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Ich stieg aus Dylans Wagen und machte die Autotür leise zu, immerhin hatten sie alle ja ein wirklich sehr gutes Gehör und ich wollte kein Risiko eingehen und sie wecken. Die fünf brauchten ihren Schlaf. Als ich die erste Stufe zur Haustür hochging hörte ich ein Knurren. Ich hielt mitten in der Bewegung an. Wenn sie jetzt angreifen würde hätte ich, trotz Messer, nicht die geringste Chance. Langsam und darauf bedacht keine hastigen Bewegungen zu machen drehte ich mich um, der Angsschweiß setzte sich eiskalt auf meinen Händen ab. Ich ließ meinen Blick durch die Bäume wandern, konnte jedoch nichts erkennen. Weder einen Wolf, noch eine Person. Für einen kurzen Moment dachte ich, ich hätte Paranoia. Aber gerade als ich mich umdrehen und ins Haus flüchten wollte, strahlten mir aus dem Wald zwei leuchtend gelbe Wolfsaugen entgegen. Meine Hand zuckte zu meinen Stiefel, in dem sich das Messer befand, doch ich hielt inne. Der Wolf knurrte mich einmal schon fast wütend an und verschwand dann im Wald. Wie in Trance ließ ich mich mit dem Rücken an der Haustür herunter gleiten. Das war seltsam ... weshalb sollten sie herkommen, aber mich doch nicht angreifen? Hatten sie ... angst vor mir?

Diese Frage wurde mir im nächsten Moment beantwortet, als von drinnen schnelle Schritte zu hören waren und Dylan die Tür aufriss. "JUL-" Er stoppte mitten im Satz und schaute zu mir runter. Als er die Tür geöffnet hatte, hatte ich zu langsam reagiert und lag jetzt auf seinen Füßen. Mit hochgezogenen Augenbrauen schaute er mich an. Ich richtete mich auf und schaute auf die Stelle, wo der Wolf vorher stand. "Sie waren hier Dylan.", meinte ich leise. Kaum hatte ich das gesagt, wurde ich hochgehoben und ins Haus getragen. Ich wusste nicht wieso Dylan mich getragen hatte, aber anscheinend machte es ihm spaß. Er setzte mich auf der Couch ab und kniete sich vor mich, sodass wir etwa auf Augenhöhe waren. "Julia ... was hast du gesehen?", fragte er mich. "Naja ... als ich wiedergekommen bin hatte ich ein Knurren gehört. Zuerst hab ich nichts gesehen, aber dann haben mich gelbe Augen angeschaut. Als ich ... also er hat mich angeknurrt und ist dann weggelaufen." Natürlich ließ ich den Teil wo ich zuhause war und das SIlbermesser geholt hab aus. Dylan zog eine Augenbraue hoch und schaute mich abwartend ab. "Willst du mir nicht erzählen warum  er dich angeknurrt hat?" Ich zog meine Augenbrauen zusammen und schaute auf meine Oberschenkel. "Weiß nicht ... vielleicht hab ich ihn irgendwie bedroht? Oder ich hab mich zu schnell bewegt?" Etwas nervös knetete ich meine Hände. Dylan seufzte und nahm sie in seine. Er wartete so lange mit dem Sprechen, bis ich ihn schließlich ansah. "Warum versteckst du ein Silbermesser in deinem Schuh Julia?" Erstaunt schaute ich ihn an. Woher wusste er das? "Weißt du ... ich rieche das Silber.", meinte er und holte das Messer aus meinem Schuh. "Und du würdest niemals eine Schusswaffe anrühren, mal ganz davon abgesehen, dass diese nicht in deinen Stiefel gepasst hätte ..." Dylan holte das Messer aus der Hülle und betrachtete es. Als er im Begriff war an der Klinge lang zu fahren, nahm ich es ihm weg. Mit hochgezogenen Augenbrauen schaute er mich an. "Du schneidest dich noch ...", schmollte ich und sah wie sich ein Grinsen auf seine Lippen legte. "Warum trägst du das bei dir Julia?", fragte er mich erneut. Ich steiß ein Seufzen aus und lehnte mich auf der Couch zurück. Dylan setzte sich ebenfalls zu mir und zog mich auf seinen Schoß. "Ich wollte was haben womit ich mich verteidigen kann. Wenn es wirklich zu einem, so wie ihr es nennt, Kampf kommen sollte und alle auf mich aufpassen, dann seid ihr nur verwundbarer. Ich könnte es nicht mit ansehen, wenn einer von euch verletzt wird, nur weil ich schwach bin und mich nicht verteidigen kann!", meinte ich aufebracht. Dylan strich mir beruhigend über den Rücken und drückte mir einen Kuss auf den Scheitel. "Du bist nicht schwach Julia. Nur weil Wölfe körperlich stärker sind als du, heißt nicht, dass du schwach bist. Und wir sind nicht die Einzigen, die dich beschützen. Deine Luna übernimmt den größten Part. Die Situation mit den Wölfen an der Grenze zum Beispiel. Da kam die Luna in dir durch und sie sind gegangen." - "Ja, aber offensichtlich kommen sie wieder." - "Trag das Messer bei dir, wenn du dich dann besser fühlst. Aber ich kann dir versprechen, dass du es nicht brauchen wirst. Denn wenn es hart auf hart kommt, wirst du das schon regeln - immerhin bist du meine Luna, oder?" Lächelnd betrachtete ich den Ring an meinem Finger. Dylan hatte recht, ich war seine Luna. "Dylan?" Fragend sah ich zu ihm hoch. "Woher wusstest du eigentlich, dass ich vor der Tür war?" Er rollte mit den Augen und stand auf, mich immernoch auf den Armen. Auf der Treppe kam uns Lucas entgegen  und sagte, er würde aufpassen dass niemand nochmal herkommt. "Du lagst nicht mehr neben mir. Und dann hörte ich das Knurren von draußen und hab deine Angst gesprüt. Naja, die Situation war relativ klar für mich." Er stieß die Tür zu seinem Schlafzimmer auf und legte mich ins Bett. "Und was hast ... du ..." Dylan hatte die Tür geschlossen und sich nebenbei das Oberteil ausgezogen. Natürlich hatte ich gestarrt, wie konnte man das auch verhindern. Dylans Räuspern riss mich aus meiner Trance und augenblicklich schoss mir die Röte ins Gesicht. Ich vergrub es im Kissen und hörte seine Lache hinter mir. "Unglaublich ... du bist jetzt schon eine ganze Weile meine Mate, und wirst immernoch rot, wenn ich oberkörperfrei vor dir stehe." Die Matratze senkte sich am anderen Ende und just zog er mich in seine Arme. "Sehr witzig ... du würdest auch rot werden, wenn ich oberkörperfrei vor dir stehen würde.", murmelte ich vor mich hin ehe ich registrierte, was ich da gerade überhaupt gesagt hatte. Dylan lachte erneut und ich hatte das Gefühl mein Kopf explodiert gleich. "In so eine Situation bin ich leider noch nicht verwickelt worden, aber von mir aus könnten wir das mal ausprobieren." Beleidigt schlug ich ihm auf die Brust, was ihn aber nur noch mehr zum lachen brachte. Frustriert pustete ich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Irgendwann werde ich mich dafür rechen. Nur noch nicht heute. "Warte einfach.", meinte ich mit einem kleinen Grinsen auf den Lippen und drehte mich zu Seite. Dylans Lachen verebbte langsam und er kam zur Ruhe. Wahrscheinlich hatte er meine Anspielung nicht verstanden, was umso besser war.

Luna - Das Herz des RudelsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt