Der Lieblingsteil meines Lebens

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Der Lieblingsteil meines Lebens ist der, an dem Er in mein Leben getreten ist. Er hat mich nicht gekannt, trotzdem macht es mich so glücklich, dass er es auf sich genommen hat. Wie er mich, einen Tornado, bezwungen hat, denn ich bin nunmal schwierig. Es gibt Tage, an denen bin ich ein Wirbelsturm, reiße alle ins Verderben, die nur ansatzweise etwas mit mir zutun haben. Und dann gibt es aber Tage, da bin ich ein Regenbogen. Genauso still, genauso vergänglich. Genauso selten.
Ich sitze hier am Fenster, wie damals auch. Draußen ist es kalt, dunkel und unbekannt. Ich denke nach, wie sonst immer. Und dann denke ich darüber nach, was mich denn so lebendig gemacht hat, was es war, das mein Herz höher schlagen gelassen hat. Dass mein Herz für das erste Mal seit langem schlägt und nicht schläft. Es ist so ein ruhiges, kleines Ding, im Vergleich zum restlichen Körper. Und trotzdem, ist es einmal still, dann ist der Körper einfach nur eine Statue, die einst für so vieles gebrannt hat. Ich wünschte nur, dieses kleine aber doch so wichtige Ding könnte manchmal etwas lauter klopfen, sodass die ganze Menschheit es hören kann. Vielleicht würde dann die Arbeit der Engel erledigt und die Welt würde endlich für all das brennen, wofür es sich zu brennen lohnt.
Den wichtigsten Teil meines Lebens habe ich so gut es ging versucht zu verdrängen. Ardit meine ich. Besim hat ihn nicht erwähnt, ich auch nicht. Heute denke ich seit langem wieder an ihn.
Ich war für 5 Wochen im Koma. Ich habe Stimmen gehört und Träume erlebt. Ich habe Besim gesehen und Ardit geküsst. Plötzlich wird die Tür meines Zimmers geöffnet und ich erschrecke leicht. Meine Gedanken sind wie weggeblasen.
"Frau Asani, tut mir leid für die Störung, aber sie bekommen auf die Nacht eine Infusion."
Ich nicke der Krankenschwester schwer zu, lege mich in mein Bett und mein Kopf schmerzt. Als ich die kalte Flüssigkeit meine Adern hinauf Rinnen spüre, wird mir ganz wohl. Ich lege meinen Kopf auf die Seite, die Krankenschwester verabschiedet sich. Und ich schlafe ein. Mein letzter Gedanke ist Besim.

"Good Morning Sunshine in the Morning !"
Ich wache auf, sehe Besim in mein Zimmer kommen, wie er die Gardinen aufreißt und die fahle, aber doch vorhandene Sonne mein Zimmer erhellt. Ich Strecke mich und Besim kommt auf mich zu. Er sieht mich wieder so liebevoll an, wie damals im Hotel. Er küsst meine Stirn und lächelt mich an.
"Guten Morgen."
Ich kann nicht anders, als krächzen.
"Siehst du mein Engel, du hörst dich schon viel besser an. Klingst auch gesünder."
Ich lächle. Gesund kann das nicht sein, und es erinnert mich alles an damals. Wie ich Ardit versucht habe zu motivieren und wie er mich mit dem selben Blick angeschaut hat, mit dem ich Besim anschaue. Ungläubig und Misstrauisch.
"Heute Nachmittag kommst du hinunter in ein anderes Zimmer hat mir die Krankenschwester gesagt.."
Ich staune, Blicke fragend und Besim antwortet.
".. dir geht es schon viel besser. Und unten sind die Stationen besser. Außerdem wird die nächsten Tage ein Ermittler vorbei kommen und deine Aussage aufnehmen. Du musst diese Aussage nicht machen, aber.."
Ich unterbreche ihn.
"Ich will.."
Er lächelt mich an und sagt voller Stolz:
"Ich liebe dich."
Und ich lächel ihn an und sage voller Liebe:
"Ich dich auch."
Und dann küsst er mich und mein ganzer Körper sticht. Es ist aber ein angenehmes stechen, ein tolles Gefühl, obwohl es wehtut. Warum tut es so sehr weh? Warum tut die Liebe weh? Es ist doch etwas schönes, etwas, das man gerne teilt, mit dem Menschen, mit dem man sich wünscht sogar in der nächsten Welt vereint zu sein. Dieses Gefühl der unbeschreiblichen Zuneigung ist so intensiv und mit jeder Berührung, die er macht, wird es intensiviert. Und ich habe Angst, dass mein kleines Organ aussetzt. Dass es aufhört zu schlagen, dass es aufhört wehzutun.

Die Kunst ein Mensch zu sein besteht darin, in deinen eigenen Gedanken gefangen zu sein. Einerseits ist man frei von den Zwängen der Welt, andererseits ist man Sklave der eigenen Gedanken. Niemals ganz still, niemals sehr laut. Das Zwischending, das sich langsam ausbreitet. Und als Mensch kannst du nicht entscheiden, ob du bleiben willst, oder fliehen willst, nein. Denn in beiden Fällen würdest du sowohl aufgeben, als auch kämpfen. Und du entscheidest für dich.
Fängst die 22.

Wie ein Schatten bewegst du dich zwischen den Tragödien dieser Welt. Und du versprichst dir selbst, dass du nicht mehr hasst. Du versprichst dir selbst, dass wenn du Vieles mehr ignorierst, wenn du dich auf vieles weniger konzentrierst, dass dann alles, was du dir jemals erträumt hast Wirklichkeit wird. Aber ich weiß, es würde sich nur als eine Tragödie herausstellen, als ein Drama. Weil man einem Schatten nicht vertrauen kann, schon garnicht dem eigenen.

Und Besim küsst mich, meine Lippen sind Taub, sie pochen unaufhaltsam und ich sehe, er hat die Augen geschlossen. Warum habe ich sie offen? Warum? In der Dunkelheit geht vieles Verloren, viele Aspekte, vieles, dass einen Verunsichert. In der Dunkelheit fühlt man sich wohl. Vielleicht deshalb hat er seine Augen zu. Warum habe ich sie dann offen?

Ich lehne an seiner Stirn und keuche außer Atem. Er lächelt und ich lächel zurück. Nicht weil ich will, nein. Ich möchte nur seines auffangen und mit meinem verewigen. Denn eigentlich ist mir zum Weinen zumute.
"Wann?"
Er sieht mich nicht an, stattdessen hat er seine Augen geschlossen und atmet tief ein und aus.
"Wie wann?"
"Wann muss ich diese Aussage machen?"
Er streicht über meine Wange.
"Müssen tust du erstmal nichts. Die Ärzte werden entscheiden wann du bereit bist, aber ich denke, sobald du unten in der Station bist. "
Ich schließe ebenfalls meine Augen, meine Sinne verstärken sich. Ich höre ihn atmen und spüre ihn Leben. Ich rieche seinen Duft und schmecke seine Nähe.
"Wenigstens muss ich sie nicht sehen."
Er nickt leicht. Ich spüre jede Bewegung die er macht. Wie er über meine Hüfte streicht, wie er über meinen Oberschenkel streicht. Wie er meine Hüfte entlang fährt und bei meinen Brüsten Halt macht. Er weiß, dass ich das nicht will. Wie er mich küsst und ich ihn zurück Küsse. Wie ich ihn liebe.
"Ich liebe dich."
"Echt?"
Ich grinse.
"Ja."
Er küsst mich sanft.
"Wieviel denn genau?"
Ich lächel erneut.
"Sehr."
"Warum das? Ich bin doch derjenige, der dich erst hierher gebracht hat.."
Er sieht Weg.
"Nein. Das war meine Psycho Familie. Bitte. Denk nicht sowas, okay?"
"Aber.."
Ich bringe ihn mit einem Kuss zum schweigen.
"Ich liebe dich, hörst du? Nur das zählt. Dass ich dich liebe, dass du mich liebst, dass Luana gesund ist und wir unseren Frieden haben. Nur das zählt mein Schatz!"
Er lächelt.
"Ich liebe dich."
Und dann küsst er mich so leidenschaftlich, dass ich mich vergesse. Ich ziehe, trotz Verkabelung sein Shirt aus, er rennt außer Atem zur Tür und sperrt diese zu. Die Intensivstation hat doch so seine Vorteile. Er kommt zu mir, wir sind alleine in einem einBettZimmer. Er zieht vorsichtig mein Shirt aus, und dann merke ich, wie die Sehnsucht steigt, wie ich ihn immer mehr vermisst habe, wie er mich küsst, überall und ich leise aufstöhne. Wie er mich streichelt und ich es genieße. Ich genieße jede Berührung, denn ich habe es vermisst. Ich habe es vermisst zu lieben. Ihn zu lieben. Ihm zu gehören. Und dann öffnet sich seine Hose und das Tor zum Himmel. Meine Luft bleibt mir weg, dennoch mache ich weiter. Trotz stechen in der Brust, trotz Schmerzen. Weil ich es vermisst habe. Halleluja.

Mein LichtblickWo Geschichten leben. Entdecke jetzt