25.

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Ich löste mich von Lay und er sah mich nur verwirrt an.

"Wo ist mein Vater?"

"Tut mir leid, aber das kann ich dir leider nicht sagen."

Hätte ich auch nicht erwartet. Die Frage war eher an mich selbst gerichtet.
Irgendwie habe ich das Gefühl, dass er etwas damit zutun hatte.
Bloß was soll er gegen einen Freund von mir haben?

"Hast du eigentlich schon versucht Kris anzurufen oder so?", jetzt fragte ich mich, ob ich nicht völlig bescheuert war. Wieso ist mir das nicht eingefallen?
Ich hätte ihn doch einfach anrufen können.

Aber ob er bei mir ran geht.
Pff. Wohl eher nicht.

Was sollte mein Vater schon getan haben? Kris ist von alleine gegangen.
Wenn Kris weg ist will ich alleine sein.

"Lay?"

"Ja, Tao?"

"Kannst du gehen?"

"Natürlich, wenn du das willst."

Er stand sofort auf, verabschiedete sich und ging.
Ich nahm mein Handy und wählte Kris' Kontakt aus, tippte auf den grünen Hörer und nahm schon ein Tuten war, welches aber kurz darauf schon wieder verschwand und ich das Geräusch, welches beim auflegen ertönte, wahr nahm.

Er hatte aufgelegt.
Er hatte mich weg gedrückt.
Er wollte nicht mit mir sprechen.
Er wollte warscheinlich nie wieder mit mir sprechen.
Er wird dort draußen schon seine große Liebe finden und glücklich werden.
Genau wie Lay.

Ich ließ mich rückwärts auf mein Bett fallen und schloss die Augen. Schlafen konnte ich jetzt eh nicht, aber Erholung brauchten meine Augen jetzt.

Mein Körper fühlte sich so beschwert. Als hätte ich den ganzen Tag Sport getrieben oder mich irgendeiner anderen Anstrengung hingegeben; aber nichts dergleichen hatte ich getan. Ich hatte geheult. Wie ein kleines Kind.
Ich war schwach. Zu schwach.

Letztendlich schlief ich doch noch ein, denn ich wachte von meinem Wecker auf.
Montag. Wir hatten Montag.
Hatte ich den ganzen Sonntag geschlafen?
Oh Gott.

Ich begab mich aus meinem Bett und schleppte mich ins Bad um mich zu duschen. Als ich das beendet hatte, putzte ich mir meine Zähne und machte meine Haare.
Etwas ansehnlich musste ich ja schon aussehen.

Mein Weg in die Schule war wie immer. Sanha und Jinjin fingen mich am Tor ab, wir schafften Sanha zu seinem Unterrichtszimmer und dann gingen wir entweder zu unseren Spinden, um noch Unterrichtsmaterial, welches wir eventuell brauchten, zu holen oder wir gingen direkt zu unserem Unterrichtszimmer.

So verlief das ganze jeden Tag; bis nach einiger Zeit irgendwas anders war. Irgendetwas hatte sich verändert.

An einem Montagabend rief mein Vater mich ins Wohnzimmer und bat mich, mich auf das Sofa zu setzen, was ich auch tat.

"Du wirst immer schlechter in der Schule und von Freunden bekomme ich auch nichts mehr zu hören. Was ist los?", interessiert ihn doch eh nicht.
Wie ich diese 'Höflichkeitsfragen' hasse.

"Keine Ahnung.", gab ich monoton von mir. 'Keine Ahnung' war in letzter Zeit vor manchen Menschen mein kompletter Wortschatz; außer vor Jinjin, den Jungs und Lay, vor ihnen riss ich mich zusammen. Wobei Lay mich ziemlich schnell durchschaut hatte und sich inzwischen ein wenig wie eine Mutter benimmt. Ich kann es ihm nicht übel nehmen, er meint es bloß gut.

"Tao, was ist nur mit dir los?"

"Keine Ahnung."

Er sah mich nur unverständlich an. Was soll ich denn sonst sagen?
'Hey, mein Freund ist weg, hat mich allein gelassen und gibt kein Lebenszeichen von sich, aber ist ja nicht schlimm.'
Definitiv nicht.

"Du kannst wieder in dein Zimmer, aber iss mal was."

Wieso?
Ich sehe da keinen Grund etwas zu essen.

Die letzten Monate saß ich nur in meinem Zimmer, wenn ich nicht dort war, war ich eventuell in der Schule.
Jetzt habe ich erstmal Ferien und ich werde morgen mit dem Zug zu Kris fahren.
Mein Vater denkt, dass ich nur bei Lay schlafe in der nächsten Woche. Das ist auch gut so.

Ich wachte auf und sah auf die Uhr.
Noch eine Stunde, dann müsste ich am Bahnhof sein.

Als ich mich nach langem mal wieder im Spiegel betrachtete, musste ich feststellen, dass meine Haare ziemlich lang waren. Ich konnte sie zu einem Zopf binden, was ich auch tat.

Am Bahnhof angekommen kaufte ich mir mein Ticket, wartete auf meinen Zug und als ich ihn betrat musste ich auch noch stehen. Super. Mehr habe ich ja eh nicht verdient.
Als der Zug hielt atmete ich einmal tief ein und aus, bevor ich ihn verlassen hatte.
Aus dem Weg schossen mir viele Dinge durch den Kopf.
Will Kris mich überhaupt wieder sehen?
Er wird ja nicht umsonst abgehauen sein, er wird seine Gründe gehabt haben.
Was mache ich, wenn ich nicht zu ihm kann?

Vor seiner Haustür blieb ich stehen.

Mein ganzer mit verließ mich und ich stand starr da - bis die Tür sich öffnete.

Vor meinen Augen stand Kris.
Er sah mich einfach nur an, er sah mir in die Augen.
Ich sah ihm ebenfalls in seine wunderschönen Augen.

Gerade wollte ich ansetzen etwas zu sagen, da wurde ich in Kris' Richtung gezogen und spürte schon etwas weiches auf meinen Lippen.
Warte. Was?
Ich öffnete meine Augen, warum ich sie auch immer geschlossen hatte, und was.
Kris küsste mich.
Er löste sich von mir und sah mir wieder in die Augen.

"Tut mir leid."

"Warum warst du weg?"

"Nicht das, ich meine, dass ich dich einfach so geküsst habe, weil ich dich gesehen habe - was machst du überhaupt hier und wieso der Rucksack?", er überhäufte mich mit allem.

Wieso entschuldigte er sich dafür, dass er mich küsste?
Ich werde ihn zeigen, dass es ihm nicht leid tun muss - dann.

"Kann ich rein?"

"Klar, komm mit. Ich bin auch wieder alleine."

Ich folgte ihm und als ich meine Schuhe ausgezogen hatte, er gegen die Wand gelehnt da stand, nutzte ich die Gelegenheit und drückte ihn gegen die Wand um ihn zu küssen.
Erst versuchte er mich von sich zu drücken, doch dann legte er seine Arme um mich und erwiderte den Kuss. Als wir uns lösten sahen wir uns wieder nur an.

Seine Haare waren wieder dunkel und auch ziemlich lang. Er hatte sie sich gefärbt. Es stand ihm zwar und sah ziemlich niedlich aus, aber die kurzen, blonden Haare waren mir bei ihm lieber.

"Putzig, deine Haare.", er strich mir durch die Haare und entfernte somit auch den Haargummi. Jetzt fuhr er mir mit beiden Händen durch die Haare, behielt sie aber an meinem Hinterkopf.

"Ich habe dich vermisst."

"Wieso warst du weg?", meine Stimne fing an zu zittern.

"Gehen wir hoch?"

"Okay.", gab ich verwirrt von mir.

Plötzlich hob er mich im Brautstil hoch und trug mich in sein Zimmer um mich dort dann auf sein Bett zu, naja, legen konnte man es nicht nennen, eher werfen.
Er legte sich neben mich.

Never give up | Taoris [COMPLETED] #wattys2017Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt