"Hast du Lust, mit zu mir nach hause zu kommen? Wir könnten zum Herbstfestival gehen..."
Grace sieht mich an, offenbar genauso überrascht von meinen Worten, wie ich selbst. Habe ich sie gerade tatsächlich zu mir nach hause und zur Kirmes eingeladen?
Für die meisten Leute mag das nichts besonderes sein, allerdings denkt man ein bisschen anders darüber, wenn man das letzte Mal jemanden vor gut zwei Jahren zu Besuch hatte. Nicht einmal für Schulprojekte wollte ich die Leute in mein Zimmer lassen. Und wenn ich ehrlich bin, weiß ich auch noch nicht, ob ich Grace dort hinein lassen würde. Mein Zimmer ist mein Rückzugsort. Meiner ganz allein.
Ich warte angespannt. Irgendwie habe ich Angst davor, dass sie mich nun auslacht, auch wenn die Grace, die ich bisher kennen gelernt habe, so etwas nie tun würde.
Glaube ich zumindest.Doch schließlich nickt sie und ich muss mir ein erleichtertes Aufatmen verkneifen.
"Klar, sehr gerne sogar!" Sie lächelt wieder ihr warmes Kerzenlichtlächeln.
Ich lächle scheu zurück.Den Rest der Busfahrt sitzen wir schweigend da, ich zeichne und Grace sieht mir dabei zu.
"Wie wäre es, wenn du alles zeichnest, das wir auf der Liste erledigen?" fragt sie plötzlich. "Das wäre ziemlich cool. Und es muss ja nichts großartig aufwendiges sein..." Ich sehe kurz von meiner Zeichnung auf. "Einen Versuch ist es wert..."Grace lächelt. Irgendwie mag ich es, wenn sie wegen mir lächelt.
Gestern hat sie meinen Block durchgeblättert, und ich war ziemlich stolz, als ich gesehen habe, wie ehrlich begeistert sie war. Sie hat sagt, ich solle Comiczeichner werden. Cartoonist.Ich hingegen war ziemlich verlegen wegen des überschwänglichen Lobes. Darüber habe ich noch nie nachgedacht. Allerdings musste ich dann zugeben, dass das ein ziemlich cooler Job wäre. Oder Autor. Oder Fotograf. Oder Musiker.
Wenn ich überhaupt lang genug lebe und mich nicht vorher umbringe, weil alles zu viel wird."Hey, Jas", reißt Grace mich aus meinen Gedanken. Ich hebe eine Augenbraue. Jas?
Grace grinst, als könnte sie meine Gedanken lesen. "Ich glaube, wir müssen hier raus."Ich sehe aus dem Fenster und nicke, als ich feststelle, dass wir gerade an meiner Haltestelle gehalten haben. Eilig packen wir unsere Sachen zusammen- der Busfahrer wartet gnädigerweise- und steigen dann aus dem Bus. Mittlerweile wundert es mich kaum noch, dass sie weiß, an Welcher Haltestelle ich aussteige. Außerdem benutzen wir ja jeden Tag den selben Bus.
Wir laufen bis zu meinem Haus. Als ich in meiner Jackentasche herumwühle, um meinen Schlüssel zu finden, fragt Grace mich, ob es auch okay für meine Eltern sei, dass ich sie einfach mitbringe. Ich nicke nur stumm.
Mom wird Freudensprünge vollführen.
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Wenn wir sterben - oder wie man das Leben spielt
Teen Fiction"Sterben stelle ich mir vor, als wäre man high. Man kann all den Schmutz, der am eigenen Leben klebt, vergessen. Es kümmert einen einfach nicht mehr. Und man muss nicht mehr denken. Das ist wohl das Beste daran." Das Bild vom Cover dieses Buches ha...