Kapitel 15

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Yui und ich sitzen besorgt am Tisch und essen Müsli, als es an der Tür klingelt. Takeru steht auf und öffnet diese. Die Polizei steht vor der Tür. "Kazu! Yui-san! Kommt mal bitte!" ruft uns Takeru. Wir schauen uns an und Yui nimmt ängstlich meine Hand. Ich drücke diese. "Was auch immer passiert, wir schaffen das schon." ermutige ich uns beide.

"Wir ermitteln in einem Fall, wo ein Mädchen vermisst wird. Es heißt Sie beide haben sie als letztes gesehen?" fragt uns der Polizist. "Ja, das stimmt." bestätige ich "Erzählen Sie mir bitte die genauen Umstände." "Nun, wir waren auf dem Heimweg, als meiner Freundin Yui-chan einfiel, dass sie mir noch etwas zeigen wollte. Bei ihr zuhause." 

Yui fährt fort: "Genau. Ich hatte eine kleine Überraschung für Sachi-chan geplant, deswegen konnten wir ihr nicht sagen, wo wir hingehen. Ich zog Kazu-chan unauffällig mit mir zu meinem Zuhause. Nur drei Häuser weiter. Und als wir ein paar Minuten später zurück waren, war Sachi-chan auf einmal weg." Wir lassen unsere neu entdeckten Fähigkeiten bewusst raus.

"Und für was war die Überraschung?" Yui antwortet nicht. Sie hat darauf keine Antwort. Mist. Jetzt fällt es mir ein: "Sachi-chan hat bald Geburtstag! Im Juni! Und wir fangen jetzt schon an, damit dann alles fertig ist und es keine Probleme gibt." "Ok. Könnten Sie uns kurz zeigen, wo Sie Sachiko-san das letzte Mal sahen?" "Natürlich!" Yui und ich ziehen schnell unsere Schuhe an. 

"Hier war das." Die Polizisten schreiben etwas auf ihren Zettel. "Und Sie wohnen hier?" Der Polizist zeigt auf Yui's Haus. "Ja." Erneut schreibt er etwas auf seinen Zettel. "Ok. Dann sind wir hier fertig. Danke, dass Sie sich die Zeit für uns genommen haben." Der Polizist will wieder gehen, als ich ihn kurz aufhalte.

"Was passiert als nächstes?" "Wir werden eure Freundin suchen. Aber als nächstes werden wir die umliegenden Nachbarn befragen. Vielleicht hat einer von denen etwas gesehen. Wir halten euch auf dem Laufenden." Er dreht sich noch einmal um. "Es ist jetzt kurz nach 8. Müsst ihr nicht zur Schule?" 

Wie von der Tarantel gestochen rennen Yui und ich zu mir und schnappen uns unsere Taschen. Völlig außer Atem kommen wir gerade noch rechtzeitig in der Schule an. Wir setzen uns auf unsere Plätze, als Frau Haruna, mit einem Gesicht wie sieben Tage Regenwetter, in den Klassenraum kommt und hinter ihr ein grimmig blickender Mann.

"Klasse, hört bitte zu, was Herr Morani und ich euch zu sagen haben." Shinji-kun neben mir flüstert mir zu: "Herr Morani ist der Schulleiter!" Ich schaue ihn geschockt an. "Schulleiter?! Was will der denn hier?" flüster ich zurück. "Es hat vielleicht was mit Sachiko-san's Verschwinden zu tun?"

"Hey! Shinji-kun und Araki-san! Hört auf zu tuscheln und hört zu!" ermahnt uns Frau Haruna. Sofort sind wir still. "Also dann, ich übergebe das Wort nun an Herr Morani." "Danke, Frau Haruna. Klasse 1-F. Mir ist zu Ohren gekommen, dass eine Schülerin dieser Klasse auf dem Heimweg verschwunden ist." Ein Raunen geht durch die Schüler. 

Überall hört man Geflüster. "Ruhe bitte!" ruft Frau Haruna dazwischen. Herr Morani fährt fort: "Die Polizei hat schon mit der Suche begonnen und mich gebeten, einige Sicherheitshinweise an euch weiterzugeben, damit sich dieser Vorfall nicht mehr wiederholt." "Zuerst: Habt immer ein Handy dabei."

"Was soll das ganze?" flüstert Shinji neben mir. "Zweitens: Ihr geht immer mindestens zu dritt nach Hause. Frau Haruna wird diese Gruppen einteilen. Redet nicht mit Fremden und geht möglichst immer direkt nach Hause! Ohne Umwege! Das war's von mir. ich übergebe nun wieder das Wort an Frau Haruna." Dann geht er aus den Raum. 

Frau Haruna räuspert sich und teilt dann die Gruppen ein. Es war von Anfang an klar, dass Yui und ich in einer Gruppe sein werden, aber uns fehlt die dritte Person. "Araki-san und Kobayashi-san, ihr seid leider nur zu zweit, aber jemand aus einer anderen Klasse bietet sich an." "Und wer ist das?" "Na, dein Bruder." Seit wann geht Takeru auf meine Schule?

"Er hat am Montag gewechselt. Du hast wahrscheinlich wegen deinem Nasenbruch nichts mitbekommen." "Stimmt, kann sein. In welcher Klasse ist er denn jetzt? Wissen Sie das zufällig?" "Nein, aber Herr Nakata weiß das bestimmt. Er ist sein Klassenlehrer." Herr Nakata, unser Sportlehrer? Der, der uns Mädchen etwas gruselig erscheint? Wenn's sein muss...

In der nächsten Pause suche ich mit Frau Haruna das Lehrerzimmer auf und frage höflich nach Herr Nakata. "Was willst du?" fragt er mich nuschelnd. Er klingt sehr schlecht gelaunt. "Herr Nakata, ich wollte sie fragen, ob sie wissen, wann mein Bruder Takeru Araki heute Schulschluss hat und in welcher Klasse er ist." 

"Araki... Araki Takeru... Lass mich überlegen... Ist das nicht der große Bursche, der seit Montag hier ist?" "Ja." antworte ich ihm. "Der hat gleich noch 2 Stunden Sport mit mir und danach ist Schluss. Ich betreue die 3-B, da ist er drin." "Ok. Vielen Dank!" Er nickt und geht wieder an seinen Schreibtisch. 

Zwei Stunden später warten Yui und ich am Schultor auf Takeru. Wir verabschieden uns noch von Ri, Miu und Yukio, die eine Dreiergruppe bilden. Shinji kommt ebenfalls zu uns. Er nimmt mich in den Arm. Erst jetzt realisiere ich, wie ernst die Lage wirklich ist. Es stürzt alles auf mich ein und ich spüre die ersten Tränen mein Gesicht runter laufen.

Ich lege meinen Kopf auf Shinji's Schulter und er drückt mich noch mehr an sich. "Lass es raus. Ich weiß es ist schwer, stark zu bleiben. Schließlich ist sie deine beste Freundin." Er streicht mit seiner einen Hand über meinen Rücken und mit seiner anderen Hand über meinen Kopf. "Kazumi-san?" "Ja?" Meine Stimme ist leise und brüchig. 

"Dein Bruder ist da." Ich löse mich von Shinji und schaue schniefend zu Takeru. Meine Nase schmerzt. Takeru drückt meine Tasche Yui in die Hand und nimmt mich Huckepack. Mit dem Kopf auf seiner Schulter weine ich lautlos weiter. Yui geht uns wortlos hinterher. Sie stellt keine Fragen und dafür mag ich sie in solchen Situationen.

Zu dritt grübeln wir über den Hausaufgaben und schaffen diese irgendwann auch. Yui bleibt auch diese Nacht bei mir. Sie wohnt eigentlich mit ihrer Großmutter hier, aber diese hat kein Problem damit, dass Yui bei mir übernachtet. Im Gegenteil, sie freut sich sogar darüber. Solange Yui mir damit hilft, kann sie so lange weg bleiben, wie sie möchte.

Tokyo, mein neues ZuhauseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt