Das Monster in mir

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„Buck...", flüsterte Steve als er in das Zimmer kam. „Shh! Sie schläft noch!", erwiderte James und fechelte mit seiner Hand. Ich gab nur ein leises Geräusch von mir. „Sie sieht anders aus, wenn sie schläft", lachte Rogers.
„Sie sieht wirklich anders aus. Friedlicher", flüsterte James und strich mit seiner rechten Hand meinen Rücken entlang. Wir lagen noch immer Arm in Arm da. Genauso wie ich eingeschlafen war.
„Wie findest du sie?", fragte Steve neugierig mit einem breiten Lächeln und ich könnte schwören, dass er seine Augenbrauen auf und ab bewegt hatte! Aber ich wusste es nicht. Schließlich schlief ich noch.
„Wie meinst du das?", antwortete James verwirrt und zog eine Augenbraue hoch.
„Bucky, ich sehe doch wie du sie ansiehst. Jeder Blinde kann sehen, dass da was ist."
Errötet sah James zu Boden: „Ich weiß es nicht. Es ist etwas da, aber ich weiß nicht was."
„Sieh aber ja zu, dass sie dir vorher keiner wegschnappt! So ein Mädchen findest man so schnell nirgends. Sie ist wirklich nett."

„Nein", flüsterte ich im Schlaf vor mich hin, „Lasst mich gehen." Steve und James sahen mich irritiert an. "Sie hat wohl einen Albtraum", meinte Steve. Ich kniff die Augen zusammen und meine rechte Hand klammerte sich an die linke Seite von James' Bauch. „Lasst mich!", schrie ich immer lauter, „Lasst mich in Ruhe!"
„Hol sofort jemanden!", sagte Bucky mit etwas Panik in seiner Stimme zu Steve. Während ich mich weiter an James' Bauch klammerte, lief Steve in den Flur um Hilfe zu holen. Mein Herz raste und mein ganzer Körper zitterte.
„NEIN!", schrie ich als ich meine Augen aufriss und mit meinen Fingernägeln fünf tiefe Kerben in James' Bauch kratzte. Er gab einen kleinen Stöhner aus Schmerz von sich und ließ seine Hand von meinem Rücken fallen. „Was habe ich getan?", fragte ich mich selbst, als ich mich langsam aufsetzte und das hellgraue Shirt von Bucky hochzog. Fünf Kerben wie von einem Messer und er verlor Blut. Sehr viel Blut. Ich legte meine Hände auf seine Wunden: „Es tut mir so Leid, James. Es tut mir so Leid!" Tränen strömten aus meinen Augen. Als ich meine Hände von den Wunden nahm, waren sie mit James' Blut getränkt. Verkehrt hielt ich sie mir vor dem Mund und ging rückwärts in die Ecke des Raumes um dort weinend zusammenzubrechen.

Die Ärzte, die eigentlich für mich gekommen waren, blieben kurz ungläubig vor Buckys blutenden Körper stehen, bevor sie sich um ihn kümmerten. Steve kam langsam und geschockt zur Tür herein. Er näherte sich und versuchte mich zu beruhigen: „Ruth, es war nicht dei..."
„Fass mich nicht an!", schrie ich und zog meine Hände von ihm weg, „Ich will dir nicht auch noch wehtun." James legte seinen Kopf zur Seite und sah in mein verweintes Gesicht. Ich konnte diesen Anblick nicht mehr ertragen. Ich war daran Schuld! Ich ganz allein! Wenn James starb, dann war ich Schuld! Ich musste ihm helfen. Schließlich hatte ich nicht um sonst meine Kräfte. Mit abgestützen Händen drückte ich meinen Körper vom Boden hoch und bewegte mich in Richtung James. Steve hielt mich auf: „Ruth, du musst zurückbleiben." Ich versuchte erneut vorbeizukommen, aber er ließ mich nicht durch. „Steve, ich kann ihm helfen. Du musst mich nur vorbeilassen. Bitte", versuchte ich ihn zu überreden, aber ich kam nicht vorbei. Die Ärzte versuchten gerade die Blutung zu stoppen. „Er hat fast einen Liter Blut verloren. Wenn das so weitergeht, dann verblutet er uns hier noch", sagte einer von ihnen. Ich versuchte nun mit Gewalt durchzukommen, aber Steve ließ nicht locker und wir fingen an uns zu brügeln. Ein Schlag nach dem Anderen. Bis ich einen kurzen Schmerz am Nacken spürte und meine Welt sich schwarz färbte.

Ich wachte in meinem Bett auf. Neben mir die Blutflecken von James. Als ich auf den Wecker sah war es 2:36 Uhr. Ich warf meine Beine über die Bettkante und zog mir schnell frische Sachen an. Schwarze Hose, schwarzes Top, leichte, graue dreiviertel-Weste und meine schwarzen Boots. Langsam drückte ich die Türklinke nach unten und öffnete die Tür. Der Flur war leer. Leise zog ich die Tür hinter mir zu. Ich wusste genau, wo sie James hingebracht haben. Weit weg von mir. Am anderen Ende der Krankenstation. Auf dem Weg dorthin machte ich mir noch schnell einen Pferdeschwanz. Ich musste mich beeilen. Wer wusste, wie viel Zeit ihm noch blieb, bis er verblutete.

Vorsicht öffnete ich die Tür. „James", flüsterte ich, als ich ihn da liegen sah. Er hatte einen Verband um den Bauch und war an einer Maschine angebunden, die komische Piepsgeräusche machte. Leise zog ich die Tür hinter mir zu. Was hatte ich nur angerichtet? Ich hätte ihn fast getötet. Warte, machte ich mir etwa Sorgen um ihn? Langsam ging ich Schritt für Schritt auf ihn zu. Ich nahm seine Hand und setzte mich auf den Stuhl neben dem Bett: „Es tut mir so unfassbar Leid, James", Tränen rollten mir über die Wange, „Ich würde dich niemals mit Absicht verletzten." Wenn er das gehört haben sollte, hoffte ich, dass er die Entschuldigung annahm. Ich wischte mir die Tränen aus dem Gesicht und begann den Verband von seinem Bauch zu entfährnen. „Shh. Alles ist gut", sagte ich, als er kurz aufstöhnte. Der Verband war ab. Heilige Scheiße! Das ich sowas konnte, hatte ich ganz vergessen! Ich ging ins Badezimmer und holte eine Schüssel Wasser und ein Tuch, um alles zu säubern. Das Tuch tauchte ich in das Wasser und begann vorsichtig das Blut wegzutupfen. „Au!", fluchte James. Panik! Ich legte meine Hand auf seine Schulter und konzentrierte mich kurz. Die Impulse funktionierten auch wieder. Gut. „Schlaf weiter. Du spürst nichts mehr", sagte ich zu ihm und er machte keinen Mucks mehr. Die Wunde war gesäubert. Sah so aus, als hätte ich da wirklich etwas angerichtet. Das sah echt übel aus. Und es war genäht. Hätte der Arzt nicht gleich irgendein Blumenmuster reinnähen können? Dann wäre wenigstens etwas schönes dabei gewesen. Ich begann mit einer Pinzette die Fäden rauszuziehen. Das war mit ABSTAND das ekelhafteste der ganzen Sache. Ich war so konzentriert auf meine "Arbeit", dass ich garnicht mitbekamm, wie ich meine linke Hand auf James' Brust legte. Hoffentlich hatte er das nicht mitbekommen. Die Fäden waren raus. Ich hielt meine Hände einige Zentimeter über der Wunde, schloss die Augen und begann zu flüstern: „Anál nathrach, orth' bháis's bethad, do chél dénmha."
Unter meinen Händen wurde es schwarz, meine Augen färbten sich weiß, ein weißer Rauch kam aus meinem Mund und bahnte sich seinen Weg zu der Wunde an James' Bauch. Während dieses Prozesses bekam ich nichts mehr mit. Es konnte jeder reinkommen, ohne das ich es bemerken würde. Der Rauch zog sich wieder in meinen Mund und meine Augen waren wieder normal. „Es hat geklappt!", freute ich mich und machte kleine Freudensprünge. Ich ging auf die andere Seite des Bettes und zog Bucky die Nadel aus der Vene. Aua. Soetwas wollte ich nicht in meinem Arm haben. Ich wächselte erneut die Seite und legte meine Hand auf James' Stirn: „Ich hoffe, dass du weißt, dass ich dich wirklich nicht verletzen wollte." Vorsichtig gab ich ihm einen Kuss auf die Stirn und nahm auf dem Stuhl Platz. Ich nahm erneut seine Hand, aber dieses Mal hielt ich sie. Ein Klopfer ließ mich zusammenzucken und ich bekamm Panik. Was sollte ich nur tun? „Bucky?" Es war Steve.
Ich musste hier weg. Es gab nur einen Weg.
Ich musste springen.

Dark Ophelia (Bucky Barnes Fan-Faction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt