Ich träumte, dass ich draußen auf dem Hof saß, nicht weit von Mollys Gemüsebeeten entfernt und die Sterne beobachtete. Es war eine klare Nacht, nicht kalt, aber es ging ein leichter Wind, der die langen Grashalme wogen ließ wie Wellen auf einem See. Durch den Vollmond leuchtete alles in einem hellen, silbrigen Licht und sogar die Milchstraße konnte ich am Himmel erkennen. Hier draußen war sie so deutlich zu sehen wie nie zuvor in meinem alten Zuhause und ich hätte Ewigkeiten hier sitzen mögen, um sie zu betrachten.
„Hier bist du! Nimm das, du erkältest dich sonst noch!" Ich schaute neben mich und registrierte mit aller Selbstverständlichkeit, wie Tim sich neben mich setzte und mir eine Jacke von ihm entgegen streckte. Zuerst wollte ich widersprechen, dass mir warm genug war, doch im selben Moment kam eine steife Brise auf, die mich tatsächlich frösteln ließ. „Danke", murmelte ich also und zog mir die Jacke über, „Wie war der Ausritt?"
Tim kicherte leise: „Ich sollte öfters mal in der Nacht ausreiten, das hat Spaß gemacht!"
Der Wind frischte weiter auf und unabgesprochen rutschten wir zusammen. Mir machte seine Nähe seltsamerweise nichts aus, hier hegte ich keine Hintergedanken an seine Motive. Wir wärmten uns bloß und wehrten zusammen den immer hartnäckigeren Luftzug ab. Wir lachten sogar gleichzeitig, als eine besonders heftige Böe Tims offene Haare erfasste und nach vorne in sein Gesicht kämmte. So sah er aber auch zu witzig aus, erst recht als er versuchte, die Strähnen mühselig wieder zu ordnen und zurückzuwerfen. Es gelang ihm nur mittelmäßig und besonders eine auffällige Strähne hing ihm weiter tief in die Stirn. Tim bemerkte sie einfach nicht, also war es an mir, irgendwann meine Hand auszustrecken und ihm zu helfen. Tim sah mich verwundert an, ich erwiderte seinen Blickkontakt.
Mir war bisher nie bewusst aufgefallen, welche Augenfarbe er eigentlich besaß. Nur dass sie sehr dunkel waren wusste ich, so dunkel dass Iris und Pupille aus der Entfernung scheinbar miteinander verschmolzen. Und obwohl es gerade tiefste Nacht war, erkannte ich jetzt doch gestochen scharf den Farbton von zartbitterer Schokolade, tiefbraun und mit einer undefinierbaren Wärme darin. Sie schenkte mir Zutrauen und Mut und beinahe unbemerkt überquerte ich den letzten Abstand zwischen uns. Der Junge neben mir legte neugierig seinen Kopf schief. „Du, sag mal. An welchem Ufer schwimmst du eigentlich?", fragte er mich dieselbe komische Frage wie schon an meinem ersten Abend auf dem Hof. Spätestens hier hätten eigentlich meine Alarmglocken klingeln sollen, aber ich tat alles mit einem simplen Schulterzucken ab. „Weiß selber gar nicht mehr so genau", hörte ich mich noch nuscheln, dann beugte ich mich vor und tat den Schritt, für den ich Tim bisher immer so verteufelt hatte.
Seine Lippen schmeckten gut. Sie waren warm und weich und gaben mir doch gleichzeitig einen sanften Widerstand. Wow... das fühlte sich weniger schlimm an als gedacht! Erstmal beließ ich es bei diesem einzelnen Testkuss und zog mich wieder zurück. Tim sah glücklich aus. „Nochmal?"
„Okay." Doch bevor wir uns in der Mitte treffen konnten, hörte ich ein mürrisches Brummen und riss erschrocken meine vor gespannter Erwartung geschlossenen Augen weit auf.
Diesmal war es pechschwarz um mich herum. Und ich merkte, dass ich gar nicht mehr saß, sondern lag und ein kalter Lufthauch meinen Rücken erreichte. Hatte... hatte ich das eben etwa nur geträumt? Es hatte sich so real angefühlt, der Wind, der Hof und Tim auch-
Mit einem Schlag war ich hellwach. Oh Gott! Ich hatte geträumt, dass ich Tim geküsst hatte! U-und ich hatte es gar nicht so übel gefunden. Was machte ich jetzt? Änderte das irgendwas an uns? Oder war es wirklich nur ein dummer Traum gewesen?
Ich fröstelte. Im Schlaf musste ich meine Bettdecke komplett durcheinander gebracht haben, sodass sie nicht mehr um meinen Körper herum reichte. Doch als ich mich bewegen und das in Ordnung bringen wollte, bemerkte ich noch etwas viel schlimmeres. Ich hatte eine Erektion. E-etwa auch durch den Traum? Mein Gesicht wurde glühend heiß vor Scham. Ausgerechnet das noch...
Ich versuchte, an etwas anderes zu denken als den Kuss, Tim oder mein offensichtliches Problem, doch das brachte nichts. Auch meine Beine überkreuzen machte es nicht besser. Ob ich vielleicht ins Bad gehen und mich schnell mit kalten Wasser waschen sollte? Aber die Entscheidung wurde mir prompt abgenommen, als ich hinter mir ein Geräusch hörte. Tim brummte wieder im Schlaf, wälzte sich herum und sagte Sekunden später plötzlich deutlich hörbar: „Scheiße..."
Ich bewegte mich nicht. „Stegi?", fragte er in die Stille. Ich antwortete ihm nicht, lag nur regungslos da mit meiner unangenehmen Beule in meiner Unterhose und dem Bedürfnis, vor lauter Scham im Boden versinken zu wollen. Tim murmelte noch etwas unverständliches zu sich selbst und kurz hoffte ich, er würde gleich wieder einschlafen, damit ich ins Badezimmer konnte. Aber natürlich tat er mir den Gefallen nicht. Zuerst wusste ich nicht, was er da tat, ich hörte nur leises Knautschen seiner Matratze und seine ungewöhnlich tiefen Atemzüge. Als dann jedoch noch ein... feuchtes, glitschiges Geräusch dazu kam und Tims Atmung sich in Stöhnen verwandelte, konnte ich es mir gut vorstellen. Er hatte das selbe Problem wie ich, aber einen deutlich effektiveren Weg, um sich darum zu kümmern. Er konnte nicht wissen, dass ich wach war und zuhören musste, wie er sich selbstbefriedigte. Schließlich hatte ich mich schlafend gestellt, als er nach einer Reaktion von mir gesucht hatte. Schon das zweite Mal. Das zweite Mal heute. Und das hier war noch verstörender für mich als vorhin.
Mit jedem Ton aus Tims Kehle wurde das Gefühl da unten schlimmer. Es begann zu kribbeln und zu zucken und so heftig zu werden, dass ich mir hastig eine Hand auf den Mund pressen musste, um nicht vor Schmerz zu wimmern. Es tat so weh... Gerade als ich dachte, es nicht mehr aushalten zu können, kam von Tim ein ganz besonders scharfes Geräusch. Das Stöhnen verstummte und er kehrte zurück zu tiefen Atemzügen. Er war fertig. Gott sei Dank! Dachte ich, bis sich plötzlich etwas warmes, klebriges auf Höhe meines Unterkörpers verteilte und den Stoff meiner Boxershort unangenehm eng an meine Haut presste.
Wie sollte ich Tim morgen nur unter die Augen treten...?
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Zeig mir was Leben ist! (#Stexpert)
FanfictionMein Leben bei meiner schrecklichen Familie war nicht länger auszuhalten, also bin ich abgehauen, mitten in der Nacht, ohne Ziel und nur mit dem Wunsch, woanders von vorne anzufangen. Dass ich dadurch meine Bestimmung, meine Zukunft und einen echten...