"Marcus, wo hast du nur gesteckt? Hast du auf dem Heimweg gebummelt du dummer Junge? Mach das du in die Küche kommst, das Geschirr von heute morgen muss noch abgewaschen werden!"
Ich nickte bedrückt, verkniff mir die Bemerkung, dass ich nicht einmal bei ihnen mitgegessen hatte, und trottete an meiner Mutter vorbei die Treppe hoch. Obwohl ich leise war, hörte mich mein Vater im Wohnzimmer aufstehen. "Marcus, hier liegt überall dreckige Wäsche herum! Aufsammeln und in die Waschmaschine, aber dalli!"
"Ja Vater", murmelte ich leise, bog von meinem eigentlichen Weg ab und hob die Tshirts, Unterhemden und Socken auf, die kreuz und quer verstreut lagen und auf die der hochgewachsene Mann, der sich mein Erzeuger schimpfte, mit ausgestrecktem Zeigefinger deutete. Auf einigen der Kleidungsstücke waren deutliche Schwitzflecken zu erkennen. Angewidert hob ich alles nur an den äußersten Ecken auf. Es war echt eine Schweinerei, wie solche zivilisiert wirkenden Menschen privat lebten. Ich hätte es keinen Tag in so einem Saustall ausgehalten, sie hoben das ganze sogar eine Woche lang auf, bis ich es endlich für sie wegräumen durfte.
Als ich alles beisammen hatte, verließ ich hastig den Raum, bevor Vater noch etwas nach mir warf, um mir Beine zu machen. Das Waschzimmer war noch eine Etage weiter oben, gegenüber den Zimmern meiner Geschwister. Deprimiert stopfte ich grade die Klamotten in die Waschmaschine, als etwas Hartes gegen meinen Hinterkopf prallte und mich Sterne sehen ließ, gefolgt von lautem Gelächter. "Ey du, ich hab auch noch was für dich, wo du schon grade dabei bist!"
Benommen drehte ich mich zu meinem Bruder um, der im Türrahmen lehnte und mich von oben herab ansah. Das was er nach mir geworfen hatte, war sein Gürtel gewesen, er mich natürlich genau mit der Schnalle voran erwischt hatte. An der Stelle pochte es schmerzhaft, bestimmt würde das die nächste Beule werden. "Den kann man nicht in der Maschine waschen", versuchte ich ihm zu erklären. Das sorgte aber wiederum nur dafür, dass dieser Trottel mich noch breiter angrinste: "Dann halt per Hand, zu was bist du denn sonst nütze?" Er drehte lachend ab und kam keine Minute später wieder, ein Körbchen in den Armen, das er über mir auskippte und mich unter einem Haufen aus schmutziger Unterwäsche begrub. "Bis später, ich geh auf ne Party", verabschiedete er sich dann endgültig und verschwand.
Mich vor Ekel schüttelnd befreite ich mich aus dem miefenden Stoff und warf alles ohne einen zweiten Blick zu den Klamotten von meinem Vater. Das heißt fast alles. Bis ich zwischen den Boxershorts ein benutztes, zugeknotetes Kondom ertastete.
Mein erster Reflex war, es angewidert von mir zu schmeißen und weit weg zu krabbeln. Ich hasste es! Ich hasste ihn! Das war sicherlich Absicht gewesen! Obwohl nichts außen dran gewesen war, fühlte ich mich plötzlich furchtbar schmutzig. Sofort Hände waschen oder, besser noch, ausgiebig duschen, um auch die Angespanntheit loszuwerden. Aber das war Wunschdenken. Zuerst die Hausarbeit, danach meine eigenen Bedürfnisse. Sonst folgten nur schlimme Strafen. Also weitermachen, das widerliche Ding mit gerümpfter Nase in den Mülleimer entsorgen und mir mehrmals die Finger notdürftig an der Hose abwischen. Innerlich schüttelte es mich trotzdem noch.
Auf dem Weg nach unten hörte ich meine Mutter aus der Küche rufen. Verdammt, das Geschirr! Das hatte ich beinahe vergessen! Schnell sprintete ich die restlichen Treppenstufen nach unten und kam schwer atmend im Türrahmen an, wo meine Mutter mit in die Seiten gestemmten Armen wartete. "Du dummer Junge, hast du schon wieder getrödelt? Es warten noch jede Menge Aufgaben auf dich, also leg jetzt einen Zahn zu oder du erfährst dein blaues Wunder!"
Eingeschüchtert nickend quetschte ich mich an ihr vorbei, entsorgte rasch und sorgfältig die letzten Essensreste von den Tellern, räumte den Geschirrspüler ein und putzte anschließend noch die Küchenzeile blitzblank. Ihre Adleraugen ließen mich dabei kein einziges Mal außer Acht und fanden natürlich auch wie immer einen winzigen Flecken, den ich übersehen oder nicht gründlich genug geschrubbt hatte. Das setzte eine heftige Ohrfeige für mich, doch der Schmerz drang schon gar nicht mehr wirklich zu mir durch. Mit gesenktem Blick ließ ich den Lappen so oft über die bemängelte Stelle kreisen, bis man sich in ihr spiegeln konnte. Dann bekam ich auch schon einen Besen in die Hand gedrückt und den Befehl, die Straße vor dem Haus zu kehren.
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Zeig mir was Leben ist! (#Stexpert)
FanfictionMein Leben bei meiner schrecklichen Familie war nicht länger auszuhalten, also bin ich abgehauen, mitten in der Nacht, ohne Ziel und nur mit dem Wunsch, woanders von vorne anzufangen. Dass ich dadurch meine Bestimmung, meine Zukunft und einen echten...