-'18'- Nebenwirkungen

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GO F**K YOURSELF- Two Feet

P.o.V. Ardymon

Alles verschwamm vor meinem inneren Auge. Ich versuchte sie zu öffnen, aber es kam nur strahlend weißes Licht dazu, welches zu hell war, deswegen ließ ich es. Ich tastete neben mich, weiche Decken. Ich hörte Pieptöne, es roch nach gar nichts, nur ein bisschen chemisch.

Krankenhaus.

Meine Erinnerungen waren nicht mehr existenziell. Wage Bilder des gestrigen Abends rasten mir durch den Kopf. Alles ging zu schnell. Ich hörte wie sich die Tür öffnete und jemand den Raum betrat. Eine angenehme Aura lag in der Luft, es roch nach irgendeinem bestimmten Geruch, der mir jedoch unklar erschien.

Als ich die Augen dennoch öffnete, bereute ich es gleich wieder.

,,Verpiss dich."

Ich warf ein Kissen nach Thaddeus, der meine Gedanken mit seiner Anwesenheit beschmutzte. Er fing das Kissen auf und musterte mich mit einem undefinierbaren Gesichtsausdruck.

,,Ich hab wegen dir Sozialstunden bekommen."

Das interessierte mich nicht wirklich. Die Erinnerungen kamen langsam wieder in meinen Kopf.

,,Selbst Schuld. Wer falsch abbiegt. Und jetzt hau ab, du hast hier nicht mehr viel zu verlieren."

Jetzt hatte er einen traurigen Ausdruck bekommen. Um ihm zu provozieren, legte ich meinen Kopf schief und richtete mich auf. Ein Schmerz in meiner Schulter zog sich hin zu meinem Bein, als ich mich aufsetzte, aber ich versuchte es zu ignorieren. Die Wut in mir wuchs, als er anfing zu sprechen.

,,Du hast mir gar nichts mehr zu sagen, ich war nur hier, um mich für mein ganzes Verhalten zu entschuldigen. Aber wenn die Prinzessin damit nicht klar kommt-"

,,Nenn mich verdammt noch mal nicht Prinzessin!"

Eine Welle des Hasses stieg in meiner Brust auf und drohte überzuschwappen. Adrenalin jagte durch meinen Körper wie ein Stromschlag, der nicht mehr viel brauchte, um zu explodieren. Meine Handflächen juckten, ich produzierte in diesem kurzen Moment so viel Hass auf diese Person, dass sie lieber verschwinden sollte. Ich hatte ihn mit meiner Aussage beschützt, dass er weggehen soll. Ich hatte ihn vor einer Auseinandersetzung bewahrt. Das wollte ich nicht. Ich bereute es. Ich hasse ihn. Ich erkannte meinen Fehler zu spät. Draußen war es dunkel, doch das blieb nur als Hintergrundinformation in meinem Kopf, die so unnütz war, also vergaß ich wieder, dass es Nacht war. Es wurde schwarz vor meinen Augen, dann wieder hell. Ich schaute auf meine Arme, die sich gegenseitig zerkratzen. Meine Stimme kollabierte unkontrolliert, als sich unmenschliche Schreie meinen Hals hochrangelten.

Ich merkte, wie Taddl auf mich zu kam. Verschwommen nahm ich seine Bewegungen wahr. Er machte Anstalten um das Bett herumzugehen.

,,Nein, wehe, du Hurensohn, du drückst diesen scheiss Knopf, siehst du nicht, wie gut es mir geht, ich leuchte, ich brauch keinen Arzt."

Ich brüllte schon fast und sprang vom Bett auf, alles drehte sich, als ich mich an Taddls Hals hing, und er deswegen umkippte. Es wunderte mich, warum ich ihn zu Boden bekommen hatte, er war viel größer und stärker als ich. Für mich war das gerade der Kampf des Lebens, für imaginäre Außenstehende nur ein lustiges Ansehen, wo ein kleiner Teenager versuchte einen größeren Teenager (war er das überhaupt noch?) zu überwältigen. Das alles war mir hauptsächlich egal, nur rasten diese Gedanken in meinem Kopf so umher, wie tausende Schreie.

Mein Kopf schlug auf dem Boden auf, während ich mich über Taddl wälzte. Ich schlug meine Stirn gegen seine, während die Tränen nur so aus mir rausliefen. Den Schmerz ignorierte ich, schloss meine Hände um seine Arme, drückte sie mit aller Kraft auf den Boden und schrie ihm Beleidigungen an den Kopf. Er schaute mich die ganze Zeit nur an, jedoch sah ich die Wut auf mich in ihnen aufsteigen. Er wollte mich nicht von meinem Vorhaben abbringen. Das gab mir den Rest, ich riss sein perfektes Shirt etwas auf und begann auf seine perfekte Brust immer wieder einzuschlagen. Bohrte meine Fingernägel in sie ein, kratze, schrie, spuckte ihm ins Gesicht. Es regt mich so auf, er ist so perfekt und ich bin es nicht.

,,Du hast Angst vor dir selbst."

Dieser Satz zerstörte mich endgültig. Meine Augen weiteten sich, meine Fingernägel bohrten sich in meine Wangen, bis sie bluteten, Haare klebten an meinem verschwitzten Gesicht, welches nochmals auf dem Boden aufschlug. Immer wieder. Meine Augen verleierten sich so oft, bis man nur noch das weiße sah und somit nichts mehr.

Taddl ergriff meine Handgelenke und drehte uns, so dass ich unten lag. Meine Augen hatten sich an seine Hässlichkeit gewöhnt, als ich wieder anfing, ihn zu beleidigen.

,,Lass mich los, Arschloch."

Meine piepsige Stimme wurde zum Ende hin nur noch zu einem Krächzen. Mit aller Wucht hob ich mein Knie und traf ihn damit genau in seine Eier. Er schnappte nach Luft und ließ sich nach hinten fallen, als er aufschrie.
Dies ergriff ich als Chance und kletterte wieder auf ihn drauf und schlug auf seinen Oberkörper ein. Eigentlich brachte dies nicht viel, da meine Hände unheimlich klein waren und ich wegen dem ganzen Tränenschleier immer wieder den Boden traf. Meine Fingerknöchel bluteten, als ein heftiges Schluchzen meinen Körper durchfuhr. Mein Kopf sackte auf seine zerkratzte Brust, die sich heftig hoch und runter bewegte, als ehrliche Tränen aus meinen Augen kamen. Ich schluchzte, es hörte gar nicht mehr auf, wie mein falsches Leben, was so scheisse geworden war.

Eine Hand legte sich beschützerisch auf meinen Rücken, die andere fuhr meine Seiten entlang, anfangs zuckte ich zusammen. Taddl richtete sich auf und lehnte sich an eine Wand. Er tröstete mich so lang, bis die endlosen Schluchzer endlich weniger wurden und keine neuen Attacken meinen Körper übernahmen. Warum tut er das? Warum beschützt er mich vor mir selbst? Ich wehrte mich nicht. Er strich mir über die Haare und beruhigte mich mit seiner einfachen Geste, einfach nur, das er mich im Arm hielt.

,,Ich hab so Angst."

Ich flüsterte nur, hatte jedoch das Gefühl, dass jeder es auf der Welt gehört haben musste. Ich hatte mich an die Öffentlichkeit verraten, ihr meine Gedanken gesagt, das ist nicht gut. Meine Hand landete auf meiner Wange, es tat mir nicht weh. Ich spürte einen Griff um sie und riss meinen Kopf hoch. Taddl schaute mich ruhig an und machte keine Anstalten, meine Hand wieder loszulassen.

,,Damit tust du mir mehr weh, als dir selbst."

Ich wollte ihm kein Recht geben, aber er hatte es so verdient. Ich merkte nur noch, wie er meine Hand um seinen Hals legte und ich erschöpft aufgab, mich gegen das Alprazolam anzukämpfen. Sie verabreichen mir Xanax, weil ich ja das ach so schwierige Kind bin, was nie einschlafen und ruhig sein kann. Jetzt bin ich ruhig geworden und eingeschlafen. Und das nicht wegen dem Alprazolam.

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