-'64'- Fenster

275 25 5
                                    

P.o.V. Ardymon

Mit der Flasche in der Hand, schubste ich ihn kichernd zum Bett. Mein Kopf war schwer und pochte an einigen Stellen. Er nahm meine andere Hand und ich sah in seinen Augen nichts weiter, als einfach nur endlose schwarze Leere. Ich ließ mich benommen auf die Bettkante sinken und strich über Tommys weichen Lippen. ,,Lass einfach mal ficken." Ich nickte. Ich wusste nicht ganz, ob sich nun seine Lippen auf meinem Mund befanden, oder seine Hände in meinen kurzen Haaren. Ob er sich über mich beugte, erschien auch nur kurz in seiner Vision, die nicht so wirklich war, sodass man sie glauben konnte. Doch ich tat es. Ich war naiv und glaubte alles.

Spätestens dann als ich seinen Schwanz in mir spürte, glaubte ich es. Und dann fing es an. Horrorspiele. Meine Erinnerungen gegen die betrunkene Benommenheit. Mal sah ich ihn, mal Tom. Und es hörte nicht auf, es hörte nicht auf, bis sich seine Zähne von meiner Unterlippe lösten und ich mir etwas Freiraum verschaffte, nachdem er seiner Lust gerecht geworden war. Die vielen Dinge, die mich gerade an meiner eigener Gedankenidee störten, wurden mir bewusst. Der Raum war klein und die Wände zu niedrig. Unter der hauchdünnen Bettdecke schwitzte meine Haut, da ich Tom unmöglich alles von mir zeigen wollte. Wieso habe ich das überhaupt getan? Das Blut rauschte zwar immer noch wie wild durch meine Adern, doch die frische Luft, die durch das kaputte Fenster in den Raum drang, tat gut. Ich konnte irgendwie atmen.

Seine Arme um meine Hüfte umschlungen, versuchte ich mich aus der Umklammerung zu befreien, musste meine Schuhe suchen. Ich zog meine Jeans aus den Kniekehlen wieder nach oben und fühlte mich dreckig. Ich war nichts weiter, als ein wandelndes Reisepacket, welches jeder auspacken konnte, der Lust darauf hatte. Nichts hatte sich geändert.

Der Duft, der schon längst verbrannten Kerze überqualmte den Geruch der Holzdielen, die unter meinen Schritten zur Tür unheimlich knarzten. Es war vielleicht um vier oder fünf Uhr nachts und ich wollte nach Hause. Mein Schädel brummte wie ein Bienenstock und ich war der honiggierige Bär.

Nachdem ich den Raum verlassen hatte, war ich einfach so unheimlich glücklich, dass Tommy nicht aufgewacht ist. Zwar lagen hier auch noch überall Leute ziemlich ultimativ herum, doch das war jetzt nicht mein Problem. Ich wollte einfach nur nach Hause. Ich war noch immer im zweiten Stock, doch die ganze Treppe war voller Kotze, die einem kräftigen Typen der neben auf einem Mädchen lag, aus dem Mund lief. Ich verzog angewidert das Gesicht. Manchen Menschen sollte man helfen. Aber manchen auch nicht. Ich lachte, ging weiter und schaute in einen Spiegel.

Ich drückte die nächste Türklinke hinunter, doch da war noch ein weiteres Schlafzimmer. Ich ging zum kaputten Fenster und ignorierte den beißenden Geruch alter, verschimmelter Möbel. Brach eine Scheibe aus dem Fenster ab und schaute kurz hinaus. Der Boden war nicht so weit entfernt, also kletterte ich auf den kleinen Fenstersims und trat den Rest mit dem Fuß heraus, bis die Glassplitter alle vollständig vom Fenster entfernt waren und ich springen konnte.

Ich mein, es waren nur zwei Stockwerke und meine Knie waren trotzdem aufgerissen, aber ich verfüge nicht über eine gewisse Geistlichkeit, mich noch länger in diesem Kaff aufzuhalten. Aber ich war gut, hatte mich an meine Vorschrift gehalten. Man guckt aus dem Fenster, bevor man springt.

Ich wollte gerade die nächste Bushaltestelle ansteuern, da vibrierte etwas in meiner Jeanstasche. Ich holte mein Handy heraus und bereite es, davor nicht auf den Namen geschaut zu haben.

,,Können wir morgen reden? Also nachher?"

,,Ja, T, ich komm zur Wiese."

IllusionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt