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Gestern war tatsächlich nichts mehr passiert. Dylan hatte die Vermutung, dass sie einen Überaschungsangiff geplant hatten, aber da ich einen von ihnen gesehen hatte, war der ins Wasser gefallen. Nachdem sich alle ausgeschlafen hatten, sahen sie deutlich besser aus.

Wir, der Abschlussjahrgang, hatten vor Zeremonienbeginn alle unsere schwarz-blaue Robe mit Kappe bekommen und saßen jetzt, samt unseren Familien, in unserer Sporthalle. Ich konnte es immer noch nicht glauben, dass ich in wenigen Minuten mein Abschlussdiploma in den Händen halten würde. Ganze acht Jahre hatte ich hier an dieser Schule geschuftet, um diesen Moment erleben zu können. Ich saß zwischen Hannah und Dylan, die beide gespannt das Szenario auf der Bühne verfolgten. Meine Eltern saßen irgendwo weiter hinten bei den anderen Eltern, genau wo wusste ich noch nicht. Jeder hing an den Lippen von unserem Rektor, der in alphabetischer Reihenfolge unsere Namen aufsagte. Derjenige oder diejenige ging dann auf die Bühne, um das Diploma an sich zu nehmen, jeder würde aplaudieren und man stellte sich zu den restlichen Schülern mit Diploma. Es waren schon sehr viele vorne, die ich aus meinen Kursen kannte und von unserem Rudel würde ich als erste nach vorne gehen. Kaum hatte ich den Gedanken zuende gedacht, sprach der Rektor meinen Namen aus. "Martin, Julia!" Ich spürte wie Dylan mir ein letztes Mal die Hand drückte, bevor ich aufstand und mir meinen Weg durch die Reihen bahnte. Von allen Seiten kamen Glückwünsche und Jubelrufe, von Leuten, die ich nicht einmal kannte. Ich versuchte mich darauf zu konzentrieren nicht hinzufallen, denn das wäre das Letzte was ich bei meiner Aufregung gebraucht hätte. Ein Fuß vor den anderen setztend ging ich die kleine Treppe zur Bühne hoch. Der Rektor lächelte mir zu und übergab mir mein Diploma. "Herzlichen Glückwunsch Julia.", meinte er leise zu mir und drehte mich zur Menge. Ja der Rektor mochte mich, wahrscheinlich weil ich während meiner High School Jahre öfters bei ihm im Büro saß und wir uns näher kannten ... Aber darüber wollte ich mir keine Gedanen machen. Mom und Dad standen tatsächlich gar nicht so weit hinten, denn ich sah wie sie mir zu wanken. Ich stellte mich zu den anderen Schülern und wartete darauf, dass Dylan aufgerufen wurde. Nach etwa drei Minuten war dies auch der Fall und er stellte sich mit einem schiefen Grinsen neben mich. "Wir haben es geschafft Dylan!", schrie ich im Flüsterton zu ihm hoch, was ihn nur noch mehr zum Lächeln brachte.

Nachdem der Rektor schließlich alle Schüler aufgerufen hatte, gingen alle nach draußen. Keine Ahnung wer das Komando gab, aber alle schmissen auf einmal ihre Kappen hoch. Lachend fielen Hannah und ich uns in die Arme und sogar die Jungs umarmten sich. Ich ließ mein Blick über die Menge gleiten, in der Hoffnung meine Eltern zu finden. Kaum hatte ich sie gesehen, entschuldigte ich mich bei Hannah und lief auf sie zu. Ich sprang meiner Mutter in die Arme und mein Dad umarmte uns beide. "Herzlichen Glückwunsch Liebling, du hast es tatsächlich geschafft.", freute sich meine Mutter und ich sah Tränen in ihren Augen glitzern. Mein Vater reichte ihr augenverdrehen ein Taschentuch und ich vermutete, dass er das nicht zum ersten Mal heute machte. "Wir sind so stolz auf dich Maus ...", meinte mein Vater nun auch und gab mir einen Kuss auf meinen Scheitel. "Und, hast du schon auf deine Noten geguckt?", fragte mich meine Mutter. Tatsächlich hatte ich das in dem ganzen Chaos ganz vergessen. Vorsichtig machte ich die blaue Schleife auf und rollte das Blatt auf. "Mathe ein B, Geschichte C+, Chemie A-, Französich B- und Biologie ein A! Das ist doch gar nicht so schlecht!", freute ich mich und gab meinen Eltern das Zeugnis. Während sie es sich ansahen, merkte ich wie jemand von hinten einen Arme um mich legte. "Wir fahren jetzt zum Rudelhaus. Kommst du nach?" Ich nickte zu Dylan hoch. Er wollte sich gleich verdrücken, aber ich machte ihm ein Strich durch die Rechnung. Ich nahm sein Gesicht und küsste ihn, was er erwiederte. Mit einem Grinsen sah ich zu ihm hoch. "Herzlichen Glückwunsch zu deinem Abschluss Dylan.", meinte ich leise. "Dir auch Julia.", sagte er, gab mir erneut einen Kuss und verschwand mit dem Rest des Rudels. Kaum war Dylan verschwunden, stand auch schon Jasper vor mir. "Na du Abschlussschülerin?", lachte er und grinste mich breit an. Ich zwang mich auch zu einem Lächeln, um nicht unhöflich rüberzukommen. "Also ... ich wollte mich nochmal bei dir bedanken wegen der Nachhilfe. Dank dir hab ich ein B- in Bio!" Ich drehte mich zu Mom und Dad um, als sie nach mir riefen. "Das ist super Jasper, schön dass ich dir helfen konnte. Aber ... ich muss jetzt los, meine Eltern wollen fahren. Ich denke mal, ich wünsch dir viel Glück für deine Zukunft!" Jasper nickte nur und lächelte mich leicht an. "Ja dir auch. Naja ... bis nachher Julia." Und mit diesen Worten verschwand er in der Menge.

Nachdem Mom, Dad und ich nach Hause gefahren sind, hatten wir noch ein Stück Kuchen gegessen und da es erst zwölf Uhr war hatte ich entschlossen Lydia anzurufen. Leider war sie nicht ran gegangen, aber ich würde schon noch dazu kommen mit ihr zu reden. Danach war ich sofort zum Rudelhaus gefahren, samt meines Silbermessers. Wie sich rausstelle kam ich genau zur richtigen Zeit, denn ein ziemlich wütendes Rudel kam mir entgegen. "Leute ... was ist passiert?", fragte ich unsicher. Dylan sah aus, als würde er gleich platzen vor Wut. "Eben ist einer der Jungwölfe hier aufgetaucht, ziemlich verletzt, und hat uns mitgeteil, dass auf uns gewartet wird ..." Geschockt blieb ich stehen. Dylan hatte mir erzählt, dass die Jungwölfe im Alter von dreizehn bis fünfzehn Jahren waren, also hatte das andere Rudel quasi ein Kind verletzt. Nein, nicht quasi, sie hatten ein Kind verletzt. Jetzt war ich auch sauer undzwar richtig. "Wo sind sie?", fragte ich in die Runde und hatte noch Schwierigkeiten mit ihnen Schritt zu halten. "Irgendwo an der Nordgrenze ... die stinken bis hier.", meinte Andrew und rümpfte angewiedert seine Nase. Auf einmal wurde mein Silbermesser, das in meinem Schuh steckte, verdammt schwer. Aber das hinderte mich nicht daran weiter zu gehen, im Gegenteil. "Warum ... warum gehen wir als Menschen hin?", fragte ich Dylan leise, obwohl das nichts brachte - die anderen hörten uns sowieso. "Weil sie auch als Menschen da sind. Es wäre ... unhöflich." Am Ende des Satzes zuckten seine Mundwinkel nach oben. "Ehm ... Dylan ...?" Hannah sah beunruhigt zwischen die Bäume. "Ich weiß. Ich hab sie eben schon gerochen." - "Was genau riechen wir denn?", fragte ich unsicher nach und schaute ebenfalls zwischen die Bäume. "Egal wer da ist, er hat mindestens zwei Vampire dabei, die aber nicht von hier sind." Als er das Wort 'Vampire' sagte lief es mir eiskalt den Rücken runter. Schlimm genug, dass wir wahrscheinlich mit Werwölfen kämpfen müssten. Auf einmal wurden die Bäume lichter und wir traten auf eine kleine Lichtung. Von allen drang ein Knurren aus der Kehle, aber ich konnte noch niemanden sehen. Dylan schob mich leicht hinter sich, als ich ihn sah. Er stand lässig angelehnt an einem Baum und grinste uns verschmitzt entgegen. "Hat dir deine Mama nicht beigebracht, dass man Gäste nicht warten lässt Dylan?", fragte er nun und bewegte sich langsam im Schatten. Ich spürte wie Dlyan sich verkrampfte. "Wer bist du und warum wagst du es mein Revier zu beanspruchen?!", fauchte er den Fremden an. Sachte legte ich meine Hand auf seinen Rücken, um ihn zu beruhigen. Ohne es zu merken hatten die anderen eine Art Kreis um mich gebildet. "Och du erinnerst dich nicht an mich? Das ist verletzend ... wir hatten doch beide unser erstes Mal miteinander gekämpft." Er machte sich definitiv über Dylan lustig. Aber man sah ihm an, dass er überlegte und versuchte was mit den Informationen anzufangen, die er gerade von dem Fremden erhalten hatte. Dieser trat jetzt aus dem Schatten. Kurz musste ich überlegen, aber dann fiel es mir ein. Der Typ vom Fluss, den ich mit Wesley gesehen hatte. Deswegen kam er mir auch so bekannt vor, als ich am Montag in der Schule in ihn reingelaufen war. "Evan ...?", fragte Dylan leise und betrachtete ungläubig den jungen Mann, der vor uns stand. Der malte mit seinem Finger jetzt Runden in der Luft. "Ding ding ding .... hundert Punkte für unseren Alpha ... solange du dich noch so nennen darfst, denn wenn ich erstmal mit meinen Pfoten in deinem Blut stehe ... war es das für dich und deinen Titel." Evans Augen blitzten auf und ich stieß ein Stoßgebet zum Himmel. In diesem Moment hatte ich eine verdammte Angst. Das was er sagte von Dylans Blut ... automatisch spielte sich eine Szene in meinem Kopf ab und mir wurde sofort schlecht. "Wo ist der Rest deines Rudels?", fragte Lucas jetzt bestimmt, weil Dylan sich noch immer ein stilles Gefecht mit diesem Evan lieferte. Besagter wandte sich grinsend von Dylan ab und pfiff einmal. Wie ein Besitzer, der seine Hunde zum Essen rief. Vier mir unbekannte Personen traten aus dem Schatten hinter ihn, aber niemand stellte sich an die Position des Betas. "Ach Julia, wie ich dich vermisst habe!" Ungläubig schaute ich zu Miriam, die sich neben den Alpha stellte. Die Aufmerksamkeit ihres Alphas lenkte sich auf mich und er betrachtete mich grinsend. Dylan knurrte ihn gefährlich an und Miriam rutschte ihr ekelhaftes Grinsen vom Gesicht. Auf einmal machte alles Sinn. "Da fehlt ..." Ich ließ meinen Satz in der Luft hängen. Kaum zehn Sekunden nachdem sich Miriam offenbart hatte, stellte sich eine Person an den Betaplatz. Die braunen Bambiaugen blitzten nur so vor Schadenfreude. "... Jasper.", verfolständigte ich meinen Satz. Ich schaute ihn einfach nur an, ohne jegliche Emotionen. "Hallo Julia."

Luna - Das Herz des RudelsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt