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Bild: Julia's Outfit

Das Erste was ich wahrnahm, waren die Sonnenstrahlen, die mich an der Nase kitzelten. Das Zweite war, dass sie das eigentlich gar nicht hätten tun dürfen. Langsam öffnete ich meine Augen, schloss sie aber gleich wieder und versteckte mich unter meiner Bettdecke, als mich die Sonne blendete. Also hatte ich gestern Abend vergessen meine Gardinen zuzuziehen. Vorsichtig streckte ich meine Hand nach meinem Wecker aus, und drehte ihn so, dass ich die Uhrzeit lesen konnte. Allerdings konnte ich mir ein genervtes aufstöhnen nicht verkneifen, als ich sah, dass ich in zehn Minuten sowieso hätte aufstehen müssen. Und da ich wusste, dass ich wieder einschlafen würde, ergab ich mich meinem Schicksal und stand auf. Dann würde Lydia wenigstens nicht warten müssen. Ich hielt mitten in meiner Bewegung an und sprintete danach runter in die Küche, um am Telefon ihre Nummer zu wählen. Wieder gab es mehrmals diesen arg nervigen -Beep- Ton von sich, bis schließlich Lydia abnahm. "Bei Familie Foster, guten Morgen!", hörte ich sie freundlich ihre Begrüßung aussprechen. Sie war immer so freundlich und formell am Telefon, weil ihr Vater Firmenchef war und man da ja nie wusste, wer denn anrufen würde. "Lydia ich bins.", sagte ich. "Hör mal, du musst mich heute übrigends nicht abholen, ich komme schon zur Schule. Ich wollte dir eigentlich schon gestern bescheid sagen, aber ... hab ich vergessen ..." Zuerst war es still am Telefon und dann kam von Lydia ein Seufzen. "Ach Juli ... ich komme heute doch nicht zur Schule, schon vergessen? Wir haben doch heute das Verabschiedungsfest in Dad seiner Firma." Stimmt ja, da war was. "Und ich vermute mal, du wirst von deinem Freund abgeholt, hm?", fragte sie mich und ich konnte ihr Grinsen förmlich hören. "Ja du vermutest richtig. Aber Lydia, er ist nicht mein Freund.", betonte ich, wurde aber nur ausgelacht. "Noch nicht, das stimmt. Hör mal ich muss schluss machen. Wir wollen gleich los, du hast mich nur noch auf den letzten Drücker erwischt. Ach ja und heute wird es richtig heiß Juli, also zieh dir was kurzes an und setz die Sonnenbrille auf, damit ich mir nicht wieder dein Gejammer anhören muss, wie heiß es doch ist." Ich verdrehte meine Augen und verabschiedete mich von ihr. Dann ging ich duschen und stand schließlich überlegend vor meinem Kleiderschrank. Da Mom ihn gestern Abend eingeräumt hatte, musste ich erst einmal suchen. Nach etwa drei Minuten fand ich dann schließlich mein blaues Tanktop und eine einfache schwarze Hotpant. Müsste reichen. Die Lektion von den letzten heißen Tagen, die ich mit langer Hose und offenen Haaren rumgelaufen war, hatte ich gelernt, deshalb flocht ich mir noch einen französischen Zopf. Den Rest meiner Zeit frühstückte ich dann, wo ich auch noch einen Zettel von meiner Mom fand.

Guten Morgen Liebling!

Dein Vater und ich werden heute wohl erst spät nach Hause kommen. Es steht noch Lasagne im Kühlschrank, die du dir warm machen kannst. Wir wünschen dir einen schönen Tag.

Kuss Mom + Dad

P.S.: Heute soll es sehr warm werden, deswegen zieh dir bitte nicht deine längsten Klamotten an, ja?

Der Zettel war kreischend rot, deshalb konnte ich ihn garnicht übersehen. Ich war pünktlich um viertel vor acht fertig, deswegen ging ich, mit meiner Sonnenbrille auf der Nase, schon mal vor die Haustür. Und am liebsten wäre ich gleich wieder rein gegangen, denn bereits jetzt war es schon eine ekelhaft warme Luft und nicht eine Wolke war am Himmel zu sehen. Mein Plan wurde jedoch von Dylan durchkreuzt, der die selbe Sekunde mit seinem Auto um die Ecke bog. Mit einem Lächeln auf den Lippen stieg ich zu ihm ins Auto und wurde von angenehmer Kühle überrascht. "Guten Morgen.", begrüßte er mich, ebenfalls mit einem Lächeln auf den Lippen. "Morgen.", meinte ich und lehnte mich entspant in den Sitz. "Danke übrigens, dass du mich mit nimmst Dylan. Ich wäre sonst nicht beziehungsweise viel zu spät zur Schule gekommen." Ich sah aus dem Augenwinkel, wie Dylan seine Stirn kraus zog. "Ist Lydia heute nicht da?", fragte er mich, während er die Ecke aus meiner Ortschaft rausbog. Ich schüttelte bloß den Kopf. Eine Zeit konnte man nur das Pusten der Klimaanlage hören, anscheint überlegte er etwas. "Dann wirst du in der Mittagspause bei uns sitzen, dann kann ich dich den anderen vorstellen." Ich riss meine Augen auf und schaute ihn ungläubig an. "Dylan ich kann mich doch nicht einfach zu euch an den Tisch setzten! Ich bin doch gar nicht in eurem Rudel, geschweige denn überhaupt ein Werwolf ...", fing ich an und lehnte mich wieder im Sitz zurück. "Julia. Du bist meine Mate, dadurch gehörst du zum Rudel, selbst wenn du kein Werwolf bist.", erklärte er mir. Ich schnaufte. Das werden die doch nicht gut finden. Der Rest des Weges verlief schweigend, doch kurz vor der Schule sprach Dylan wieder ein Thema an, das ich bis dahin wieder vollkommen verdrängt hatte. "Und Jasper?", fragte er und man konnte förmlich hören wie er sich zusammenriss. Ich runzelte meine Stirn und überlegte. Was mit ihm war, wusste ich auch noch nicht, aber dann fiel mir wieder die Sache mit dem markieren ein. "Beiß mich.", sagte ich und das Auto machte einen kleinen Ruck. Unsicher schaute ich zu Dylan, der seine Hände um das Lenkrad gekrallt hatte. "Nein." Überrascht zog ich die Augenbrauen hoch. "Warum nicht?", fragt ich ihn. Er parkte auf dem Schulparkplatz, aber wir blieben beide noch sitzen. "Weil ich dir jetzt nicht vor der Schule eine Bisswunde zufügen werde Julia." Ich krazte mich am Oberarm und schaute aus dem Fenster, wo einige Schüler in Richtung Gebäude gingen. "Na gut. Dann halt nach der Schule." Als ich hörte wie Dylan scharf ausatmete wurde ich noch unsicherer. "Es sei denn, du willst mich nicht beißen.", meinte ich leise, aber ich hätte mir denken können, dass er es sowieso hört. Dylans Tür ging auf und wieder zu und im nächsten Moment stand er vor der geöffneten Beifahrertür. Er kniete sich zu mir runter, damit er mir besser in die Augen sehen konnte. "Julia das ist nicht so einfach für mich, versuch es zu verstehen.", fing er an. "Ich will, glaub mir. Du merkst wahrscheinlich gar nicht mal wie viele Werwölfe dir seit meinem Geburtstag hinterher schauen und ich jeden Einzelnen dafür den Kopf abreißen könnte. Aber ich weiß, dass ich dir damit wehtun werde, uns das will ich nicht." Dylan senkte seinen Kopf und schaute auf seine Hände. "Dylan. Ich habe mit meiner Mutter drüber gesprochen weißt du." Er hob seinen Kopf wieder und sah mich fragend an. "Und sie meinte, sobald man es selber will wird es nicht wehtun. Ich weiß, dass es schwer für dich ist und das mein 'Geruch' wohl auch immer stärker wird. Und wieviel Beherrschung du dafür benötigst." Ich sah ihm in die Augen und lächelte ihn aufmunternd an. "Ich will nicht, dass du dich wegen mir so sehr beherrschen musst. Die Anderen sind mir vollkommen egal, denn ich bin deine Mate und nicht deren. Deswegen will ich, dass du mich beißt. Vielleicht nicht jetzt vor der Schule, aber im Laufe des Tages, damit das Alles ein Ende hat." Er nickte leicht und murmelte ein 'Na gut', von dem er wahrscheinlich nicht wollte, dass ich es hörte. Dylan gab mir die Hand und half mir aus dem Auto. "Also ... ich veschwinde dann mal zu den Matheräumen.", sagte ich und wollte mich gleich auf den Weg machen, doch Dylan war anscheint anderer Meinung. Gerade als er was sagen wollte, ertönte jedoch die Schulklingel hinter uns. "Ich kann es mir nicht leisten bei Melvrick zu spät zu kommen.", meinte ich zu ihm mit einem kleinen Grinsen auf den Lippen. Er rollte mit den Augen und lehnte sich zu mir runter. "Ich hol dich zur Mittagspause ab. Du kannst dich nicht ewig drücken.", sagte Dylan zu mir und gab mir einen Kuss auf die Wange. Mein Grinsen wurde noch ein Stück breiter, aber ich drehte mich schnell um und beeilte mich pünktlich zu Mathe zu kommen.

Fassen wir mal zusammen. Ich hatte bisher Mathe, Geschichte, Chemie und Französisch ohne Lydia, aber dafür mit Jasper ertragen. Dafür hätte ich eigentlich einen Orden oder ein Abzeichen oder so verdient, denn der Junge hing an mir, wie eine Klette. Dafür freute ich mich um so mehr, als ich Dylan vor unserem Französisch Raum sah. Ich wollte auf ihn zu gehen, aber wurde, oh Wunder, von Jasper aufgehalten. "Hey Julia?" Ich schloss die Augen, um nicht auszuflippen. Das hatte er während des Unterrichts in Dauerschleife gesagt und ich hatte den Anschiss bekommen. "Ich setz mich in der Pause gleich wieder zu dir ja? Kannst du mir eigentlich die Hausaufgabe von Bio mal erklären? Da bin ich irgendwie nicht ganz durchgestiegen." Ich bewegte mich langsam rückwarts aus dem Raum raus. "Weißt du Jas-" "Sie sitzt bei uns." Seine Stimme erkannte ich auch so, da musste ich mich nicht mal umdrehen. Jasper kniff seine Augen zusammen und sah zu Dylan hoch. Es war kein größer Unterschied, aber man sah, dass Dylan einige Zentimeter größer war. "Ach ja? Seit wann das denn?" Seine Stimme war anders. Immerhin hatte ich sie beinahe durchgehend gehört im Unterricht, aber jetzt hatte sie was anderes. Sie war kälter, nicht so kindlich und freundlich. Dylan legte einen Arm um mein Hüfte und zog mich näher zu ihm ran. In so einer Situation wäre ich wahrscheinlich rot geworden, aber diese Kommunikation ohne Worte zwischen den Jungs war einfach interessanter. Mit einmal entspannte sich Jaspers Gesicht wieder und er zuckte mit den Achseln. "Na dann.", meinte er lässig und steckte seine Hände in die Hosentaschen. "Dann sehen wir uns wohl in Biologie. Bis dann Julia." Und mit den Worten verschwand er dann auch.

Luna - Das Herz des RudelsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt