-'38'- Flugzeuge

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BITE - Troye Sivan
P.o.V. Ardymon

Ich spürte Sabber an meinen Lippen, wachte in einer mir mittlerweile bekannten Umgebung auf, doch konnte ich mich an nichts erinnern. Die weiche Bettdecke rutschte von meinen Füßen und ich blinzelte verschlafen durch die Vorhänge. Mein Rücken war gefühlt durchgebrochen und ein ekelhaftes Gefühl haftete an meinen Zähnen. Ich hob schwankend meine linke Hand und platzierte sie auf T's Gesicht, die er murrend wegschob.

Ich lachte, dieses Geräusch ließ mich zurückschrecken. Es war hier so ruhig gewesen. Schmatzend drehte er sich von mir weg und ich beugte mich über seinen Rücken, um ganz nah an seinem Gesicht zu sein. Ich starrte ihn einfach an und grinste. Er dachte wahrscheinlich, ich war mental stehengelassen und hatte den Kindergarten nie beendet oder irgendwas in dieser Richtung, nur wollte ich die Geschehnisse des gestrigen Abends einfach ausblenden und so schnell wie möglich vergessen. Er drehte sich mit halbgeschlossenen Augen wieder zu mir um, seine Haare waren verwuschelt und ich konnte auf seine Tattoos schauen. Die symmetrischen Muster führten hinunter auf seine sich regelmäßig auf und ab bewegenden Schlüsselbeine und ich hatte freien Blick auf seine Brust.

Erschrocken schaute ich an mir herunter. Wenn er oberkörperfrei war, dann wollte ich gar nicht unter meine Decke schauen. Mein Puls beschleunigte sich, was wenn er sie alle gesehen hatte? Diese ganzen Geschichten, auf meiner Haut geschrieben, festgehalten, immer wieder abrufbar. Die Haare an meinen Armen stellten sich langsam auf und ich schlug die Decke zurück. Scheiße. Er hatte mir auch meine Hose ausgezogen. Ich strich über meine vernarbten Oberschenkel. Die Striche waren ganz klein, man sah sie kaum. Nur sie waren da und würden bleiben. Leise nahm ich meine Sachen und hoffte nur noch, das der Boden nicht zu sehr unter mir knarzen würde.

Mit meiner Jeans in der Hand schlich ich mich zur Eingangstür, sah Mary und Luna Arm in Arm im Bett schlafen und lächelte, ehe ich mir im Laufen meine Sachen anzog. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, warum ich gehen wollte, nur war es mir einfach unangenehm nach dieser Aktion jetzt mit ihnen zu reden. Das wollte mein Ego irgendwie nicht ganz mitmachen.

Meine Vans an den Füßen und mit der Kapuze ins Gesicht gezogen, verließ ich das Treppenhaus und inhalierte die frische Luft, die durch meine Atemwege strömte. Ich ging zum Wasser, rüber zur Brücke und setzte mich an das Ufer. Die weißen Wolken spiegelten sich darin und ich schaute in den Himmel. Es zogen Flugzeuge, wie Fische im Wasser ihre Wege und ich sah wieder hinunter ins Wasser. Da waren keine Flugzeuge, da war etwas anderes. Ich faste ins Wasser, in der Hoffnung, die Silhouette von ihm verwischen zu können, doch seine blauen Haare blieben standhaft. Ich schloss meine Augen, um die Peinlichkeit zu unterdrücken. Gerade dann, als er sich zu mir als Ufer beugte und meine Hand nahm.

,,He, Ards, du musst dich nicht für diese Wunden schämen, okay? Weißt du, es gab mal eine Person, die mich sehr geprägt hat und ich bin von ihr einfach nicht weggekommen, sie hat mir das auch gemacht, okay? Wir haben fast die gleiche Geschichte, doch so unterschiedlich.", sagte er und zog sein Shirt hoch. Ich erkannte runde Spuren, wahrscheinlich von Zigaretten. ,,Sie hieß Blue und hat sich umgebracht.", flüsterte T und schaute in den Fluss. Ich drückte meinen Körper gegen seinen und drückte ihn so fest, dass wir fast in den Fluss gefallen wären. Plötzlich begann mein Mund wirres Zeig zu reden und ich wünschte, ich wäre davor in den Fluss gefallen.

Wünschst du dir das wirklich?

,,Ich hab keinen Plan, was du mit mir machst, aber irgendwas ist da, irgendwas, ich weiß zwar nicht, was, aber irgendwas machst du mit mir.", nuschelte ich in sein weißes Shirt und kam mir gerade so unheimlich verletzbar und klein vor. ,,Ards.", er lächelte, als er meinen Kopf in seine großen Hände nahm und ihm diese vielen Strähnen in die Augen vielen. Seine eine Augenbraue war aufgeplatzt, genau wie seine Lippe, doch es sah schön aus. Er sah damit schön aus und ich konnte einfach nicht anders, als diese Perfektheit zu bewundern.

,,Verdammt.", flüsterte er, als er ganz nah an meinen Lippen war, mein Hals pochte mir bis zum Hals und ich war sprachlos, bis ich doch etwas sagte, was ihn in seiner Bewegung stoppen ließ.

,,Weißt du, ich glaube an Illusionen. Vielleicht sind wir eine Illusion, vielleicht bist du eine Vision einer Illusion meiner Gedanken, die gefangen sind, in einer Dimension, die sich in letzter Zeit wegen dir ziemlich oft überschlagen haben. Vielleicht ist Liebe auch bloß eine Illusion, ich weiß es nicht. Aber egal, ob es eine Illusion ist oder Einbildung ist, wenn man glaubt, dass es Liebe ist, dann ist es auch so. Ich weiß echt nicht, was ich fühle, nur da ist irgendwas. Irgendwas, irgendwas, vielleicht du. Vielleicht bist du meine Illusion." Er schmunzelte.

Es gab nichts schöneres, als diesen Moment, mit T hier am Ufer zu stehen und dieses Feuerwerk in meinem Inneren zu spüren, als sich seine Lippen auf meine legten.

IllusionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt