-'69'- Blaues Wasser

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P.o.V. Taddl

Ich konnte mir denken, wo er war, trotzdem drehte sich mein Kreis immer weiter und ich fühlte den Boden und die Decke an meinen Fingerspitzen. Er war an der Brücke. Ich konnte die Umrisse eines Menschen erkennen, je näher ich auf das Geländer zukam.

Doch was ich da sah, ließ mich die Sterne angreifen. Vor mir stand eine Person, die ich mehr hasste, als die Dunkelheit. Die ich mehr hasste, als alle Schatten auf der Erde. Die ich mehr hasste, als all den Schmerz, den ich wegen ihr durchleben musste. Vor mir stand Blue, in ihrer wahren Unehrlichkeit und ich konnte nichts dagegen tun, als sie einfach nur mit offenen Mund anzustarren. Ihre strohigen Balzen Haare wahren vom Wind in ihr Gesicht geehrt, sodass ich ihren Ausdruck nicht deuten konnte. Ich war so zerstört davon, dass sie mir die ganze Zeit geblieben war. Die ganze Zeit über, stand sie vor mir und ich hatte nicht einmal mehr mitbekommen, wie sie mir das Wichtigste wieder weggenommen hatte. Sie kam schleichend und ging mit einem Knall, und das immer wieder.

,,Wo..wo ist er?" Ich hörte das Rauschen des Flusses unter mir und die Vögel zwitscherten schon so laut, dass mein Kopf weh tat, ich wartete auf eine Antwort, die nicht kam. Sie lächelte nur. Sie hatte wieder gewonnen. Ganz langsam ging sie zum Geländer, ganz langsam. Ich schaute auf ihre Beine, die in der weiten Jeans steckten, sie zog sie hoch und ich konnte ihre Narben sehen. Sie wanden sich um ihre Knöchel, ihre Schienbeine hoch und ich dachte an Ardian, daran, dass er dasselbe Problem hatte wie sie und ich hasste mich dafür, dass ich ihr früher helfen wollte.

Sie stieg langsam auf das Geländer und schaute mich an. Ich wusste was sie tun würde, die würde es immer und immer wieder tun, hier vor meinen Augen, ich war gegangen in einem Netz, welches ich mir selbst gestrickt hatte, in dem ich sie kennenlernte.

,,Ich geh dahin, wo er ist. Du kannst mich nicht finden, denn ich war nie existent, nur eine Illusion in deinem Kopf. ", flüsterte sie und ließ los. Ich atmete aus, obwohl ich wusste, dass sie überleben würde, dennoch rannte ich zu den Abdrücken ihrer Handflächen. Sie war lautlos ins Wasser eingetaucht. Es war ein Alptraum, redete ich mir ein, es sollte ein Alptraum sein. Sie war in das blaue tiefe Wasser eingetaucht und ich konnte sie nicht mehr sehen, weil sich die Farbe ihrer Haare mit der des Wassers vermischte.

Ich hörte ein Husten, blickte schnell zum nahen Ufer. Die tausend spitzen Nadeln, die sich wegen ihr in meinen Verstand eingebohrt hatten, wurden durch sein Erscheinungsbild wieder sanft herausgezogen. Ardian saß erschöpft und hustend im Schilf und schüttete das Wasser aus seinen Schuhen heraus. Ich rannte zu ihm hin und nahm ihn fest in den Arm, legte meinen Pullover um seine Schultern, um ihn aufzuwärmen.

,,Sshh, alles gut, Kleiner, wir müssen hier weg.", ich redete wie immer leise auf ihn ein, beruhigte ihn, doch er wimmerte. Ich nahm ihn unter den Kniekehlen hoch und trug ihn zur Brücke. Wir mussten hier weg, man konnte nicht wissen, wann Blue wieder auftauchen würde.

Er bebte in meinen Armen und sein Herzschlag wurde immer schneller, er war unterkühlt. Ich rannte zur Wohnung und klingelte, bis Luna mir aufmachte und mich erschrocken ansah.

,,Sie war hier." Und dann wurde alles schwarz.

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