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Yoongi spürte schon den Atem des Jüngeren auf seinen Lippen, doch auf einmal kamen in ihm Erinnerungen hoch, welche er am liebsten verdrängen würde. Sofort rückte er etwas von Taehyung weg und schaute auf den Boden.

"E-es tut mir leid Yoongi..Ich wollte dich zu nichts drängen" , stotterte Taehyung.

"Könntest du gehen? Bitte.."

"Yoongi..I-ich.."

" Geh!"

Verletzt nickte Taehyung und erfüllte Yoongis Wunsch, indem er sein Zimmer verließ.

Yoongi stand vom Bett auf und ging zum Fenster, aus dem er hinaus schaute und seufzte.

Der Wind wehte und wirbelte die Blätter, welche auf dem Boden lagen umher.

Es war ein Farbenspiel aus rot, orange, gelb und braun.

Es erinnerte ihn daran, als er damals mit seinen Eltern immer im Herbst raus ging, um Blätter, Eicheln und Kastanien zu sammeln.

Die Blätter presste er immer und klebte sie auf, und aus den Eicheln und Kastanien bauten sein Vater und er Figuren.

Ein trauriges lächeln umspielte seine Lippen bei dieser Erinnerung. Seine Eltern haben immer dafür gesorgt, dass er eine schöne Kindheit hatte, an die er sich später erinnern würde.

Das tat er; jedoch waren wenige Erinnerungen positiv. Ein Schauer lief ihm über den Rücken und er versuchte, sich wieder auf das Windspiel außerhalb zu konzentrieren.

Der Wind wehte die verschiedenfarbigen Blätter umher und ließ diese in der Luft tanzen. Immer wilder flogen die Blätter umher, bis sie von Wassertropfen zu Boden gedrückt wurden.

Das Leben glitt aus der Kulisse und die so eben fröhlichen Farben, wurden trüb und matt.

Er bezog die Situation mit den Blättern und dem Regen auf sich selbst. Früher war er auch voller Leben und hatte Spaß daran, doch heute kämpfe er mit sich selbst, es nicht zu beenden.

Immer wieder aufs Neue fragte er sich, weshalb es dazu kommen musste. Wieso konnte er nicht ein normales Leben führen? Wieso konnte er nicht glücklich sein? Mit seiner Familie leben? Eine Beziehung führen? Was hatte er getan, dass er nun solch ein Leben führen musste?

Ihm wurde klar, dass er nie wieder normal leben könnte. Die Erinnerungen würden niemals vergehen und die Narben auf seinem Körper würden ihn auch immer daran erinnern. Nie würde er jemanden finden können, der ihn lieben könnte. Denn wer könnte jemanden suizidalen lieben?

Er senkte seinen Blick und spielte mit den Ärmeln seines Pullovers. Seine Gedanken schweiften zu Taehyung. Wahrscheinlich hasste er ihn jetzt, da er ihn von sich gestoßen hatte. Yoongi wusste nicht, weshalb er Taehyung so nah an sich heran ließ, doch er tat es. Er verspürte ihm gegenüber etwas, was er noch nie gefühlt hatte und er wusste nicht, was es war und ob es ihm gefiel, doch es war nicht unangenehm.

Es war ihm ein Rätsel, was der Junge in ihm auslöste und er konnte keine Antwort darauf finden. Er zog die Ärmel seines Pullovers hoch und fuhr sich seufzend durch die Haare. Seine Hände ruhten in seinem Schoß und seinen Blick wendete er vom Fenster ab und senkte ihn.

Er schaute sich die vielen Narben an, welche seine Unterarme schmückten und fuhr sanft mit seinem Finger über die zwei, wegen denen er nun hier saß.

Hätte man ihn damals doch bloß nicht gefunden, dann wäre er nun nicht mehr hier, sondern an einem besseren Ort.

Tränen sammelten sich in seinen Augen und ein unangenehmer Schauer durchfuhr ihn.

Druck baute sich in ihm auf und er versuchte, sich abzulenken, jedoch brachte es nichts.

Seine Gedanken kreisten um die Scherben, welche Taehyung vorhin mitgenommen hatte.

Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass es mittlerweile Mitternacht war.

Vorsichtig schlich er aus seinem Zimmer und huschte durch die Flure, bis er vor Taehyung's Tür stand. Er klopfte vorsichtig, um sicher zu gehen, das er schlief und als keine Reaktion kam, betrat er leise das Zimmer.

Seine Augen, die sich schon an die Dunkelheit gewöhnt haben, scannten den Raum, auf der Suche nach dem Pullover, den Taehyung heute getragen hatte. Als er ihn auf dem Stuhl hängend erblickte, ging er auf diesen zu und griff in die Tasche.

Er spürte in seiner Hand den spitzen Gegenstand und ging daraufhin an, zu grinsen. Sofort verließ er den Raum genauso leise, wie er ihn auch betreten hatte und schlich zurück in sein Zimmer.

Dort angekommen setzte er sich auf sein Bett und öffnete die Schublade des Nachtschrankes, um eine Packung Taschentücher herauszuholen.

Ganz genau betrachtete er den scharfen Gegenstand, welcher in seiner Hand lag.

Er könnte alles so einfach beenden.
Er könnte frei sein.
Er könnte diesen Qualen entkommen, doch die Angst, dass es wieder nicht klappen würde, hielt ihn auf.

Außerdem hielt ihn der Junge auf, den er vor kurzem kennengelernt hatte.

Er hätte nicht damit gerechnet, dass eine einzige Person ihn davon abhalten konnte, sein Leben zu beenden. Er würde es nicht beenden. Nicht heute, nicht so.

Vorsichtig ließ er die Scherbe über seinen Unterarm gleiten und atmete erleichtert auf. Er sah zu, wie dieser scharfe Gegenstand seine sanfte Haut spaltete und Blut aus den Wunden floss. 

Er wiederholte es einige Male an anderen Stellen und tupfte das Blut mit den Taschentüchern ab.

Danach stand er auf, um die Sachen in seinem Schrank zu verstauen, damit sie keiner fand.

Die Ärmel zog er wieder herunter und legte sich zurück ins Bett. Einige Minuten vergingen, in denen er die Decke anstarrte und seufzte.

Einerseits war er erleichtert, doch anderseits war er enttäuscht von sich selbst. Er wollte nicht mehr so weitermachen, doch er konnte nicht anders. Es lenkte ihn ab; wenn auch nur für einen kurzen Moment.

Er zog sich die Decke bis zum Hals hoch, schloss seine Augen und wartete auf den Schlaf, der auch kurze Zeit später eintraf.





Nicht wundern, ich musste das Kapitel neu Posten, da Wattpad so nett war das Kapitel zu löschen. Es ist bisschen  anders als davor, aber ich hab mir Mühe gegeben c:

Psychological Feelings [TaeGi/JiKook]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt