Zerspalten

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„Ruth! Ist alles in Ordnung?"
„Ähm.. Ja. Tut mir Leid, ich habe gerade nachgedacht."
„Über was?"
„Über uns."

„Ruth!", schrie Steve mir ins Gesicht, „Kannst du mich hören?" Verwirrt sah ich mich um. Ich lag nackt in einer gewaltigen Blutpfütze. „Was ist passiert?", fragte ich stumpf und blickte den verängstigten Leute um uns herum in die Augen. Was zum Teufel ist passiert? „Ich bringe dich hier raus", erwiderte Steve und trug mich aus dem Raum. „Steve, wo bringst du mich hin?" Er ignorierte meine Frage und lief weiter den Flur entlang, bis wir zu einer gewaltigen Glaswand gelangten. Steve blieb stehen und deutete mit seinem Kopf, dass ich in die selbe Richtung wie er blicken soll. „James!", schrie ich förmlich und riss mich von Steves Armen los. Etwas schwankend lief ich auf ihn zu und umarmte James so fest ich nur konnte. „Du erwürgst mich, Ruth", scherzte er, obwohl er wirklich kaum noch Luft bekam. Schnell löste ich mich von ihm und begann vor Freude zu weinen: „Du kannst dir garnicht vorstellen wie sehr ich dich vermisst habe." Ohne zu zögern nahm mich James erneut in den Arm. Seine Wärme zog duch meinen ganzen Körper und seine Berührungen bereiteten mir Gänsehaut. Er unterbrach und zog sich seine Jacke aus: „Hier. Nicht jeder soll mein Mädchen nackt sehen." Ich lächelte ihn mit Tränen in den Augen an und legte meine Hand auf seine Wange. Dass ich komplett mit Blut überströmt war, war mir in diesem Moment egal. Alles, was zählte, war, dass ich bei James war. Dass ich zurück zu meiner Bestimmung gefunden hatte. „Es gibt so viel, dass du nicht weißt. Ich werde es dir zeigen. Aber nicht heute. Ich werde warten, bis die Zeit reif dafür ist", flüsterte ich und löste langsam meine Hand von Buckys Wange. „Du solltest dich ausruhen", unterbrach uns Steve. Mein Blick wanderte auf die Landschaft hinter der Glaswand. „Ja. Vielleicht sollte ich das."

Regungslos lag ich in meinem Bett. Trotz meiner Müdigkeit konnte ich nicht einschlafen. Langsam setzte ich mich auf und schwang meine Beine über die Bettkante. Ich wanderte zu dem Spiegel, der gegenüber von meinem Bett stand. Er war so groß, dass ich in ihm das ganze Zimmer sehen konnte. Nachdenklich fing ich an mich selbst zu betrachten. Dass ich mich verändert hatte konnte man nicht verleugnen. Vorallem nach den letzten Monaten erkannte ich mich selbst kaum wieder. Statt meinem sportlichen Körper sah man nur noch Haut und Knochen. Meine Haare, die mir anfangs bis zur Brust gingen, endeten nun unterhalb meiner Hüftknochen. Was war nur mit mir passiert... Der weiße Pullover und die schwarze Short waren mir viel zu weit. All meine Sachen waren mir zu weit. Ich schloss meine Augen und konzentrierte mich: „Zeig mir die Wahrheit." Als ich meine Augen wieder öffnete sah ich jemand anders im Spiegel. „Du wolltest die Wahrheit sehen", sprach plötzlich eine Stimme hinter mir. Erschrocken drehte ich mich um und sah eine blonde Person auf meinem Bett sitzen. „Wer bin ich? Wer bist du?" Die Person lachte und kam langsam auf mich zu: „Du bist du, Ruth. Ich hingegen sehe zwar aus wie du, aber das bin ich nicht." Verwirrt blickte ich sie an: „Ich verstehe das nicht." „Du wolltest die Wahrheit sehen. Jetzt siehst du sie. Das ist deine wahre Gestalt." In diesem Moment wurde mir alles bewusst. Das war es, was Loki mir all die Nächte gezeigt hatte. „Ophelia?" Sie applaudierte und blickte mich immer noch an: „Es ist schön dich wiederzusehen." Ophelia kam mir immer näher, bis uns nur mehr wenige Millimeter voneinander trennten. „Du erinnerst dich bestimmt nicht mehr daran, aber du hast mich geliebt. So, wie ich dich geliebt habe." Unsere Lippen berührten sich beinahe, als uns ein Klopfen aufschrecken ließ. „Ruth? Kann ich rein kommen?" Panisch blickte ich zu Ophelia: „Du darfst ihn auf keinen Fall rein lassen!" „Wieso soll ich zur Tür gehen?", fragte sie hecktisch. „Weil du mehr wie ich aussiehst als ich es selbst tue?!", erwiderte ich und fächelte wild mit meinen Händen umher. Ophelia überlegte kurz: „Ja, das klingt einleuchtend." Genervt schob ich sie Richtung Tür: „Nun mach schon!" Als sie vor der Tür stand versteckte ich mich währenddessen links daneben. So konnte James mich nicht sehen, aber ich konnte alles laut und deutlich hören. „Bucky, was willst du?", sprach Ophelia verschlafen und rieb sich die Augen. Verdammt. Diese Frau hatte echt einen Oscar verdient. „Habe ich dich etwa geweckt?" „Nicht wirklich. Ich konnte nicht schlafen." Mein Herz sprang mir fast aus der Brust als ich seine besorgte Stimme hörte. „Hast du kurz Zeit?", fragte Bucky und wollte schon ins Zimmer treten, aber Ophelia hielt ihn zurück. „Lieber nicht. Ich muss versuchen zu schlafen, aber wenn du neben mir bist kann ich nur an etwas anderes denken." Verdammt! Konnte sie auch noch an etwas anderes denken als Sex?! Er atmete tief ein: „Nagut. Gute Nacht." Als Ophelia die Tür wieder verschlossen hatte ging sie zu meinem Kleiderschrank und suchte nach Klamotten, die ihr gefielen. „Was machst du da?", fragte ich verwundert und ging langsam auf sie zu. „Ich will raus hier. Ich will die Welt mit meinen eigenen Augen sehen."
„Was?!"
„Ich war beinahe mein ganzes Leben in einem anderen Körper gefangen, den ich nicht kontrollieren konnte. Ich will die Zeit geniesen bevor..."
„Bevor was, Ophelia?"
„Bevor ich sterbe."

Noch immer lag ich wach in meinem Bett. Ophelia hatte mich überredet sie bis Mitternacht die Ortschaft erkunden zu lassen. Ich schloss meine Augen, in der Hoffnung endlich einschlafen zu können.
„Ruth!", weckte mich plötzlich eine Stimme. Erschrocken öffnete ich meine Augen und blickte in Lokis Gesicht. „Was machst du hier?" Er setzte sich zu mir und lehnte sich nach vorne: „Hör zu. Du musst dich verstecken. Sofort." Noch bevor Loki zu Ende sprechen konnte unterbrach ihn ein Klopfen an der Tür. Er blickte kurz zu ihr, beendete aber das, was er mir sagen wollte: „Es gibt noch eine Sache, die ich dir erzählen muss, aber dafür haben wir keine Zeit und jetzt versteck dich. Na los!" Panisch sprang ich auf und suchte ein Versteck. Unter dem Bett? Nein. Da konnte mich jeder sehen. Hinter dem Regal? Zu auffällig. Im Badezimmer? Es war vermutlich keine gute Idee, aber mir blieb nichts anderes übrig. Schnell lief ich hin und verschloss die Tür. „Ruth?", hörte ich Steves Stimme und versuchte meinen Atem zu verlangsamen. „Sie ist nicht hier, Buck." „Ich habe aber gerade Stimmen aus ihrem Zimmer gehört." „Vielleicht wollte sie sich die Füße vertreten", warf Sam hinzu. Ich versuchte möglichst leise zu sein, aber der Versuch scheiterte, als ich aus versehen all meine Shampooflaschen auf den Boden fallen ließ. „Scheiße!" „Da ist jemand im Badezimmer", hörte ich Bucky ernst sagen, gefolgt von Schritten, die immer lauter wurden. Er machte sich nicht einmal die Mühe zu klopfen, sondern trat direkt die Tür ein. Mit meinen Händen versuchte ich mich vor den Holzstücken zu schützen und als ich meine Arme langsam sank, verspürte ich Angst. „Wer sind Sie und warum sind Sie in diesem Zimmer?", fragt mich Bucky streng und kam auf mich zu. „Ich kann das erklären!" Doch die Erklärung wollte er nicht hören. Bucky packte mich am Hals und hob mich hoch. Je mehr ich mich wehrte, desto fester drückte er zu. Er erkannte mich nicht und ich erkannte ihn nicht. Ich rangte nach Luft, doch ich bekam nicht viel davon. So viel, dass ich nicht sofort erstickte, aber so wenig, dass ich in Ohnmacht fiel.

Dark Ophelia (Bucky Barnes Fan-Faction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt