➊. Türchen

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1. Türchen

  

»Steht dir, dass Abzeichen.«

Nachdem Hermine Draco die ganze Zeit schweigend angestarrt hatte, zuckte sie zusammen, als sie seine Stimme hörte. Er hatte seine Hände mittlerweile in seinen Umhangtaschen vergraben und eine Haltung angenommen, die ihr zeigte, dass es ihm unangenehm war, mit ihr zu reden. Oder weiterhin hier zu stehen.

»Danke Malfoy«, brachte sie heraus und schaute auf ihr Schulsprecherabzeichen, welches an ihrem Umhang befestigt war. Sie mochte es wirklich und vor allem mochte sie die Position, die damit verbunden ist. Auch wenn es hieß, dass sie dafür mit Draco Malfoy zusammenarbeiten musste.

Dann tauchte endlich Professor McGonagall auf, die ihnen ihren Turm zeigen würde und einen groben Einblick in ihre künftigen Aufgaben geben sollte.

Während Hermine der Schulleiterin genau zuhörte, interessierte sich Draco eher weniger für das, was ihnen die Professorin erzählte. Zumindest bemerkte Hermine, dass er mehrmals abwesend ins Nichts starrte.

»Die Zusammenarbeit mit dir kann ja nur gut werden«, murrte Hermine, als Professor McGonagall den Turm verlassen hatte.

»Ach, du stempelst mich von vorneherein ab? Granger, ich hatte erwartet, dass du keine Vorurteile haben würdest, du enttäuschst mich.«

Überrascht schaute Hermine zu dem Slytherin, dem nicht eine Gefühlsregung anzusehen war. War er etwa gekränkt? Sie hatte doch genau mitbekommen, dass er Professor McGonagall nicht zugehört hatte.

»Wenn das so ist, hoffe ich das du dich anstrengst und dem Titel Schulsprecher gerecht wirst«, sagte Hermine um keinen Streit auszulösen. Sie konnte immer noch keine Gefühlsregung bei ihm erkennen.

»Warum bist du letztes Jahr wirklich zu mir ins Bett gekommen?«, fragte Draco dann geradeheraus und Hermine konnte spüren, wie sie rot anlief. Der Themenwechsel kam ihr etwas zu plötzlich. Eigentlich hatte sie gehofft, dass er sie nicht darauf ansprechen würde. Zumindest hatten sie gesagt, dass sie es vergessen würden.

»Wir wollten das doch vergessen«, murmelte sie deswegen und wich seinem Blick aus.

Trotzdem konnte sie spüren, wie er sich ihr näherte.

»Da wir uns dieses Jahr um einiges öfter begegnen, würde ich gerne wissen, was das sollte. Nicht dass du dich noch einmal in mein Bett schleichen willst«, schnarrte er in seinem typischen Ton und klang dabei auch etwas belustigt. Glaubte er wirklich, dass sich die damalige Situation wiederholen würde?

»Das wird garantiert nicht passieren, das kann ich dir versprechen«, sagte Hermine und schaute wieder zu ihm, sein Blick bohrte sich regelrecht in sie.

»Dann sag mir doch einfach, warum du es damals gemacht hast«, forderte er sie auf und Hermine gab nach. Sie hatte keine Lust lange mit ihm zu diskutieren und so schlimm war die Wahrheit nun auch wieder nicht.

»Also, Harry und Ron hatten diesen bescheuerten Plan. Sie wollten Gewissheit darüber, ob du ... naja ob du ein Todesser bist oder nicht. Und das Ergebnis des Plans hast du dann ja mitbekommen. Mein Ziel war es eigentlich nur, auf deinen Arm zu schauen und dann zu verschwinden, aber so ganz gelungen ist es mir wohl nicht«, erklärte sie ihm und ihr wurde wiedereinmal bewusst, wie schrecklich der Plan von Harry und Ron doch gewesen war.

»Du hast ernsthaft bei solch einem Plan mitgemacht?«, fragte Malfoy belustigt nach, sie konnte ihm ansehen, dass er sich das Lachen verkneifen musste.

»Die beiden lagen mir damit lange in den Ohren und ja ich habe nachgegeben, obwohl ich mir dachte, dass der Plan bescheuert ist«, antwortete Hermine und seufzte. Die Erinnerungen brachen wieder an die Oberfläche und Hermine konnte vor sich den ein Jahr jüngeren Malfoy sehen, der sie oberkörperfrei küsste. Sie schluckte und versuchte den Gedanken zu verdrängen.

Da sie sehen konnte, das Malfoy wieder zu einer Frage ansetzte, stellte sie ihm ihre schnell. Etwas, was sie sich eh schon gefragt hatte: »Warum hast du überhaupt weitergemacht, selbst nachdem du wusstest, dass ich es bin?«

Hermine schaute ihm in die Augen und wartete gespannt auf seine Antwort.

»Ab einem gewissen Zeitpunkt denkt Mann einfach nicht mehr mit dem Gehirn«, kam es von ihm und er zuckte mit den Schultern. Hermines Mundwinkel senkten sich nach unten. Sie hatte sich eigentlich unbewusst eine andere Antwort erhofft.

»Oh«, brachte sie dann heraus und wandte den Blick wieder von ihm ab.

»Wo wir schon so ehrlich zueinander sind, sollte ich dir vielleicht noch etwas erzählen«, sagte Malfoy dann und Hermine schaute überrascht zu ihm. Sie konnte Malfoys Adamsapfel tanzen sehen, als er schluckte.

»Ich habe damals einen Obliviate bei dir angewendet, damit du vergisst, dass du mein dunkles Mal gesehen hast. Denn du hast es gesehen und mich dann gebeten aufzuhören«, meinte er und Hermine konnte ihm sein Unwohlsein regelrecht ansehen.

»Du hast einen Obliviate bei mir angewandt?«, fragte sie trotzdem ungläubig nach.

»Ja, dass habe ich«, bestätigte er.

»Weißt du, wie gefährlich das ist? Du hättest mein ganzes Gedächtnis löschen können!«, fuhr sie ihn an.

»Keine Sorge, ich beherrsche mein Handwerk sehr gut«, verteidigte er sich sofort.

Hermine starrte Malfoy an und konnte ihre Wut nur mühsam unterdrücken. Der Zauberspruch Obliviate war gefährlich. Sehr gefährlich. Besonders, da er nur sehr schwer wieder rückgängig gemacht werden könnte. Es war eigentlich so gut wie unmöglich die gelöschten Erinnerungen wieder herzustellen. Das wusste Hermine nur zu gut. Sie selbst hatte ihren Eltern die Erinnerungen an sich genommen. Sie wussten nicht einmal, dass sie eine Tochter haben. Das alles war nur zu ihrem Schutz vor den Todessern gewesen, doch als sie im Sommer versucht hatte, die Erinnerungen ihrer Eltern wieder herzustellen, war sie gescheitert. Etwas was immer noch an ihr nagte. Sie wollte sich in Hogwarts in der Bibliothek schlaumachen, was sie noch in diesem Fall tun könnte, aber vielleicht hatte sie jetzt auch noch eine andere Möglichkeit.

»Wie sehr beherrscht du dein Handwerk? Kannst du auch Erinnerungen, die gelöscht wurden, wieder herstellen?«, fragte Hermine leise und hoffnungsvoll.

»Warum interessiert dich das?«, fragte er misstrauisch nach.

»Ich habe meine Eltern mich vergessen lassen, damit die Todesser sie nicht töten konnten. Und als ich versucht habe, die Erinnerungen wieder herzustellen hat es nicht funktioniert«, gab Hermine zu und fühlte sich sofort wieder schlecht. Sie galt als die schlauste Hexe ihres Jahrgangs, hatte es aber nicht geschafft, den Obliviate von ihren Eltern rückgängig zu machen.

»Warum sollte ich dir denn helfen?«, fragte Malfoy nach und holte Hermine aus ihren Gedanken.

»Ich würde sagen, ich habe etwas gut bei dir. Immerhin hasst du mich auch mit dem Obliviate verzaubert. Von deinen ganzen Beleidigungen mir gegenüber mal ganz zu schweigen.«

Malfoy schaute sie noch einen Moment an, eher er nickte.

»Gut, ich werde dir helfen.«

Der Plan  *Adventskalender 2016*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt