IV - ...und wenn ich dich kennenlerne? (Luca)

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Wir standen im Innenhof. Gleich ging es los zur Nachtwanderung. Ich wusste nur nicht, wo Max die letzten zwei Stunden war. Suchen und hinterher laufen kam seltsam und ich wollte ihn eigentlich auch nicht bedrängen. Es war mir einfach nur sehr peinlich, und ich wusste auch nicht so recht, was ich sagen sollte, wenn ich ihn wiedersehen würde. An sich ließ es sich nicht verhindern. Spätestens heute Abend würde ich ihn auf meinem Zimmer wiedersehen. Doch meine Gedanken verschwanden sofort als ich neben mir auf Bank jemanden bemerkte. Ein Arm berührte meinen. Ich schaute leicht zur Seite. Max setzte sich, ein einen großen Hoodie gehüllt, neben mich auf die Bank. Wir warteten noch auf einige der Mädchen. Sie musste sich für die Nachtwanderung erst herrichten. Ich sagte nichts, und auch Max schien nichts zum Sagen zu haben.

"Was die Mädchen immer so lange brauchen.", meckerte unserer Lehrer. "Hey, hör auf. Wenn du selbst ein Mädchen wärst, würdest du das anders sehen." Entgegnete eine der Lehrerinnen, die auch mitgekommen waren. Insgesamt waren wir drei Klassen mit vier Lehrern.

Ich schaute zu meiner Rechten wo Max saß. Er hatte eine lange schwarzblaue Jogginghose an und trug, wie bereits festgestellt, einen etwas zu großen Hoodie. Seine Haare waren ein wenige verstrubbelt. Ich konnte meinen Blick irgendwie nicht von ihm losreißen. Ich hatte ihn noch nie so genau betrachtet.

"Was ist?", fragte Max während er einen kleinen Lachanfall bekam. Ich spürte wie mein Gesicht komplett rot wurde und ich einfach nicht wusste, wie ich mich verhalten sollte. Es war mir mehr als peinlich. Doch eigentlich war mir das nicht so wichtig. Max versuchte sich zurückzuhalten, um nicht so auffällig zu lachen.

„Nichts. Alles in Ordnung.", sagte ich und schaute peinlich weg. Ich wusste, dass er genau den Grund wusste. Er war nämlich selbst in diesem Moment erstaunt mich einmal so genau betrachten zu können. Aber peinlich war mir mein rotes Gesicht trotzdem.

Die restlichen Mädchen trudelten ein und sie setzten sich ebenfalls auch die Baumstämme, welche zu Bänken umfunktioniert waren. Herr Schnait fing an uns den Ablaufplan zu erklären.

„Wir laufen in gut zehn Minuten los. Das heißt jeder kann noch mal zur Toilette und alles mitnehmen, was er braucht. Denkt bitte an euer Handy!", er schaute auf einen der Zettel vor ihm. „Wir laufen dann hier am Rand des Sees entlang, bis wir hinten durch den Wald, am Lagerfeuerplatz ankommen. Da kann dann jeder noch eine Kleinigkeit essen. Wir haben Brote und Fleisch dabei. Also, das ist für alles gesorgt."

Die anderen Lehrer gingen rum und gaben jedem eine Taschenlampe. Als meine Deutschlehrerin, und Klassenlehrerin der Parallelklasse, bei mir ankam, schaute sie etwas verdutzt. Ich konnte mir schon denken was der Grund war. ‚Warum sitzt Luca neben Max'? Das wäre in ihren Augen das absolut sinnloste überhaupt. Normalerweise würde ich bei Justin und Thaddeus sitzen. Doch irgendwie, wollte ich nicht. Vielleicht auch, weil ich mehr Interesse an dem Jungen neben mir hatte, als an meinen Freunden die ich schon seit Jahren kenne. Es ist einfach die Neugier, die es so spannend macht.

„Ah und Getränke haben wir auch.", riss mich Herr Schnait aus meinen Gedanken. Ich spürte langsam die Wärme die von Max' Arm durch seinen Hoodie an mich überging. Ich hätte wegrutschen können. Aber ich wollte nicht. Ich weiß nicht genau warum. Vielleicht einfach, weil ich keinen Grund hatte. Er hatte nichts gemacht, wollte nichts, und saß einfach nur da.

„Also, dann ist für jeden jetzt noch kurz Pause, und dann geht's los." Und schon sprangen alle auf. Doch ich blieb sitzen. Und Max auch. Alle gingen nach und nach los. Ich knipste meine Taschenlampe mehrmals an und aus. Ich hatte alles dabei was ich brauchte.

Plötzlich griff Max auf meine Hände und nahm mir die Lampe weg. Ich schaute ihn verwundert an.

„Ich weiß ja nicht, wie's bei dir so läuft, aber du blendest mich schon die ganze Zeit damit.", sagte er ein wenig sauer. Aber ich habe doch gar nichts gemacht. Oh, ich habe scheinbar immer die Lampe direkt in seine Richtung gehalten. Er drückte sie mir wieder in die Hand. Ich kam mir vor, wie ein kleines Kind, dem man alles sagen muss, was es darf und nicht.

Doch er nahm seinen Arm nicht wirklich weg. Er lag immer noch auf meinem und ich hatte auch das Gefühl, das er in den letzten zwei Minuten dichter kam.

Ich schaute nach vorne zu den Lehrern. Meine Deutschlehrerin stand mit den anderen drei Lehrern zusammen. Sie lächelte mich seltsam an. Dann zwinkerte sie einmal und drehte sich den anderen wieder zu. Es wurde von Sekunde zu Sekunde gruseliger. Was wollte sie mir damit jetzt sagen?

Ich schaute zu Max. Er blickte runter auf seine Taschenlampe. Ich schaute wieder nach vorne zu meiner Lehrerin. Sie blickte wieder zu mir und lächelte leicht. Dann bewegte sie ihren Kopf, als würde sie mir etwas sagen wollen. Ich schaute zu Max und dann wieder zu ihr. Sie verstand, und ich auch.

„Max? Es tut mir leid, was vorhin passiert ist.", fing ich an. Der braunhaarige schaute mich an. „Dass ich deinen Namen nicht wusste und irgendwie... es war mir einfach peinlich."

Luca... was machst du grade? Solche Sachen sind nicht deine Stärke und gerade jetzt, solltest du besser den Mund halten.

Doch ich redete einfach weiter.

„Gut ich wusste nicht wie du heißt. Ich kenn dich auch nicht so gut. Aber... vielleicht kann ich dich kennen lernen?"

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