Illusion

-'27'- Löwen

P.o.V. Taddl

Meine Augen taten weh, als ich sie öffnete, das helle Licht schien durch mein Fenster, ich hatte mein Zimmer in den letzten Wochen vermisst, denn ich war lieber bei Ardy im Krankenhaus gewesen. Meine linke Hand tastete um mich und ich setze mich verwirrt auf, weil ich allein auf meiner harten Matratze lag.

Wo ist er? Wo ist Ardian?

Ich schlug meine schwarze Bettdecke zurück, schaute mich noch einmal im Zimmer um, seine Sachen waren nicht mehr hier. Enttäuscht und mit einer Angst, die ich nicht wirklich deuten und glauben konnte, stand ich auf und ging in die Küche. Ich hörte Stimmen.

Es roch nach Toast und Kräuter-Tee. Erleichtert stellte ich fest, das die Balkontür offen war und Ardy am Fenster lehnte. Er hatte die Augen geschlossen. Ich stand eine Weile da und beobachtete sein Profil.

Er kam herein und drückte mich. Dieses Gefühl machte mich so glücklich, dass er hier war, sich auf den Tresen setzte und Luna einfach lächelnd dabei zuguckte, wie sie irgendwas in einer Pfanne briet. ,,Morgen", sagte ich leise, meine Stimme war total kratzig und tief, noch vom Schlaf. Ardian guckte hoch und ich konnte sehen, wie sich ein Lächeln auf seine Lippen schlich.

,,Ich denk mal, Essen ist fertig, ich geh zu Mary, okay?" Man merkte ihr an, dass sie uns Zeit zum reden lassen wollte. Luna umarmte uns nacheinander und verschwand dann schnell aus der Küche.

Doch die nutzten wir nicht.

Ich schaute Ardy an, er sah noch müde aus. Er kratzte sich nervös mit der and im Nacken und ich musste lachen. ,,Wollen wir was essen?" ,,Okay."
Er kletterte vom Tresen und half mir, das Toast und die gebratenen Tomaten auf den Tisch zu stellen, der in der Mitte meines Wohnzimmers stand.

Das Wohnzimmer war hell und offen, der Balkon hinten machte ihn weiter und die weißen Möbel, ließen ihn größer erscheinen. Wir hatten zu viele Pflanzen hier.

Ich setzte mich mit Ardy an die Stirnkante und wir aßen einfach unser Frühstück und redeten nicht. Es war schön, so leise und doch so unterhaltsam. Was die pure Anwesenheit einer einzelnen Person einfach ausmachen kann.

Als wir fertig waren, fragte ich Ardy, was er als nächstes machen wollte, ich mein, er war noch nicht richtig gesund und nach Hause schicken wollte ich ihn auch noch nicht.

Ardian ging einfach wieder raus auf den Balkon, ließ seinen Rücken an der Häuserwand hinunterrutschen und blickte auf die Linie, die den Horizont vom Himmel trennte. ,,Taddl, setzt dich mit hin." Ich setze mich neben ihn, auf den kalten Stein und ich merkte, wie wir beide etwas froren, es war mehr als kalt. ,,Was würdest du machen, wenn unser ganzes Leben nur auf einer Illusion ausgebaut ist? Alles vorprogrammiert, wenn sich einer irgendwann mal den Verlauf unserer ganzen Menschheit ausgedacht hat?" Ich dachte ein paar Minuten über seine Frage nach. Ich bin schon oft auf diesen Gedanken gestoßen, jedoch wusste ich nicht, was richtig war. ,,Ich denke, das ist schon so, guck mal, du lässt dich doch leiten, du musst irgendwas erreichen, um voranzukommen. Ohne das geht es nicht." Er schaute mich an. ,,Aber schau mal, wenn du auch etwas ändern könntest, was du mal getan hast und jetzt bereust, würde die Illusion dann zerspringen?", fragte er. ,,Es würde alles kaputt gehen."

Ich zündete mir eine Zigarette an, zog ein paar mal und gab sie Ardy weiter. Meine Augen fielen langsam zu, doch die Kälte und der Nikotingeruch hielt mich am Laufen. Ardian lachte ein paar mal, wenn er versuchte, irgendwelche Muster mit dem Rauch zu blasen. Ich lachte auch.

Und wurde es zu kalt, wir setzten uns wieder rein, diesmal aufs Sofa. Ich schaltete den Fernseher an und wir begannen interessiert eine Tierdoku zu schauen.

Wir hatten bei manchen komischen Tieren so viel gelacht, wir konnten einfach nicht mehr aufhören, uns über die Fortbewegungweise eines Löwen aufzuregen, bis Ardy plötzliche sagte:,, Pst, sei leise, du kannst den Löwen hören, wenn du ihn sehen kannst, denn er kann dich hören, wenn er dich sehen kann."

Wir konnten uns vor lachen gar nicht mehr halten, doch je länger ich über diese harmlose Aussage nachdachte, desto weniger erschien sie mir harmlos.