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Ich blickte in das Gesicht über mir. Ich blickte in das Gesicht meines Bruders. Doch anstatt Freude empfand ich Angst. Meine Fingerspitzen begannen zu kribbeln. Aus dem Nichts sprang ich auf und Flügel spreizten sich hinter meinem Rücken. Das Hemd, dass ich bis jetzt noch an hatte zerriss und fiel in drei Stücken auf den Boden. Ich flog Richtung Wand, drehte mich um und drückte meinen Rücken, meine Hände und meine Füße auf die Mauer. Sie sahen mich alle schockiert an. Merkten sie nicht, dass ich Angst hatte? Ich versuchte meine Tränen zurückzuhalten, doch als ich James sah...
„Ruth", sagte Davos laut und kam einige Schritte auf mich zu. Ich versuchte mich weiter an die Wand zu drücken. Ich wollte nicht, dass er näher kam. „Ist schon gut", begann Bucky mit mir zu sprechen, „Du bist hier sicher, ich verspreche es." Langsam kam er einige Schritte näher: „Könntest du vielleicht von der Wand runterkommen?" Ich überlegte kurz. Sie wussten was ich getan hatte, also warum sollten sie mir nichts antun wollen? Langsam und vorsichtig löste ich mich von der Wand und stellte meine Füße wieder auf den Boden. Ich trat einige Schritte nach vorne und hörte James leise kichern: „Deine Flügel." Was war mit ihnen? Verunsicher blickte ich nach hinten. Womöglich sollte ich sie wieder verstecken. „Was ist passiert?", fragte Bucky flüsternd, doch ich gab keine Antwort. „Hier", sagte Steve und reichte ihm ein weißes Tuch. Er bedankte sich nickend und legte es über meine Schultern, damit mich nicht alle nackt sehen mussten. „Steve, ich gehe mit Ruth in ihr Zimmer um ihr etwas anzuziehen. Wir sind gleich wieder bei euch", informierte James Steve, legte seine Hand auf meinem Rücken und führte mich aus dem Raum.

„Als du weg warst...", begann James vorsichtig, als er Klamotten für mich aus dem Schrank suchte, „Was ist mit dir passiert?" Stumm saß ich auf der Bettkante und sah ihn an. Doch ich hielt nicht lange durch. Ich schämte mich zu sehr um ihn in die Augen zu sehen. „Ruth, was auch immer in New York passiert ist, bleibt auch dort. Du kannst es nicht ungeschehen machen", versuchte er mir weiter einzureden. „Ich habe ihn umgebracht, James", begann ich flüsternd, „Ich habe seinen Kehlkopf herausgerissen, während ich mit ihm..." Noch bevor ich ausreden konnte nahm mich Bucky in den Arm. Ich hatte jemanden wie ihn nicht verdient. „Das warst nicht du", flüsterte er als er sich langsam wieder von mir löste. Bevor ich etwas sagen konnte küsste er mich und wischte meine Tränen von den Wangen. Ich hatte vergessen wie es sich anfühlte. Ich hatte vergessen wie er sich anfühlte.

„Wir müssen noch nicht gehen", sagte James lachend und versuchte mich wieder zu sich zu ziehen. „Steve wartet. Genauso wie Sam und der Vorstand. Wenn wir nicht auftauchen werden sie mich einsperren. Andererseits werden sie mich so oder so einsperren", erklärte ich während ich mir meinen senfgelben Pullover anzog. Seufztend setzte sich Bucky auf und zog ebenfalls seine Sachen an: „Wenigstens redest du wieder." Ich zog meine schwarze Jeans hoch und drehte mich um: „Mal sehen wie lang das so bleibt."

„Wo zum Teufel wart ihr?", schrie uns Sam flüsternd entgegen. „Wir hatten zu tun", antwortete ich und ging an ihm vorbei. „Zu tun? Der verdammte Vorstand wartet und ihr hattet zu tun?!", meckerte er und lief mir hinterher. Ich blieb plötzlich stehen und drehte mich um: „Noch ein Wort und ich reiße dir..." „Ruth!", unterbrach mich James und packte mich am Arm, „Alles okay?" Verwirrt hielt ich meine Hand an den Kopf: „I-Ich weiß nicht. Ich denke schon... Was ist passiert?" „Nichts", sagte Sam wie aus der Pistole geschossen, „Ist nicht so wichtig. Ihr solltet euch beeilen. Der Vorstand wartet." Noch verwirrter sah ich ihn an: „Der Vorstand?!" Ich begann immer schneller zu atmen. „Hey, hey, Ruth!", versuchte der schwarze Mann auf sich aufmerksam zu machen und packte mich an den Oberarmen, „Weißt du wer wir sind, Ruth?" schockiert sah ich zwischen den zwei Männern hin und her: „Ich... I-Ich weiß es nicht." Sie sahen sich an. „Was machen wir jetzt?", fragte der Dunkelhäutige. „Wir können sie so auf keinen Fall dem Vorstand aussetzen. Sie würden sie auf der Stelle in eine Zelle stecken", vermutete der Mann mit den braunen, schulterlangen Haaren. Ich hingegen verstand kein Wort. „Was soll das bedeuten? Warum wollen sie mich einsperren?!", unterbrach ich sie und immer mehr Tränen flossen meine Wangen entlang. „Sam, wir müssen sie wegbringen", warnte er ihn. Ich drückte mich zur Wand und schüttelte den Kopf: „Ihr bringt mich nirgendwo hin." „Tut mir Leid, Ruth", sagte der dunkle und ging auf mich zu. Noch bevor ich wusste was er vorhatte, begann ich zu laufen. Ich lief so schnell ich konnte. Plötzlich tauchte neben mir ein weiterer Mann auf. Er war groß, blond und versuchte mich ebenfalls zu fassen. Doch ich war schneller. Vielleicht etwas zu schnell...

Ich stand auf einer großen Wiese mitten in den Bergen. Der Wind wehte mein Haar in alle Richtungen und flüsterte mir etwas ins Ohr. „Mami!", schrie plötzlich ein kleines, rothaariges Mädchen, dass an mir vorbeilief. „Komm her, meine Süße!", rief eine Frau ihr mit offenen Armen entgegen. Sie umklammerten sich gegenseitig. „Ich will dir jemanden vorstellen", sagte die Frau, als sie sich voneinander gelöst hatten. „Hallo, Ruth", sagte eine mir sehr vertraute Stimme. „Odin?!" flüsterte ich zu mir selbst. Fassungslos stand ich da. „Ruth, das ist meine Tochter Ophelia. Sie wird bei dir bleiben, wenn es dir nichts ausmacht", sagte Odin mit einem Lächeln und legte seine Hand auf die Wange des kleinen Mädchens. „Mama!", unterbrach ihn ein Junge, der aus dem Haus stürmte. „Harvey!", rief ich und machte einige Schritte vorwärts, doch er hörte mich nicht. Ich ging immer weiter auf ihn zu, bis jemand meine Hand packte und mich zurückhielt. „Warte!", schrie Loki und drehte mich zu sich. „Was ist das hier? Ist das eine deiner Täuschungen?", fragte ich ihn unter Tränen. „Leider nicht", antwortete er, „So hat all das angefangen. So wurdest du zu dem, was du heute bist." Ich blickte über meine Schulter und beobachtet wie der Junge zu dem Mädchen lief und etwas zu seiner Mutter sagte. „Bin das ich? Bin ich das kleine Mädchen?", fragte ich ohne ihn anzusehen. Er atmete tief ein und biss sich kurz auf die Lippe: „Ja." Nun sah ich Loki in die Augen. „Was sagen sie? Was haben sie jetzt vor?", fragte ich während mir eine Träne nach der anderen über das Gesicht lief. „Das wäre zu viel für dich. Belassen wir es für heute dabei", versuchte er so ruhig wie möglich zu sagen. „Nein!", schrie ich ihn an. Wütend packte er meinen Hals: „Wach auf."

Wie nach einem Albtraum schreckte ich auf und fand mich in einem Krankenzimmer wieder. Ich war alleine. Womöglich auch nicht.

Dark Ophelia (Bucky Barnes Fan-Faction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt