Kapitel 13

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Nach 15 Minuten habe ich mich wieder beruhigt und lese die Nachricht von Yukio: Es tut mir leid, wenn ich dich damit überrumpelt habe. Ich war eifersüchtig und wollte dich für mich gewinnen. Gib mir eine Antwort, sobald du bereit bist. Ich antworte ihm nicht. Auf einmal höre ich wie die Toilettentür geöffnet wird. "Kazu-chan?! Bist du hier?" Sachiko! "Ja. Ich bin hier!" rufe ich. Meine Stimme ist kratzig vom Weinen.

Ich öffne die Kabinentür und trete heraus. Sachiko sieht mich erst erschrocken an, kommt dann aber auf mich zu und schließt mich in ihre Arme. "Kazu-chan! Mach sowas nie wieder! Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht! Wie kannst du nur mit Yukio-kun alleine zur Schule? Ich wusste, dass das dann passieren wird." "Hat er dir erzählt, was passiert ist?" 

"Ja, aber ich habe nichts gesagt. Schließlich hast du mich ja darum gebeten." Mir kommen wieder die Tränen, wenn ich an dieses Chaos in meinem Kopf denke. Der Eine küsst mich und der Andere macht mir eine Liebeserklärung. Sachiko drückt mich noch mehr an sich. Ich weine mich an ihrer Schulter aus. 

Ich habe mich wieder beruhigt und Sachiko reicht mir etwas Toilettenpapier. Ich schnäuze mir die Nase. "Darf ich mich um deine Haare kümmern? Die sehen sehr in Mitleidenschaft gezogen aus." Ich nicke. Sachiko öffnet meinen Zopf und bürstet mir das Haar. Woher hat sie auf einmal die Bürste?

"Ich werde dir heute zwei Zöpfe flechten. Weißt du, wie flauschig dein Haar ist? Und es duftet so gut! Welcher Geruch ist das? Vanille?" "Ja. Mein Shampoo habe ich noch aus L. A. mitgebracht. Ich habe davon noch 6 Stück auf Lager. Ich mag den Duft auch. Dann rieche ich nach Vanillepudding." Ich kichere. "Meinst du ich könnte es auch mal benutzen?" "Klar!" 

"Ich beneide meinen Bruder. Heute gibt es bei ihm an der Schule in der Kantine zum Nachtisch Vanillepudding. Er hat heute morgen voll damit angegeben." "Weißt du was, Sachi-chan? Wir kochen demnächst selber Pudding und dann bekommt er nichts davon ab!" Wir lachen. Es tut gut zu lachen. 

Sie macht meine Haare fertig und ich betrachte mich im Spiegel. Bis auf die roten Augen sehe ich eigentlich ganz normal aus. Aber die Frisur gefällt mir! "Sachi-chan. Danke!" Ich drehe mich zu ihr und umarme sie. "Du bist die beste Freundin, die ich je hatte! Ich hab dich so lieb!" Sie lächelt. "Ich dich doch auch! Wollen wir jetzt zurück zum Unterricht? Die Pause ist gleich um!" Promt hören wir die Schulglocke.

"Ja gehen wir. Sonst macht sich Frau Haruna noch mehr Sorgen als sie eh schon tut." Sachiko hackt sich bei mir unter und wir gehen zur Tür. Diese wird plötzlich aufgerissen und knallt mit voller Wucht gegen mich. Genauer gesagt meine Nase. Ein Schmerzensschrei verlässt meinen Mund. Ich fasse mir vorsichtig an die Nase. Ich sehe Blut auf meiner Hand. Mir wird schwindelig und es beginnt sich alles zu drehen. Schließlich falle ich zu Boden.

Yui's Sicht:

Manno! Warum ist diese Schule so groß? Ich finde mich hier nicht zurecht. Ich gehe auf die nächstbeste Tür zu und öffne sie schwungvoll. Sie prallt an etwas hartem ab. Es ist ein anderes Mädchen! Und sie blutet! "Oh Gott! Das tut mir schrecklich leid! Ich wollte das nicht! Geht es dir gut?" Sie antwortet mir nicht.

Ein rothaariges Mädchen, wahrscheinlich ihre Freundin, kniet aufgelöst neben ihr. "Kazu-chan!" ruft sie immer wieder und versucht diese wach zu halten. Plötzlich schaut sie mich an. Die Tränen laufen über ihre Wangen. "Steh nicht so da! Hilf mir lieber Kazu-chan zur Schulärztin zu bringen!" Gesagt, getan!

Wir tragen diese Kazu-chan zum Krankenzimmer, wo auch immer das sein soll. Ich folge einfach der Rothaarigen. Irgendwann sind wir am Ziel angekommen. Die Ärztin untersucht die Nase von der blonden 'Kazu-chan'. Sie scheint gebrochen zu sein und daher muss sie sofort ins Krankenhaus. Ich begleite das rothaarige Mädchen aus dem Zimmer. "Wer bist du eigentlich? Ich habe noch nie hier gesehen."

"Ich bin neu hier. Seit letzter Woche wohne ich hier. Mein Name ist Yui. Nenne mich Yui-san!" Ich verbeuge mich leicht vor ihr. Sie verbeugt sich ebenfalls. "Für dich Sachiko-san." "Und nochmal. Es tut mir so leid mit deiner Freundin. Ich wollte das wirklich nicht!" "Schon gut. Ich muss eben ihren Bruder anrufen und Bescheid sagen, was passiert ist." Sie bekommt bei den Worten rote Wangen. Sie mag den Bruder anscheinend sehr gerne.

Ein wenig später erscheint ein großer Mann. Er kommt mit besorgtem Gesichtsausdruck auf uns zu. Sofort umarmt er Sachiko-san und gibt ihr einen Kuss auf die Stirn. "Wie geht es ihr? Was hat sie genau?" "Die Nase soll gebrochen sein. Komm mit, du kannst ja die Ärztin fragen!" Er nickt. Während die beiden reingehen, bleibe ich unschlüssig draußen stehen. 

Plötzlich läutet die Schulglocke und zwei Jungs nähern sich mir. Sie schauen mich komisch an. "Wer bist du?" fragt mich der blonde. "Ich bin Yui-san. Wenn ihr Kazumi-san sucht, die ist da drin!" Ich zeige auf die Tür des Krankenzimmers. "Danke." sagt der Schwarzhaarige. Beide gehen an mir vorbei in das Zimmer. Diese Kazumi-san hat ja viele Freunde.

Kazumi's Sicht:

Ich werde wieder etwas klarer im Kopf. Meine Nase ist speziell verbunden worden und ich habe im Krankenhaus ein paar Schmerzmittel bekommen. Schwindelig ist mir immer noch etwas. Meine Nase ist gebrochen und die Schuldige hat sich schon tausendmal bei mir entschuldigt. Ich habe Yui-san sofort verziehen. Es war zwar ihre Schuld, aber sie wirkt so orientierungslos. 

Shinji-kun und Yukio-kun haben mich ebenfalls besucht, als ich im Krankenhaus war, genauso Takeru und Sachiko, die mich dann mit nach Hause genommen haben. Yui wohnt hier ganz in der Nähe. Genauer gesagt, drei Häuser weiter. Sachiko und ich werden sie morgens und nachmittags mitnehmen, damit sie sich nicht nochmal verläuft.  

"Ri-chan hat mir die Schulsachen via Whatsapp geschickt. Willst du die mit mir durchgehen?" fragt mich Sachiko. "Ja, gerne!" An Yui gewandt frage ich: "Möchtest du dich uns anschließen?" Sie nickt eifrig. Yui und ich sind quasi schon Freundinnen. Wir tauschen noch Nummern aus, bevor sie nach den Hausaufgaben nach Hause geht.

Am nächsten Tag wache ich mit starken Schmerzen auf. Ich nehme schnell eine der Schmerztabletten vom Krankenhaus und ziehe mich an. Da ich keinen großen Hunger habe, mache ich lediglich mein Obento fertig und warte auf Sachiko. Als es klingelt, macht Takeru die Tür auf und begrüßt Sachiko mit einem Kuss. Ich gehe an ihnen vorbei und murmle: "Nehmt euch ein Zimmer!" 

Sachiko kommt mir hinterher gelaufen: "Warte auf mich!" ruft sie mir zu. Gemeinsam holen wir Yui ab. Sie freut sich, dass sie jemanden gefunden hat, der weiß wo sie hin muss. Yui ist überraschenderweise in unserer Klasse gelandet. Die Schulglocke läutet und Frau Haruna kommt herein. "Ich hoffe ihr hattet eine schöne Woche, denn ich habe eine Überraschung für euch!" 


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