V - Alleine im Wald (Luca)

1.3K 69 2
                                    

Wir gingen los und ich lies mich ein wenig nach hinten fallen, bis ich fast der letzte war. Ich wusste nicht, was vorhin passiert ist, und ob ich mich nicht einfach falsch verhalten habe. Allein die ganze Sache mit dem auf der Bank. Er saß so dicht bei mir. Dann auch noch, dass mit der Taschenlampe. Ich wusste nicht, ob ich mir vieles nur einbildete, oder ob es mir wirklich so vorkam, als würde er es in Ordnung finden. Ich mein, ich bin bekannt dafür, nicht unbedingt der beliebteste zu sein... jetzt im positiven Sinne. Und das mit meiner Deutschlehrerin kam mir auch immer wieder in den Kopf.

„Luca? Magst du nicht ein wenig schnelle gehen?", kam es von Herr Schnait. Ich schaute hoch und merkte, dass ich viel weiter hinten war, als gedacht. Ich muss wohl immer langsamer geworden sein. Ich holte die gut zehn Meter auf. Wir waren nun im Wald. Ein wenig komisch war es schon. Ich kannte es von zu Hause im Wald unterwegs zu sein. Justin und ich haben viel Zeit im Wald verbracht. Aber da kannte man alles. Man wohnt ja schließlich auch in der Nähe. Aber hier... es war komisch.

Plötzlich merkte ich jemand neben mir auftauchen. Ich schaute zur Seite und jemand im schwarzen Hoodie ging neben mir. Wo kam er her?

„Max?", fragte ich, „Alles okay bei dir?" Er regte sich nicht. Ich ging etwas weiter vor um ihm ins Gesicht schauen zu können.

„Ja klar. Alles okay.", kam es plötzlich zurück. „Ich wusste nur nicht wo du warst, und als Herr Schnait dich gerufen hatte, habe ich dich so weit hinten gesehen... und gewahren." Den letzten Teil habe ich nicht richtig verstanden. Was gewahren?

„Was?", fragte ich. Er schaute mich an. Seine Augen schienen ein wenig rot zu sein. „Ich sagte, ich habe gewartet."

In seiner Stimme lag ein leichter Ton von Aggressivität. Ich wollte aber nicht, dass er wütend ist. Luca, was machst du hier nur. Es ist Max, einen Jungen den du heute erst kennen gelernt hast. Du kannst ihn noch nicht einschätzen.

Aber vielleicht will ich es ja können, redete ich mir selbst entgegen. Er hat also auf mich gewartet. Vielleicht sollte ich ihn in ein Gespräch verwickeln. Nur über was... ich wusste ja nicht mal was er für Hobbies und Interessen hat. Und Lesen war nicht meins. Da kannte ich mich nicht aus.

„Ahh!", rief er neben mir. „Ihh! Waahh... ich hasse den Wald. Warum konnten wir nicht einfach in der Herberge bleiben?" Ich schaute zu ihm rüber. Er fuchtelte mit seinen Händen um seinen Kopf herum und versuchte die Spinnweben wegzumachen. Ich fand es eigentlich schon witzig, nur wollte ich nicht lachen.

„Dieser Schwachsinn hier. Laufen hier nachts durch irgendeinen Wald...", rief er raus.

„Ach Max, hab dich nicht so. Es ist doch nichts passiert. Es sind nur Spinnweben. Die Spinne wird dich auch nicht auffressen." Ich lächelte ihn an und stieß ihn ein wenig am Arm an. Er schaute mit prüfendem Blick zu mir.

„Dir kann es doch egal sein."

„Max, jetzt hör aber mal auf.", rief ich und hielt ihn am Arm fest. „Was soll denn dieser Schwachsinn von ‚Das interessiert dich doch eh nicht' und diesem falschen Getue. Ich weiß, dass ich nicht der bin, der ich sonst bin. Aber vielleicht liegt es auch einfach daran, dass ich heute jemanden kennen gelernt habe, den ich schon seit fünf Jahren jeden Tag sehe, aber nie ein Wort mit ihm gewechselt habe." Er schaute nach unten.

„Max, es geht mir nicht darum dich als Freund zu gewinnen um dich dann aufs Ohr zu hauen. Oder dich damit dann fertig zu machen. Es ist nur, dass ich selbst nicht genau weiß, warum ich dich nicht schon vorher mal angesprochen habe."

„Luca... ich... Ich versteh dich schon. Nur versteh auch mich. Jemand den du seit fünf Jahren siehst, der aber nie mit dir ein Wort wechselt, und plötzlich auf einer Klassenfahrt damit anfängt, macht sich schon ein wenig suspekt. Ich will dir da nichts unterstellen, nur kann ich auch nicht einfach sagen, kein Problem. Lass uns Freunde sein. Ich kenn dich nicht."

„Und genau deswegen will ich dich kennenlernen. Weil ich fünf Jahre versäumt habe." Ich hielt ihn mit meinen Armen an den Schultern fest. Ich wollte, dass er mir zuhört.

„Ich dich auch."

Er schaute mich mit großen Augen an. Es war schon wieder so ein seltsamer Moment, wie vorhin auf der Bank. Er bewegt sich nicht, der Kontakt zwischen meinen Händen und seinen Schultern wirkte immer intensiver, als würde er selbst noch zudrücken. Dann schaute er um sich... sein Blick ging von rechts nach links.

„Wo sind die anderen?"

u

KlassenfahrtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt