-'19'- Bluttropfen

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XANNY - Sierra Kidd, eigentlich wollte ich ATV nehmen, aber da gab es kein Instrumental. Bin mega unzufrieden mit dem Kap.

P.o.V Taddl

Ich hörte auf seinen ruhigen Herzschlag, der immer leiser wurde. Ardian's Kopf sank auf meine Brust und seine Stirn vergrub sich in meiner Halsbeuge, als er langsam abdriftete.

Ich ignorierte die Kratzer auf meinem Oberkörper. Ich ignorierte, das er anders war als die anderen. Ich ignorierte die Umgebung um uns herum, streichelte nur immer wieder über seinen Rücken. Malte Kreise, kleine Figuren, fuhr über seine Seiten. Wie lange wir beide hier schon am Boden saßen, blendete ich aus. Ich wusste es nicht. Ich wusste nicht mal, warum ich ihn eigentlich tröstete. Oder warum ich ihn nie getröstet hatte. Dieser Hass, den ich anfangs auf ihn verspürt hatte, den ich auf jede Person verspürte, war wie weggeblasen. Eine Träne rollte meine Wange herunter. Was hatte mir dieses ganze Abweisen von allen eigentlich gebracht?

Ich stand langsam und vorsichtig auf, ich wollte ihn nicht wecken, als ich mich aufs Bett setzte. Er war leicht, ziemlich leicht. Seine Hände hatten sich in den Rest meines Shirts gekrallt. Ich lehne mich an das Bettgestell an und schob ihn unter die Decke. Seine Körpertemperatur sank immer mehr ab, deswegen kuschelte ich mich noch mehr an ihn heran. Meine Hände strichen ihm seine pinken Strähnen aus der Stirn, um einen Blick auf seine Augen zu haben, die sich unter seinen bleichen Lidern schnell bewegten. Er nuschelte unverständliche Worte, ich redete ruhig auf ihn ein. Was ist mit ihm los? Habe ich ihm etwas getan? Das war nie meine Absicht. Ich wollte doch nur jetzt gerade für ihn da sein. Die Worte ergaben keinen Sinn für mich, und je länger ich versuchte, sie zu entschlüsseln, wurden sie leiser. Ich hielt ihn noch einmal fest in den Armen, bis ich auch einschlief.

Durch ein Zucken wurde ich geweckt, keine Aplträume. Mein Rücken war verspannt, ich schaute an mir herunter. Ardy hatte mein Shirt immer noch nicht losgelassen und ein Bein unter meins geschoben. Sonnenstrahlen fielen auf sein Gesicht, welches ein leichtes Lächeln verbarg. Sein Krankenhausnachthemd zeigte einen Einblick auf seine dünnen bleichen Oberschenkel. Weiße, fast nicht erkennbare Striche durchzogen sie, es waren keine Muster, sie schienen nirgendwo anzufangen oder aufzuhören. Mein Herzschlag verschleunigte sich. War das dass, was Mary gemeint hatte? Das Geheimnis um den Jungen, der in meinen Armen lag, wurde immer größer. Ich versuchte seine Hand, die meinen Hals fest zugeklammert hatte, zu lösen. Mir stockte der Atem.

Sein ganzer Unterarm war voller weißer Striche.

,,Willst du mich jetzt auch dafür beurteilen?"

Vor lauter Schreck, stieß ich mich vom Bett hoch. Ich hatte gar nicht gemerkt, wie Ardian wach geworden war. Er bohrte seinen Augen in meine, ich hatte keine Chance mich aus ihrem Bann zu lösen.

,,Sorry, ich wollte nicht...ich hatte nicht die Absicht...das war Zufall."

Ein Wirrwarr aus Wörtern verließ meinen Mund, es endete in Stocken, bis Ardian mich unterbrach.

,,Ist egal, ich war ihnen egal. Und jetzt lass mich in Ruhe."

Er faselte noch weiter vor sich hin, wie, als er wieder schlafen würde. Vorhin sehnte er sich nach jemandem, der für ihn da war, und jetzt stößt er mich mit seiner kalten Seite wieder ab. Er ließ sich wieder aufs Bett fallen und schlief binnen Sekunden ein. Völlig verwirrt verließ ich das Zimmer, auf dem Weg zum Kaffeeautomaten.

Ich ging die weißen Gänge entlang. Es war eindeutig langweilig hier, nichts außer ein paar Betten und ein Empfangstresen und einem Kaffeeautomaten. Als ich mir letzteres besorgt hatte, kam ich auf die Idee, einen Arzt aufzusuchen. Vielleicht kann Besagter mir mehr Auskunft über Ardian geben.

Mit meinem Kaffee in der Hand ging ich rüber zum Büro und wollte klopften. Es klangen Stimmen heraus, denen ich lauschte. Meine Hand stockte in ihrer Position und ich hielt ein Ohr an die Tür.

,,Sein mentaler Zustand hat sich verschlechtert, ich denke, wir müssen wieder eingreifen. Seine Fehler, ich berichtige mich, die Fehler der Anderen, die er zu seinen macht, werden immer mehr, er braucht eine ..., der er sich öffnen kann, wir ... dafür sorgen, das er diesmal echte Freunde findet. In seinen schwierigsten Situationen ...er nicht allein gelassen werden. Wir müssen dafür sorgen, das er nicht in die Alkoholsucht und ...zurück fällt. Er darf sich nicht...schnell öffnen."

Ohne direkt darüber nachzudenken, wusste ich irgendwie, das es um Ardian ging. Ich verstand nur die Hälfte. Einerseits weil der Doktor nuschelte, andererseits, hatte sich alles, was gesagt wurde, aus meinem Kopf verbannt. Ich ließ mich an der Wand neben der Tür hinabgleiten, als ich überlegte, was ich jetzt tun sollte. Klar, irgendwas ist mit Ardian nicht in Ordnung, dass sieht man ihm an, er hängt in jeder Ecke rum, redet mit niemandem außer Luna und Mary. Zieht nur diese großen Sachen an, Caps, so das man ihm nicht in die Augen schauen kann. Manchmal ist er so unheimlich gut drauf, das er den ganzen Tag über irgendwelche Dinge lacht, die keinen Sinn ergeben. Dann schläft er im Unterricht, hat Augenringe des Todes. Vielleicht hätte ich mich viel eher um ihn kümmern sollen, dann hätten wir keinen Unfall gehabt. Vielleicht hätte ich auch hier in diesem Moment früher eingreifen sollen.

Mit schlechtem Gewissen und meinen grübelnden Gedanken, wie ich jetzt mit ihm umgehen sollte, betrat ich das Zimmer. Ich schloss die Tür hinter mir. Doch als ich mich umdrehte, wünschte ich, ich wäre nie rausgegangen. "In seinen schwierigsten Situationen darf er nicht allein gelassen werden." Dieser Satz prägte sich in mein Gehirn ein, als hätte ich ihn selbst gesagt. Er war nicht mehr hier. Panik kroch meine Brust hoch, als ich Bluttropfen auf dem Bett erkannte.

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