Kapitel 1

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Ich sehe aus dem Flugzeugfenster. Die Skyline von Tokyo sieht schön aus im Abendrot. Vor wenigen Minuten hat der Pilot angesagt, dass wir landen. Dad sitzt neben mir. Er hat einen Blick drauf, als wenn er in Erinnerungen schwelgt. Mum schaut ungefähr genauso drein. Was ist in Tokyo, was es in Los Angeles nicht gibt?  Aber dafür weiß ich jetzt wieso mein Bruder, Takeru, und ich bilingual (zweisprachig) aufgewachsen sind. Weil Mum und Dad wussten, dass sie nach Japan zurückkehren werden, genauer gesagt Tokyo. 

Das Flugzeug landet und der Pilot sagt an. "Willkommen in Tokyo! die Außentemperatur beträgt kühle 11°C. Ortszeit 14:44 Uhr. Vorsicht beim Aussteigen!" Wir holen unser Gepäck und gehen aus dem Flughafengebäude. Aus meinem Handgepäck hole ich währenddessen mein Smartphone und meine Kopfhörer raus. Auf Spotify wähle ich meine Lindsey Stirling Playlist aus. Ich liebe sie! Sie ist mein absolutes Idol! Nur wegen ihrer Musik habe ich damals angefangen Geige spielen zu lernen. Besonders mag ich ihr zweites Album Shatter Me. Es ist von 2014, also nicht mehr das Neueste. Angeblich heißt es, 90% aller Japaner lieben klassische Musik. Tja, ab heute bin ich ein Teil dieser Statistik. 

Mit dem Taxi fahren wir bis zu unserem neuen Haus. Es liegt in einem ruhigen Stadtviertel und hat viele kleine, bunte Häuschen, so wie unser neues Heim. Eine Vorstadt wie aus dem Bilderbuch! Und ich mittendrin! Das wird niemals gut ausgehen! Viele unserer Sachen wurden schon vorher nach Tokyo gebracht, sodass wir nur noch je einen Koffer und ein Handgepäck haben. Außer ich, denn ich muss zusätzlich noch meine Geige tragen. Schwer ist sie nicht, aber unhandlich. Dad zeigt uns das Haus und wo wir unsere Zimmer haben. Ich schaue mir mein Zimmer genau an und frage anschließend Takeru, ob er mir hilft mein Zimmer etwas umzuräumen. 

Eine Stunde später sind wir zufrieden mit unserer Arbeit und ich räume meine Sachen in die Schränke und Regale ein. Zum Abend hin übe ich das Lied Mirror Haus auf der Geige. Ich werde immer besser, aber es klingt immer noch ziemlich schräg. Es ist eines der, im Moment schwierigsten, Lieder, die ich übe. Ich hatte zwar mal einen Geigenlehrer, aber nur für das erste Jahr. Seit Mitte 2014 lerne ich alles selbstständig. Die Noten besorge ich mir aus dem Internet. Aus dem Zimmer nebenan dröhnt laute Musik. Takeru hat also schlechte Laune. Das erkennt man meist an der Rock- und Metalmusik. Ich höre auf einmal unsere neue Türklingel. Ein melodisches DING-DONG. Ungewohnt, aber mal was anderes. Ungewohnt wird es auch sein, nicht mehr englisch, sondern den ganzen Tag japanisch zu reden. 

Mum hat bereits die Tür geöffnet, als ich, noch mit der Geige in der Hand, die Treppe hinunter gehe. Ein Mädchen, etwa in meinem Alter stellt sich als die neue Nachbarin vor. Der Junge neben ihr ist ihr jüngerer Bruder, wenn ich das richtig verstanden habe. Als meine Mutter mich erblickt, winkt sie mich zu sich. "Das hier ist meine Tochter Kazumi!" stellt sie mich vor. Ich lächle freundlich. "Kazumi, das hier sind unsere neuen Nachbarn. Das Mädchen heißt Sachiko und der Junge Kiri." Beide verbeugen sich höflich. "Mum, können wir sie zum Tee einladen? He, Sachiko, Kiri! Möchtet ihr einen Tee mit uns trinken?" Die Beiden nicken.

Später sitzen Sachiko und ich in meinem Zimmer. "Ich finde dein Zimmer sehr schick. Und von wo kommt ihr ursprünglich?" "Mum und Dad sind hier aufgewachsen, aber Takeru und ich in den USA. Genauer gesagt in Los Angeles." Sachiko bekommt große Augen. "Wow! Los Angeles! Wie ist es da so?" "Es ist wie jede andere Großstadt auch, nur dass man dort regelmäßig Promis trifft, sofern man im richtigen Stadtteil wohnt. Wir wohnten dort leider nicht. Aber es gibt einige tolle Strände und es ist die meiste Zeit über schönes Wetter." Plötzliche Wehmut überkommt mich. Sachiko merkt es und nimmt mich vorsichtig in den Arm. "Du vermisst deine Freunde, oder?" Ich nicke. Ein Kloß hat sich in meinem Hals gebildet und erste Tränen sammeln sich in meinen Augenwinkeln.

Sachiko schafft es, mich zu trösten. "Kannst du mir ein bisschen was über Tokyo erzählen?" frage ich sie. "Ja, na klar! Also... Ähm... Es ist die Hauptstadt von Japan und sie kommt mir ziemlich groß vor. Mehr weiß ich jetzt auch nicht. Hey, weißt du schon, auf welche Schule du gehen wirst?" "Nein, aber meine Mutter hat mir bereits eine Schuluniform besorgt. Sie hängt im Schrank. Warte kurz." Ich stehe auf und hole sie hervor. "Die gleiche habe ich auch! Das bedeutet, wir gehen auf dieselbe Schule! Wir können gemeinsam zur Schule gehen!" Dieses Mal umarmt sie mich stürmischer. "Lass uns Freundinnen sein! Du darfst mich Sachi-chan nennen!" "Was bedeutet dieses -chan?" Ich mache mit meinen Fingern Anführungszeichen. "Es ist eine Verniedlichung des Names und außerdem ein Zeichen der Freundschaft." "Ah. Ok. Du darfst mich dann Kazu-chan nennen!" 

Sachi-chan's Blick fällt auf die Uhr an der Wand. "Oh. Schon so spät? Ich muss jetzt nach hause. Kiri wartet sicher schon dort, aber ich hole dich morgen früh zur Schule ab, Ok?" Ich nicke und begleite sie zur Haustür. Ich umarme sie noch kurz, dann zieht sie sich ihre Schuhe an und verschwindet. Mum kommt aus dem neuen Wohnzimmer. "Na? Hast du dich schon an die neuen Verhältnisse gewöhnt? Mir fällt es so schwer wieder 24/7 japanisch zu reden." Ich lache. "Mum, deine Haare. Hast du deine Schleife verlegt?" Sie durchwühlt ihre langen blonden Haare, bis eine rote Schleife zu Boden fällt. Als sie sich daraufhin im Spiegel betrachtet, muss sie genauso doll lachen wie ich. "Was lachst du so blöd? Du siehst doch nicht besser aus!" Mum durchwühlt meine ebenfalls langen blonden Haare. 

Mum bringt mich noch ins Bett. "Schatz. Ich möchte, dass ihr euch hier wohl fühlt. Also wenn es etwas gibt, dass ich tun kann, dann musst du es nur sagen." Sie streichelt meine Wange. "Ich habe keine vernünftige Schultasche. Kann ich mir eine von deinen Taschen leihen, bis ich eine eigene habe?" "Aber natürlich mein Schatz. Ich lege dir eine raus zu deiner Uniform. Oh, weißt du inzwischen, wo du morgen hin musst?" "Ja, Sachiko holt mich morgen früh ab. Wann geht denn die Schule immer los?" "Pünktlich um halb neun. Und wer zu spät ist, der muss draußen vor der Tür warten. Das ist meiner Freundin und mir oft passiert." Sie lacht leicht. "Na dann, schlaf gut mein Schatz!" Mum gibt mir noch ein Kuss auf die Stirn bevor sie das Licht ausmacht und die Tür hinter sich schießt. 

Man sagt ja, was man in er ersten Nacht in einem neuen Haus träumt, geht in Erfüllung. Ich hoffe, ich träume von einem glücklichen Leben hier in Tokyo! Ich stelle noch schnell einen Wecker auf meinem Handy ein, bevor ich ins Land der Träume gerissen werde.

Autoren-Kommmentar:

Es ist endlich geschafft! Ich habe das erste Kapitel übertragen und einigermaßen überarbeitet bekommen. 

Könnt ihr erraten, wer von den Sailor-Kriegerinnen die Mutter von unserer Kazumi ist?

Kleiner Tipp: Sie trägt immer eine rote Schleife im Haar und war tatsächlich die erste der 5, also noch vor Sailor Moon...

PS: Ich halte mich hauptsächlich an den alten Anime von 1992-1996!

PPS: Diese Geschichte habe ich mit 14/15 im Jahr 2014 angefangen und es existieren mehrere verschiedenste Versionen davon, aber diese hier soll die endgültige sein. Behaltet aber trotzdem die Kapitel im Auge, da sich auch schnell was ändern kann. Ich bin mit dieser Überarbeitung noch nicht ganz zufrieden... 


Tokyo, mein neues ZuhauseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt