-'62'- Grinsen

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Rot - Hung Yurn
P.o.V. Ardymon

Ich wusste einfach genau, wie es ging. Ich hatte dieses Kribbeln so sehr vermisst, es die ganze Zeit für diesen einen Moment aufgehoben, an dem es wieder richtig losgehen konnte. Die Nacht wieder anfangen konnte.

Ich wusste jetzt, warum ich nach dem Feiern nie schlafen konnte, meine Gedanken waren einfach immer noch auf der Straße gefangen, im Haus, da wo ich war, da wo mein Geist explodierte und nur eine komplette Rauchwolke hinterließ und ich mich hinterher an nichts mehr erinnern konnte. Ich ging rein, roch den typischen Geruch von Zigaretten und versuchte, durch die ganzen sich bewegenden Arme hindurchzuschauen. Tom stand ganz hinten und lächelte mich schon an, als hätte er auf meinen Auftritt gewartet.

Ich drückte mich durch die schwitzenden Körper hindurch, es roch nach Bier und an der Decke, bildeten sich Rauchwolken, der Raum, wo wir waren, war klein. Jetzt war der Zeitpunkt, wo man abschießen sollte, ich scheiß auf diese ganzen Kinder, hier geht es nicht um irgendein Sein oder Nichtsein, hier geht es ums Prinzip, wie es geht. Und bei mir geht gerade gar nichts, denn hier waren Zigaretten und Bier.

Tom fing an mich anzugrinsen und ich begann, alles in meinen Gedanken schwarz zu malen. Die ganzen Leute, ich konnte sie nicht sehen, sie waren dunkel. Mein Körper wurde immer schattenreicher, die Pillen auf meiner schwitzenden Handfläche auch.

Ich spürte, wie sie ihren Weg durch meine Speiseröhre einnahmen, wie sich ihre Wirkung entfaltete erst später. Doch ich ließ mich wieder mitreißen, dachte an die anderen Male, auch in Berlin, wo es auch so war. Ich bin ein fröhlicher Mensch.

Mein Herzschlag fuhr immer mehr herunter, je mehr das Haus von den Bässen vibrierte. Durch mein Herumgehüpfe brauchte ich frische Luft und tippte Tommy an der Schulter an: ,,Du, ich muss kurz raus, ich brauch Luft, kommst du mit?", fragte ich ihn drängelnd am Oberarm ziehend. Irgendein Opfer brauchte ich, welches ich mir krallen konnte und die Nacht würde ewig werden. Für den Menschen, den ich heute wollte. Wir gingen raus.

Mit schnellen Schritten war ich bei der Eingangstür, meine Atemwege zogen sich zusammen, die frische kühle Luft brachte meine Gedanken zum denken. Meine Lunge schöpfte wieder neue Luft und ich fühlte mich besser. Die einsamen Straßenlaternen erleuchten schwach unsere Gesichter, während Tom ein Bier an seine Lippen führte. ,,Hast du noch was da? Also Gras oder so was?", meine Stimme war furchtbar leise, da ich nicht wusste, wie sicher er hier auf einer Party unterwegs war. War ja verboten, haha. Er nickte mit dem Kopf in Richtung Tür und stellte die leere Flasche auf den Asphaltboden.

Wir gingen gleich links die alte knirschende Treppe hinauf und ich fragte mich langsam, was das hier bin mir sollte, der Typ hatte meine beste Freundin missbraucht. Was mir im nächsten Moment aber auch schon wieder egal war.

Tommy drückte den Lichtschalter und der Raum war nach ungefähr drei Minuten schäbig erleuchtet. Es stand ein Bett in der Mitte und ein Schreibtisch am Fenster, um den verwelkte Pflanzen standen.

Tommy setzte sich aufs Bett und schaute mich abwartend an, bis ich mich mit meinen über die Hände gezogenen Pulloverärmeln neben ihn setzte. Jedoch stand er gleich wieder auf, ging zum Schreibtisch und setze sich an ihn, holte aus seiner Hosentasche Zigarettenpapier. Mein Kopf war überfordert an Information. Konzentriert beugte er sich nach vorn und formte einen Filter, den er danach in den Joint einbaute. Ich drehte Tommy zu mir um und zündete ihn an. Reichte ihn von meinem Mund, bis zu seinem. Ich stand. War groß, schaute auf Tom herab, er schaute mich mit glasigen roten Augen an. Mit dem brennenden Stück zwischen meinen Finger, setzte ich mich auf seinen Schoß.

Seine Zunge versank in meinem Rachen und ich japste vor grinsen. Da es wirklich Spaß machte.

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