N: Von Zerquetschen und Pelzmänteln

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Zwei Tage strichen einfach so an ihr vorbei. Nieva war es Leid. Sie durfte nicht an Deck, sie durfte nicht aus dem Raum, sie durfte dies und jenes nicht~ Dieser Plüschi-niisan war schon gemein zu ihr! Dabei würde sie nie etwas dummes anstellen...nie! Nur hatte sie einen leichten Hang zur Tollpatschigkeit...aber das brauchte nun wirklich niemand wissen.

Genau in diesem Augenblick lehnte sie müde an der Wand in Bepos Zimmer. Ja, man hatte sie in Bepos Kajüte gebracht, da beide Eisbären waren. Sie seufzte. Bepo war ja schon knuffig und sie konnte sich wenigstens mit ihm unterhalten...aber er war kaum da. Schließlich war er der Navigator der Crew, da konnte er nicht dauernd anwesend sein, vor allem wenn das Schiff ein U-boot war! Trotzdem...sie hatte nicht mal irgendetwas da zum beschäftigen. Sie seufzte, rieb sich mit der Tatze über das Gesicht. Wenn sie nur eine kleine Insel erreichen könnten, dann wären ihre Probleme weg. Sei könnte einfach runter, eine weitere Mitfahrgelegenheit suchen und schwupps! War sie schon wieder weg und bald daheim.

Sie änderte die Position, rollte sich lustlos auf den Rücken und streckte alle Tatzen von sich. Gähnend betrachtete sie die eintönige Decke. Ein Punkt, ein unregelmäßiger Strich...Die Tür quitschte, als sie geöffnet wurde. Sie drehte ihren Kopf noch weiter hinter und sah Plüschi-niisan auf dem Kopf stehen. Sie kicherte auf Bärisch, was etwas grotesk klang. Er musterte sie aus seinem grauen, monoton blickenden Augen, dann rieb er sich mit einer Hand im Nacken. Er öffnete die Tür weiter, machte eine einladende Handbewegung und verdeutlichte ihr, ihm nachzulaufen.

Fröhlich, endlich etwas anderes zu Gesicht zu bekommen, als dieses öde Zimmer, trappte sie ihm entspannt nach. Penibel achtete sie darauf, ja keinen Unfall aus Tollpatschigkeit zu verursachen, sonst würde sie nicht mal ein Wort sagen können und Law würde sie vermutlich kochen! Bei dem Gedanken schüttelte sie angewidert den Kopf. Auf eine sehr seltsame Art und Weise war das sogar indirekter Kannibalismus.

Er öffnete wieder eine Tür, ließ sie durch. Mit Freude stellte sie fest, an Deck angekommen zu sein. Weit und breit war allerdings kein Grün zu sehen. Nur das langweilige Blau des Meeres. Anscheinend waren sie nur kurz aufgetaucht um Luft zu tanken. Missmutig stapfte sie zu der Reling und ließ sich davor der Länge nach Fallen. Ihre Tatzen benutzte sie als Kopfkissen und legte den Kopf darauf. Dann ließ sie sich die frische Brise um die Nase wehen.

Kurz darauf spürte sie etwas schweres an ihrer Flanke. Ein Rücken hatte es sich an ihrem Pelz bequem gemacht. Sie öffnete ein Auge, nur um Law-niisan zu erkennen, der sie als Couch missbrauchte. „Noch bin ich lebendig und kein Möbelstück, ja?!" , versuchte sie es dem Kapitän-niisan klar zu machen...doch der hatte schon die Augen geschlossen und ignorierte sie vollkommen. Mit den Augen rollend schloss sie ebenfalls das Auge, entspannte langsam. Die Ruhe, die sie kurz davor noch gestört hatte, wirkte jetzt auf sie ganz anders. Sie spürte durch das Gewicht, durch die Anwesenheit eines anderen Menschen, ein seltsames Gefühl der Zufriedenheit. Auch wenn es ein recht schwer einzuschätzender Mensch war.

Aber er strahlte eine Ruhe aus, die sie nie nur ansatzweise hatte. Irgendwie...beruhigend war das schon. Und sie entspannte seit langem mal wieder völlig mit Körper und Seele. Eine Seltenheit – sie machte sich viel zu viel Gedanken aufgrund ihrer geliebten Familie.

„Käpt'n!", ertönte da nach einer viel zu kurzen Zeit eine nervtötende Stimme. Von ihrem Pelz aus spürte sie Plüschi-niisan nur brummen. „Wann erreichen wir eigentlich das Sabaody Archipel?" „Ist das wirklich notwendig, da überhaupt hinzusegeln? Wir haben schließlich ein U-boot, da brauchen wir keine Ummantelung", redeten irgendwelche Crewmitglieder durcheinander. „Doch die brauchen wir!", meinte jetzt Bepo, dessen Stimme die Einzige war, die sie so auseinander halten konnte. „Das U-boot hält den Druck nicht stand", ergänzte Law-niisan mit tiefer Stimme. Anscheinend war er immer noch im Halbschlaf oder genervt – oder sogar beides. Nieva trug nichts dazu bei, ließ Law-niisan erst einmal gewähren, sie als Möbelstück zu missbrauchen. Sie hatte schon einmal vom Sabaody Archipel gehört. Viele Händler, die in der Neuen Welt ihre Waren verkauften, hatten davon auf Worto Tross – ihrer Heimatinsel – erzählt. Einer bekam von einer der Inseln jenseits der Red Line seinen Pelz her, den er für die warmen Mäntel benötigte, da Worto Tross eine sehr stark bewohnte Winterinsel war. Dort herrschten immer Minusgrade, sodass warme Kleidung ein Muss für jeden war.

„Ich war noch nie auf dem Archipel, aber wir brauchen definitiv einen vertrauenswürdigen Spezialisten", ertönte erneut die Bassstimme von Plüschi-niisan. „Und danach geht's auf in die Neue Welt!", jubelte die Crew einstimmig. Nieva öffnete doch kurz die Augen, nur um Law-niisans Mundwinkeln ein kleines Schmunzeln zu erkennen. Er war also doch nicht ganz in Stein gemeißelt. Automatisch grinste sie ebenfalls, wurde von der guten Stimmung der Crew angesteckt. Dabei zeigte sie ihre schönen weiß, schillernden Beißerchen, und prompt kreischten die Männer auf die Mädchen und versteckten sich schützend hinter Bepo-niisan.

Daraufhin lachte sie, diesmal heftig. Durch den sehr vibrierenden Untergrund wurde Law-niisan erst einmal durchgeschüttelt, bis Nieva sich automatisch drehte und den Schwarzhaarigen natürlich aus versehen unter sich vergrub. Ein „Uff", war zu hören, dann saß die Eisbärin komplett auf ihn drauf. Beziehungsweise lag. Die Crew schrie auf. „Unser Käpt'n!" „Sie will ihn fressen!" Nieva verstand den Aufruhr erst nicht, bis sie etwas unter sich spürte. Verdattert drehte sie sich erneut und fand einen etwas platt aussehenden Plüschi-niisan unter sich. Verdutzt setzte sie sich auf ihren Hintern und stupste ihn an. „Lebst du noch?" „Sie hat ihn zu Tode erdrückt!", ging das Theater im Hintergrund weiter. Bis Law-niisan quälend aufstöhnte und die Hand hob. „Von eurem Gejammer bekommt man ja Kopfschmerzen!" Erfreut quickte Nieva auf – kurz darauf kreischten die Männer wie Mädchen. „Das ist ja nicht mehr normal! Sagt mal, seid ihr Mädchen?", machte sie sich über die Crew lustig. Zwar verstand sie keiner, dennoch wiederholte Law-niisan ihre Worte nur etwas anderes. Der Sinn allerdings war der Selbe: „Waschlappen. Alle miteinander. Als ob ich mich von einem Eisbären zu Tode zerquetschen lasse!" Er seufzte, rieb sich seine Stirn, blieb aber dort liegen. „Tschuldigung...", nuschelte Nieva und senkte den Kopf. Das übersetzte Bepo diesmal sogar, doch Law-niisan lenkte nur ab.

Sie legte sich wieder hin, kurz darauf lehnte auch Law-niisan wieder an ihrer Flanke. „Und wehe ihr bringt sie noch einmal zum lachen!", drohte er seinen Männern. Diese nickten brav, hockten sich dann mit etwas Sicherheitsabstand zu ihnen im Kreis. „Zurück zum Thema...", begann Plüschi-niisan, „Das Problem wird Nieva sein." Jetzt öffnete die Eisbärendame doch wieder die Augen und hob den Kopf. „Das Archipel ist in verschiedene Zonen aufgebaut. Wir werden zum größten Teil in der gesetzlosen Zone sein. Dort gibt es viele Menschen- oder andernweitige Händler. Ich gebe offen zu, dass ich sehr interessiert an ihrem Fluch bin. Es wäre schade, wenn sie einfach so gefangen wird. Außerdem stellt sie im Notfall eine wichtige Ressource da. Sowohl ihr Pelz als auch ihr Fleisch sind wertvoll." Da hatte sie sich wohl verhört, ODER?! Sie knurrte bedrohlich, schabte mit ihren Krallen über die Bretter. Law ignorierte es gekonnt, erläuterte der Crew weiter seine viel zu offenen Gedanken. „Wir können sie nicht alleine auf dem Schiff lassen, also müssen wir sie mit nehmen. Du, Nieva, läufst bitte mit mir oder Bepo. Mach keinen Unfug und zieh keine Aufmerksamkeit auf dich!" Haha, guter Witz. Mich schon mal angesehen, Baka-niisan? Ich war ein Eisbär! E-I-S-B-Ä-R! Wie sollte ich da keine Aufmerksamkeit auf mich ziehen?

Ignorant schnaubte sie und legte missmutig ihren Kopf wieder auf die Tatze. Sie nahm ihre vorherigen Worte zurück. Sie konnte den Kerl und seine eiskalte Ignoranz nicht ausstehen! Also ob er seinen Pelz oder gar ihr Fleisch bekommen würde! Pah, sie war und würde auch niemals ein Lebensmittel darstellen! „Käpt'n, ich glaube du hast Nieva-san beleidigt...", meldete sich da Bepo-niisan. Interessiert spitze die Eisbärendame die Ohren. „Warum?", erwiderte Law emotionslos. Der knuffige Eisbär tapste von einer Pfote auf die Andere, wie sie durch die Vibration des Bodens erkennen konnte. „Sie ist immerhin ein Mensch. Und wenn du so von Pelzverarbeitung und Essen redest...mich hat es auch verletzt." Kurz war es komplett still. Dann hörte sie ein leises Seufzen. „Bepo...dich würde ich nie zu einem Mantel verarbeiten und das solltest du eigentlich auch wissen."

Dóbutsu no Nakama [One Piece]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt