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Bild: Julia's Frisur

Schnell lief ich die Treppe runter, als ich die Klingel hörte. Sobald ich die Tür geöffnet hatte, wurde ich auch schon von zwei Armen umschlungen. "Ich bin ja so aufgeregt Julia, das glaubst du nicht!", kicherte mir Hannah ins Ohr. Ich hätte nicht gedacht, dass sie, nachdem wie es ihr gestern ging, diesen Abend mit auf den Abschlussball kommen würde. Aber Hannah wäre nicht Hannah, wenn sie das nicht getan hätte. Außerdem ging es ihr, dank ihrem schnellen Heilungsprozesses, mittlerweile wieder einigermaßen gut. Erst als sie mich die Treppe hochzerte bemerkte ich die riesige Tasche, die über ihrer Schulter hing. "Sag mal Hannah? Was hast du da in der Tasche?", fragte ich sie unsicher. Als wir in meinem Zimmer waren schmiss sie die besagte Tasche auf den Boden und lenkte mich auf meinen Stuhl. "Ach nur so Zeugs ... Geduscht und Harre gewaschen hast du, ja?", fragte sie mich und ich nickte brav. "Rasiert?" Ich rollte mit den Augen, nickte aber. Wir hatten beschlossen zuhause zu duschen, weil es einfach praktischer war. Sie ging zur Tasche und kippte sie auf mein Bett. "Merke dir eins Julia: Haare, Make Up, Kleid. Wenn du es jemals in einer anderen Reihenfolge hinbekommst, dann sag mir bescheid." Mit diesen Worten kam sie, mit einem Glätteisen bewaffnet, auf mich zu. Schützend hob ich die Hände vor mein Haare. "Falls du vorhattest damit an meine Haare zu gehen: Vergiss es! Ich flechte mir was.", stellte ich klar und sah wie Hannah anfing zu schmollen, sich dann aber doch geschlagen gab.

Nachdem wir also unsere Haare und Schminke gemacht hatten, brauchten wir nur noch unsere Kleider anziehen. Hannah hatte sich die Haare zuerst geglättet und dann mit glizernden Klammern hochgesteck, ihre Lippen mit einem babyrosa geschminkt und ihre Augen ebenfalls mit einem rosa Lidschatten betont. Ich hatte meine Lippen nur mit Lippenpflege eingecremet und meine Augen etwas mit Mascara und Kajal geschminkt. "So.", sagte Hannah und klatschte sich in die Hände. "In zehn Minuten kommen unsere Jungs uns abholen. Ich bin mir sicher, dass sie kein Problem damit hätten uns in Unterwäsche mitzunehemen, aber dann würden wir sicherlich nicht beim Ball ankommen. Also rein ins Kleidchen!" Grinsend verdrehte ich die Augen und holte mein Kleid aus der Kleiderhülle. Nachdem ich den Reißverschluss zu gemacht hatte, strich ich lächelnd über den champagnerfarbenen Stoff. Ich liebte dieses Kleid einfach. (Kapitel -16-)  Schnell schnappte ich mir mein Handy und machte ein Foto von mir, um es Mom zu schicken. Sie und Dad waren wieder nicht da, deswegen konnten sie mich jetzt nicht sehen. Ziemlich schade, aber immerhin hatten sie einen Job. "Soll ich dir was sagen Julia? Wir sehen richtig hammer aus!", meinte Hannah lachend und umarmte mich.

Pünktlich um zehn vor sieben klingelte es unten an der Tür. Hannah und ich gingen die Treppe runter, bis mir einfiel, dass ich etwas vergessen hatte. "Hannah lass die Jungs schonmal rein, ich muss noch was holen!", sagte ich zu ihr und eilte die Treppe wieder hoch in mein Zimmer. Ich öffnete die kleine Samtschatulle, nahm meinen Mondring raus und steckte ihn mir an. Er passte perfekt zu meinem Kleid. Mit einem Lächeln auf den Lippen ging ich also wieder die Treppe runter, wo mich Dylan empfing. Mit schwarzem Smoking und Krawatte. "Der Anzug steht dir Dylan.", meinte ich zu ihm, während er mich schweigend ansah. "Wie geht es deinem Rücken?", fragte ich ihn nun etwas leiser. Seine Wunden waren zwar über Nacht geheilt und er meinte ständig es ginge ihm gut, aber ich wollte ihm das nicht glauben. Und obwohl das unüblich für Wölfe war, würde er Narben davon tragen. Mein Rücken war immernoch blau, aber das Kleid verdeckte es zum Glück. "Du ... siehst aus wie ein Engel." Seine Stimmer war nicht mehr als ein Hauchen und sie jagte mir eine Gänsehaut ein. Ich stellte mich auf Zehnspitzen, um ihm einen Kuss zu geben ud lächelte ihn an. "Danke." Ich zog ihn mit nach draußen, wo Hannah und Jeremy knutschend vor dem Auto warteten. "Ach kommt schon Leute. Macht das auf der Party, wenn wir nicht dabei zugucken müssen.", meinte ich und stieg grinsend ins Auto ein. Hannah setzte sich auf die Rückbank zu mir und die Jungs nach vorne. Lachend deutete ich Hannah auf ihre Lippen, die ganz verschmiert waren. "Hey Jeremy?" Fragend drehte er sich um. "Ich wusste, dass Rosa dir steht." Zuerst sah er mich verwirrt an, aber dann schien es ihn wie ein Blitz zu treffen. Schnell schaute er in den Spiegel und wischte sich dann fluchend den Lippenstift von seinem Mund. Dylan sah mich schmunzelnd durch den Rückspiegel an, fuhr dann aber los in Richtung Abschlussball.

Der Parkplatz war rappelvoll und wir hatten Probleme überhaupt eine Lücke zu finden. Schließlich gaben wir die Suche auf und stellten uns einfach an den Straßenrand. Ganz der Gentleman half Dylan mir aus dem Auto, weil ich Probleme mit meinem Kleid hatte. "Geht es?" - "Ja, danke.", meinte ich und lächelte zu ihm hoch. Ich hatte mich, nicht so wie Hannah, für flache Schuhe entschieden, weil ich die Schmerzen am späten Abend vermeiden wollte. Hannah hatte ich auch geraten flache Schuhe anzuziehen, aber das wollte sie partout nicht. Schließlich hatte ich ihr dann gesagt, sie solle sich nicht bei mir beschweren, wenn ihre Füße brannten. Händchenhaltend gingen wir dann zum Eingang, wo der Fotograf die Fotos schießen würde. Natürlich machte Hannah eine mega Pose, sah aber immernoch wunderschön aus. Nervös strich ich mir nochmal das Kleid glatt, bevor Dylan meine Hand nahm. "Du bist wunderschön.", sagte er und lenkte meine Aufmerksamkeit auf ihn. Er lächelte mich an und ich lächelte zurück, als der Blitz sein Gesicht erhellte. Empört schaute ich den Fotografen an, der nur grinsend mit den Schultern zuckte. Wir trugen unser Name in der Liste ein. Dann würden wir unser Foto am Ende bekommen. Aber im Moment freute ich mich einfach nur darauf mit Dylan zum Abschlussball zu gehen.


Die Musik war laut, viele Leute tanzten auf der Tanzfläche und überall waren lachende Gesichter. Dieser Abend war einfach nur wahnsinn. Dylan hatte nicht einmal meine Seite verlassen, wofür ich ihm sehr dankbar war, denn dann hätte ich ihn wahrscheinlich nicht wiedergefunden. Wir hatten viel getanzt und gelacht, Hannah hatte sich schließlich über ihre Füße beschwert, geredet oder einfach nur auf den Sitzen gesessen und die Menge beobachtet. Natürlich waren Andrew und Lucas auch da gewesen, wir hatten uns mit ihnen dort getroffen. Die beiden hatten auch Dates, zwar nicht ganz freiwillig, aber sie wollten nicht alleine auf den Ball gehen. Miriam hatten wir den ganzen Abend übrigens nicht gesehen. Und ich kam zu dem Entschluss, dass wir alle diesen Abend gebraucht hatten. In den letzten Tagen hatten wir einfach zu viel Stress gehabt, seelisch und körperlich. Und obwohl wir gestern einen Kampf hatten waren wir alle relativ stabil und lebendig. Der Ball hatte uns glaub ich auch wieder eine gewisse Freude und den Spaß eingeflößt. Wir haben alle an diesem einen Abend den Kampf vergessen und einfach losgelassen. Ich konnte nicht in ihre Köpfe gucken, aber an diesem Abend waren sie einfach nur wie ganz normale Teenager. Keine Werwölfe, die ständig Patrouillien schieben oder ihr Revier verteidigen müssen. Sie hatten keine Sorgen oder Probleme in dem Moment, sie waren frei. Und an diesem Abend hatte ich mir ein Ziel gesetzt. Ich wollte eine gute Luna sein. Ich wusste noch nicht, wie genau man sowas macht oder wie ich mein Ziel erreichen sollte, aber ich würde es schon herausfinden. Und dann würde ich sicherlich das Beste draus machen.

Luna - Das Herz des RudelsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt