-'20'- Kalt

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Hab euch ganz dolle lieb und ich weis, dass ich es übertreibe xD WHITE WINE - lil peep

P.o.V. Ardymon

Die kühle Nachtluft schoss um meine nackten Knöchel, meine Füße steckten in meinen Vans, die bald auseinander fallen würden. Zu oft getragen. Ich schaute in die Dunkelheit und sah nichts weiter außer schwarz. Ich stellte mir vor, was man mit diesem schwarz machen könnte. Man könnte es anmalen, man könnte sich darin verstecken. Ich entschied mich für beides, also rannte ich los und fing an zu denken.

Mir konnte keiner mehr etwas nehmen, dafür war ich zu frei. Alle behaupten immer irgendwas, aber tun sie Dinge, die alle davor schon erlebt haben. Die Dummheit der anderen regt mich gerade so auf, sie macht mich traurig, aber auch unheimlich glücklich, das ich nicht so bin, wie der Rest. Irgendwann bekommt ihr das alles zurück. Aber was ist an mir anders? Ich lasse mich von niemandem leiten. Mit diesem Gedanken rannte ich in den Wald.

Mir war nicht kalt, meine Gefühle wie ausgeschaltet, ich begann nur wegzurennen. Weg von den Lügen, in der Hoffnung, einen Lichtblick zu sehen. Den es nicht gab. Den es nie geben wird. Doch wenn ich nachts draußen bin, bin ich nicht mehr das verletzbare, zerbrechliche Kind. Da bin ich keine Puppe, sondern jemand, dessen Fehler man im Dunkeln nicht sieht, weil sie zu düster sind. Ich zog meine Vans aus, wollte die Kälte auch an meinen Füßen spüren. Was hält mich auf, wenn ich für die Falschen immer alles aufgegeben hab. Ich lief einfach weiter barfuß, bis der Boden meine Füße bluten ließ. Man könnte meine Position als naiv beurteilen, ein kleines Kind freut sich, das es anders ist, dreht sich nachts im Wald. Ich bin zwar kein kleines Kind mehr, aber ich fand es gerecht beurteilt, mich noch als solches zu benennen. Der Tag war unheimlich schnell vergangen, bis um 17:00 geschlafen. Musste sein.

Ich rannte immer weiter, das Dunkelgrün rauschte an mir vorbei, wie im Club die Farben. Ich hörte Melodien, die nicht da waren, nur in meinem Kopf, wie diese Stimmen. Was passiert, wenn man sich mit ihnen unterhält? Darüber konnte ich gar nicht weiter nachdenken, die nächste minimalistische Kleinigkeit zog mich in ihren Bann. Ich setzte mich auf den Boden, in das nasse Gras, was mich verschlingen hätte können, so weich war es. Ich wusste nicht, wie lange ich hier schon lag. Ein Lachen durchschüttete meinen Oberkörper, ich lachte, hörte nicht auf, während sich der Himmel mit den Sternen über mir drehte.

Mein weißes Nachthemd war rot und grün gefärbt, vom Gras und meinem Blut. Es lief immer weiter meine Arme hinunter, ich drückte drauf, wollte es stoppen. Panik machte sich langsam wie ein Schatten in mir breit, der Himmel drehte sich immer mehr. Es hatte leicht angefangen zu nieseln, aber desto mehr ich über den Regen nachdachte, desto mehr wurde er. Desto mehr ich über Sachen nachdachte, desto wahrscheinlicher passierten sie.

Wenn du einmal glücklich bist, dauert es nicht lange, bis die anderen dich wieder auf die Scheisse der Erde zurückziehen.

Das Gras ekelte mich an, es wurde mir zu nass. Schneller als ich denken konnte, war ich aufgesprungen und rannte weiter. Ich riss Teile meines Nachthemdes ab, um meine Arme zu verarzten. Im Rennen knotete ich sie einfach fest, ich rannte einfach weiter, ohne Plan und ohne Ziel. Die Bäume raschelten, machten mir Angst, ich wurde immer schneller, stolperte über Wurzeln, rappelte mich wieder auf. Meine Umgebung schien jetzt zu reden, nicht mehr die Stimmen in meiner Stirn. Sie jagten mich mit Worten, bewarfen mich mit Vorurteilen.

,,Hey, Kleiner, hier bist du! Wo willst du denn hin?"

Ruckartig blieb ich stehen und drehte mich um. Die Worte schnitten in die Dunkelheit, wie ein scharfes Messer durch mein Unterbewusstsein. Nur Taddl hatte so eine Stimme, nur er nannte mich so. Doch es war nicht Taddl, dem ich da in die Augen blickte. Ich erkannte die Person nicht, aber sie kam immer näher auf mich zu, bis sie irgendwann vor mir stehen blieb. Je länger ich sie anschaute, desto mehr sah sie wie Taddl aus.

Der Mann hob mein Kinn mit seinen kühlen Fingern an, um mir in die Augen zu blicken. Ich erkannte nicht viel von seinem Gesicht, er war sicherlich höchstens fünf bis sieben Jahre älter als ich. Er war größer und die braunen fettigen Strähnen hingen ihm in die Augen. Er grinste und schubste mich auf den Boden, mich sich dann auf mein Becken zu setzten. Das Allerschlimmste, was mir jetzt erst richtig bewusst geworden war, das ich hier nicht so schnell rauskommen würde und mich die Alkoholfahne aus seinem Mund erschreckte. Ich schaute ihm in seine starren Augen, sie sahen aus wie die von Taddl. Das ließ mich erstarren. Die Person kam mir immer ähnlicher vor.

Der Sauerstoff, den ich atmete, den ich jetzt gerade brauchte, schnürrte mir die Atemwege zu. Erstarrt blieb ich auf dem Boden liegen, ignorierte die drückenden Wurzeln, die ihn meinen Rücken stachen. Die Augen festzugekniffen, hoffte ich einfach, das ich hier wieder rauskam, ignorierte alles. Ich verurteilte mich selbst dafür. Immer passieren mir solche Dinge. Mir wurde von diesem Geruch, den dieser Mann ausstrahlte nur übel, er soll mich in Ruhe lassen.

,,Noch so klein und unschuldig. So unterwürfig, gefällt mir. Wenn du nicht die ganze Zeit heulen würdest. Halt die Fresse, dann sind wir schneller fertig."

Ich hatte gar nicht bemerkt, wie ich angefangen hatte, zu weinen. Meine Wangen waren ganz nass von der Tränenflüssigkeit. Ich bemerkte gar nichts mehr so richtig, es war als wäre ich immer noch in diesem Bann gefangen, als wäre ich der glücklichste Mensch der Welt. Es war aber auch so, als ob ich den ganzen Hass auf diese Welt nicht mehr ertragen wollte. Beides von diesen Dingen, wollte ich nicht. Plötzlich brannte meine Wange, er hatte mir ins Gesicht geschlagen. Ich wollte mich wehren, etwas gegen dieses Gefühl tun, aber ich lag nur wehrlos unter ihm. Der Mann hatte Taddls Stimme, ich glaube, ich kann Taddl nie mehr zuhören, ohne an ihn zu denken. Grobe Handgriffe bohrten sich in meine Handgelenke, drückten sie in das nasse Gras. Jeder Schrei von mir wurde immer verzweifelter, aber ich dachte nicht, das mich hier irgendjemand finden wird. Ich bekam keine Luft mehr. Es war wie früher. Plötzlich wurde mir alles klar, an wen diese schreckliche Person erinnerte und warum ich Angst vor ihr hatte. Immer und immer wieder versuchte der Mann etwas unter meinem Nachthemd zu machen, ich hielt meine Hände davor, ich wollte das nicht. Aber er gab nicht auf. Letztendlich entschied er sich doch dafür, mir sein Glied immer und immer wieder in den Rachen zu stoßen, bis ich dann am Ende neben ihm in das Grass kotzte. Ich öffnete zögernd meine Augen. Er war verschwunden. Alles wurde schwarz.

Irgendwann bekommt ihr das alles zurück.

IllusionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt