer. Obwohl der Junge nur eine Short trug, rann ihm der Schweiß noch immer übers Gesicht. Seine Finger waren feucht und er konnte kaum die Saiten richtig greifen. Kurzentschlossen machte er sich mit seinem Instrument auf den Weg nach unten.

Am Treppenabsatz angekommen, lauschte er nach seiner Mutter. Es war still im Haus, fast als wäre Niall ganz alleine, doch dann vernahm er ein leises Knarren des Sofas im Wohnzimmer. Er machte sich auf den Weg dorthin und richtig, dort fand er seine Mutter.

„Ich würde gerne Gitarre spielen, aber in meinem Zimmer ist es so warm."

„Das kann ich mir gut vorstellen, aber hier ist es auch nicht gerade kühl."

„Kann ich auf die Terrasse?"

Einen Moment dachte sie, das Herz würde ihr aussetzen. Er hatte noch nie draußen gespielt und sie wusste, dass sich eben die Kinder auf der Straße befanden, die ihren Sohn einst verspottet hatten. Doch Mrs Horan kam zu dem Entschluss, dass auf der Terrasse eigentlich nichts passieren dürfte. Auf alle Fälle wollte sie dafür sorgen, dass keine bösartigen Reden von der Straße hereindringen sollten. Sie hatte keine Ahnung wie, doch sie war fest entschlossen.

„Ja, natürlich darfst du."

Er lächelte sie an und machte sich auf den Weg.

„Darf ich dir zuhören?"

Sie wusste, dass sie ihn nicht unbemerkt im Auge behalten konnte. Das kleinste Geräusch und Niall würde wissen, dass sie da war.

„Wenn du möchtest, gerne."

Meist scheute er sich, etwas zu spielen, wenn ein anderer zuhörte, als sein Lehrer. Aber was meinte er, würde passieren, wenn er draußen spielte? Es würde sich nicht vermeiden lassen, dass andere seiner Musik lauschten. Zumindest hoffte sie, dass sie nicht mehr machen würden.

Er setzte sich auf die Kante eines der Terrassenstühle, sie nahm einen, auf dem sie sowohl ihren Sohn als auch den Zaun zur Straße im Blickfeld haben würde.

Er zupfte an seinen Saiten herum und drehte anschließend an den kleinen Rädchen, um die Gitarre zu stimmen. Interessiert sah sie ihm dabei zu, dabei fiel ihr auf, dass er keine Stimmgabel benutzte. Einfach hinhörte, lauschte und dann drehte. Erneut zupfte und alles so lange, bis er zufrieden war.

Als alle Töne für Niall richtig klangen, begann er zu spielen.
Zuerst eine alte Volksweise, dann ein Lied, welches er erst letztens im Radio gehört hatte. Bewunderung kam in ihr auf. Er hörte eine Melodie und konnte sie fast augenblicklich nachspielen und im selben Zug interpretieren. Hier eine kleine Variation, dort einen Zwischenton. Nicht, dass er das Original nicht spielen konnte, nein er verfeinerte es, hauchte ihm neues Leben ein und machte es zu einem Niallstück.

Schließlich verließ er die bekannten Melodien und begann, eines seiner eigenen Stücke zu spielen. Ganz leise zunächst, doch dann wurde die Melodie kräftiger. Sofort passierte das, was jedes Mal passierte, wenn er so anfing. Bilder tauchten auf vor dem inneren Auge, Bilder, die sie in Natur noch niemals gesehen hatte. Farben ummalten jeden Gegenstand, ließen ihn leuchten, wie auf einem dieser kitschigen Bilder. Doch diese Bilder waren nicht kitschig. Ganz im Gegenteil, es war, als wäre es das Natürlichste von der Welt. Die Farben gehörten einfach zu diesen Dingen und das Leuchten war, als sehe man die Seele eines jeden Dings.

Wenn ein Lied vorbei war, schüttelte sie jedes Mal den Kopf über ihre Gedanken, doch schon tauchte sie in das nächste Lied und was sie eben noch als verrückt versucht hatte abzutun, war das Normalste, was sie sich vorstellen konnte.

Im gewissen Sinne war es ihr unheimlich, denn sie verstand nicht, was da in ihr vorging, verstand nicht, woher diese Bilder kamen, woher die Farben. War es, weil da ihr Sohn spielte, war es normal für eine Mutter?

Diese Gedanken verbarg sie tief in ihrem Herzen, sie hätte auch nicht gewusst, mit wem sie darüber hätte reden können. Nicht einmal James würde es wohl verstehen. Niall vielleicht, aber diesen Schritt wagte sie nicht, noch nicht. Vielleicht eines Tages.

Eine Bewegung ließ sie den Blick wenden. Hinter dem Zaun, halb verborgen von den Büschen, die davor gepflanzt waren, standen zwei der Jungs aus ihrer Straße. Einer öffnete gerade den Mund und sie wollte nur noch aufspringen...

Feel With The Hearts Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt