+ Kapitel 3.5: Alles ist vergänglich +

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„Und die Tage sind gezählt, alles ist vergänglich, jeder weiß, dass das so ist." (Sebastian Hackel - Warum sie lacht)


„Was ist los mit dir, Florian? Du bist heute mit deinen Gedanken noch viel mehr in den Wolken als sonst. Hat Thea dir den Kopf jetzt vollkommen verdreht?", scherzte Frodo, als wir mit Mühe und Not das Video fertig bekommen hatten. Die Person, die das nachher schneiden durfte - ich hatte vergessen, wer das dieses Mal übernehmen würde -, würde sich auf jeden Fall freuen. So viele Outtakes, wie wir - oder besser gesagt ich - produziert hatten...
Ich seufzte aber nur und versuchte nicht an die vorangegangenen Stunden zu denken. Mein Kopf war während der Aufnahmen fast explodiert, Thea und Ina hatten sich einen unglaublichen Kampf geliefert, meine Aufmerksamkeit zu ergattern, während ich auch noch meinen Text runter sagen musste. Keine der beiden hatte gewinnen können. Und die Aufnahmen waren schrecklich gewesen.
„Flo? Ist alles in Ordnung?", hakte Frodo so nur nochmal nach und ich sah zu ihm herüber.
„Ina hat mir geschrieben", war das Einzige, was ich über die Lippen bekam, und ich stützte meinen Kopf auf meine Hände. Die Verdrängungsmethode von Thea hatte gestern grandios funktioniert, ich hatte mich unendlich gut gefühlt und Ina komplett aus meinem Kopf verdrängen können. Doch nun war sie wieder da. Und es war alles nur noch viel schlimmer als vorher. Nichts mit Besser werden...
„BITTE WAS?!", kreischte Frodo auf und wenn ich nicht so mit mir selbst und meinen Problemen beschäftigt gewesen wäre, hätte ich ihn ja damit aufgezogen. So zog ich nur mein Handy aus der Tasche, rief die Nachricht auf und gab sie ihm. Ungeduldig wartete ich ab, was er dazu zu sagen hatte.
„Und?", hakte ich nervös nach, als Max das Handy sinken ließ und mich ansah.
„Sie will wohl das Kriegsbeil begraben?", formulierte er kryptisch und ich sah ihn noch durchdringender an. „Und sie scheint nicht mehr ganz so sauer zu sein?", mutmaßte er weiter und ich verdrehte die Augen.
„Meinst du?"
„Wieso nicht?", entgegnete Frodo nur. „Ich mein, sie war ein großer Teil deines Lebens. Sie hat dich geliebt, warum sollte sie sich sonst melden?"
„Was meinst du wirklich dazu?", wollte ich genervt wissen und nahm mir mein Handy wieder aus den Händen, schaute mir die Nachricht noch einmal an. Warum druckste er so herum?
„Ina ist keine Person, alte Wunden wieder aufzureißen. Das weißt du und das weiß ich. Sie meldet sich aus einem ganz bestimmten Grund und den wirst du nur erfahren, wenn du dich mit ihr triffst. Aber ganz ehrlich, Florian...", gab Frodo dann seine wirklich Meinung preis, zögerte am Ende aber.
„Was ganz ehrlich?", wollte ich wissen und knetete nervös meine Finger.
„Ich kenn dich lange genug. Und ich kenn auch Ina lange genug. Und ich weiß genau, was sie für einen Einfluss auf dich hat. ... Du musst dich entscheiden, Florian. Du kannst nicht beides haben. Das hat Thea nicht verdient. Wenn du Ina wieder in dein Leben lässt, wird Thea den Kürzeren ziehen. Auch wenn du am Ende einen kompletten Schlussstrich unter die Sache mit Ina und dir ziehen wirst, wird dein Kopf dennoch komplett durchdrehen. Und von dem, was du mir von Thea erzählt hast... Es würde ihr nicht gut gehen", knallte mir Max dann seine Worte mit voller Ehrlichkeit ins Gesicht und ich zuckte zusammen. Er kannte mich wirklich gut, vielleicht zu gut. Und ich konnte einfach nur da sitzen und mir seine Worte durch den Kopf gehen lassen. Hatte er recht?


+


Ich machte mich selten hübsch. Nicht, weil ich es nicht mochte, gut auszusehen, aber es entsprach mir einfach nicht. Ich war nicht diese herausgeputzte Schönheit, ich trug keine Tonnen an Make Up, keine teuerste Designerkleidung.
Doch seit Flo da war, war alles irgendwie anders. Und so stand ich nun vor dem Spiegel und hatte meine komplette Kleidung auf meinem Bett verteilt. Nur um dasjenige Kleid auszuwählen, in dem ich - meiner Meinung nach - am besten aussah...
Das war doch alles zum Verzweifeln. Vielleicht sollte ich einfach gar nichts anziehen, ich meine...
Ein fieses Grinsen schlich sich auf meine Lippen. Wahrscheinlich würde es Florian mehr als nur gefallen, wenn ich hier ohne Klamotten rum lief, aber gut...
„Das da vorne kann man glaube ich anziehen", murmelte ich und betrachtete es. Ja, darin konnte ich mich glaube ich sehen lassen.
Mit noch besserer Laune als ich sie eh schon hatte schlüpfte ich in mein Blumenkleid und betrachtete mich im Spiegel. Ich sah gut aus. Meine Augen leuchteten, ich war aufrecht, meine Lippen zierte ein zuversichtliches Lächeln, meine Hände waren nicht zittrig und überhaupt fühlte ich mich ziemlich wohl. Und das sah man mir auch an. Mir ging es seit langen wirklich rundum gut und ich war froh, dass man mir das auch endlich wieder ansehen konnte.
Mit einer routinierten Bewegung strich ich mir meine Haare aus dem Gesicht und strubbelte meine Strähnen in eine passende Richtung. Sollte ich meine Haare wieder länger wachsen lassen? Ich hatte sie damals nur als Trotz abgeschnitten. Philipp hatte meine langen Haare immer geliebt und ich wusste nicht, warum ich sie genau deshalb abgeschnitten hatte, aber es war eine kleine Befreiung gewesen. Aus den immer gleichen Macken ausbrechen. Aber mittlerweile fühlte es sich nicht mehr so an, als würde ich in Ketten liegen. Natürlich, Philipp war immer bei mir, aber es fühlte sich nicht mehr so an, als würde er mein komplettes Leben bestimmen.
„Na dann, auf in den Kampf", lächelte ich mich selbst im Spiegel an und wandte mich dann ab, um mich wieder an die Arbeit zu machen. Florian würde sich bestimmt freuen, wenn ich ein paar Bilder fertig hatte. Und ich mochte es, wenn er sich freute, lächelte oder einfach nur gut drauf war.

Das Blumenmädchen (LeFloid)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt