Die Nacht war kalt, trotz des Fell von Silver. Die Decke habe ich Winnetou gegeben, auch wenn ich das ziemlich blöd fand. Als ich aufwache schläft er noch. Ich mache meine Tasche fertig und kletter auf Silver. ,,Winnetou", sage ich laut und warte bis er die Augen öffnet. ,,Ich bin heute Abend zurück im Dorf. Essen liegt da", sage ich und deute vor ihn. Ich hab ihm ein paar Beeren und etwas Fleisch da gelassen. Bevor er etwas sagen kann drücke ich Silver meine Beine leicht in seine Flanken und trabe ruhig den Hügel runter. Außer Sichtweite pariere ich durch und lasse Silver einfach laufen.
Spät am Abend komme ich am Dorf an. Den Tag über habe ich nicht viel gegessen und so bin ich erleichtert, dass Naira mir sofort eine Art Suppe in eine Schale füllt. Winnetou sitzt konzentriert über einem Pfeil. Scheinbar baut er mit anderen Männern Waffen. Sobald ich aufgegessen habe, zieht mich Naira zum Krankenzelt. ,,Wir haben ein krankes Kind und ich weiß nicht weiter. Vielleicht weißt du etwas." ,,Ich kann es mal versuchen", antworte ich. Ein kleiner Junge liegt auf dem Bett und schläft scheinbar.
,,Wilu? Mira ist da." Er macht langsam die Augen auf.
,,Wo hast du denn Schmerzen?"
,,Mein Kopf", jammert er. Ich fühle seine Stirn. Fieber kann ich also ausschließen. ,,Siehst du etwas verschwommen oder schwarze Punkte in der Luft?" Er nickt. Alles deutet auf Migräne hin. ,,Hast du viel getrunken heute?" Er schüttelt den Kopf.
,,Du musst viel trinken. Sonst bekommst du öfter diese Schmerzen. Ich werde dir etwas dagegen geben", sage ich. Wilu schließt wieder die Augen.
,,Gib ihm etwas gegen die Schmerzen. Und dann muss er schlafen. Morgen werden die Schmerzen weg sein", sage ich zu Naira. Sie bedankt sich und fängt sofort an, irgendwelche Kräuter zu mischen. Ich verlasse derweil das Krankenzelt und ziehe mich in meins zurück.Der nächste Tag ist schnell da und als erstes nehme ich mir einen Korb, etwas Wäsche, einen Zweig der hier als Zahnbürste benutzt wir und ein paar von den schäumenden Beeren, die hier als Waschmittel für Haare und Wäsche dienen. Auf dem Weg zum Fluss kaue ich auf dem Zweig rum. Erstmal mag das komisch klingen, aber es hilft wirklich gegen den fahlen Geschmack im Mund. Die Wäsche lasse ich zunächst am Rand stehen und wasche zuerst mich selber. Mit meinem Messer rasiere ich mich notdürftig. So schön es hier ist, aber unsere Welt ist dann doch noch mal besser ausgestattet. Mit dem Korb Wäsche gehe ich dann etwas den Fluss runter, zu den anderen Frauen und Kindern. Dort wasche ich mit ihnen zusammen die Sachen und anschließend gehen wir wieder zurück. Das selbe Spiel wie jeden Tag. Wir nähen neue Sachen und verarbeiten Felle weiter. Am Abend kommen einige Krieger mit etwas erlegtem Wild wieder. Der Junge mit Kopfschmerzen rennt wieder übermütig mit den andern Kindern zwischen den Zelten rum.
Mit einem Ruck fahre ich hoch und versuche meine Atmung unter Kontrolle zu bekommen. Mit zitternder Hand streiche ich mir die schwitzigen Haare aus dem Gesicht. Ich muss hier raus. Es ist viel zu warm. Hastig verlasse ich mein Zelt und stolper in die kühle Nachtluft. Die Wache schaut sich irritiert um und verschwindet in einem Zelt. Gierig ziehe ich die kalte Luft in meine Lunge. Ich weiß nicht mehr genau was ich geträumt habe. Aber es war nicht schön. Mit weichen Knien gehe ich vorsichtig Schritt für Schritt Richtung Pferde. Müde stütze ich mich auf dem obersten Balken ab. Die meisten Pferde dösen mit hängenden Köpfen, ein paar wenige liegen. Ich schließe kurz meine Augen. Fehler. Sofort zuckt ein Bild an meinem Auge vorbei. Ein Blitz, der in einen Baum einschlägt. Auf einem steinigen Berg. Und ich hab kein Plan was das bedeutet. Sofort reiße ich die Augen wieder. Erschöpft setze ich mich auf den Boden. Der kalte Wind bringt mich zum frösteln. Leise Schritte schrecken mich auf. Die Wache von eben kommt mit Winnetou an. Wieso können die mich nicht einfach mal in Ruhe lassen. Schwerfällig stehe ich wieder auf und starre Winnetou an.
,,Mira muss schlafen." ,,Ich kann nicht schlafen. Lass mich, bitte." Ich drehe mich um und gehe weg. Den Hügel runter und um die Kurve hinter einen anderen Hügel. Schon wieder höre ich Schritte hinter mir. Und welch eine Überraschung, Winnetou ist mir hinterhergerannt. Genervt verdrehe ich die Augen und drehe mich um. Gerade hole ich Luft und will was sagen als ich von Winnetou weggeschubst werde. Unsanft stößt er mich hinter einen Stein. Die scharfen Kanten schrabben an meinen Armen vorbei und hinterlassen rote Kratzspuren. Erneut will ich Luft holen, doch sofort presst er seine Handfläche auf meinen Mund. Was verdammt noch mal soll das. Ich versuche mich aus seinen Griff zu winden, aber seine Arme sind stark und lasse nicht mal die kleinste Bewegung zu. ,,Sie sind hier", flüstert er so leise, dass ich es kaum verstehe, in mein Ohr. Wer ist hier? Was soll das Ganze? Leider bleibt mir nichts anderes übrig als zu warten. Ein paar Minuten später locker sich sein Griff. Er bedeutet mir leise zu sein und schleicht in gebückter Haltung Richtung Dorf. So leise ich kann gehe ich hinter ihm her. Nervös schaue ich mich immer wieder um. Das eben hat mir irgendwie Angst gemacht. Winnetou greift nach meinem Handgelenk und zieht mich mit. Ich beiße mir auf die Lippe um nicht vor Schmerzen aufzukeuchen. Der Kerl hat einen ordentlichen Griff drauf. Mittlerweile zieht er mich eher zum Dorf zurück. Etwas unsanft drückt er mich in sein Zelt und schließt hinter sich die Luke.
,,Jetzt will ich ne Erklärung", murre ich. ,,Da waren Comanchen. Winnetou hat sie gesehen und gehört. Mira bleibt hier ich gehe zu den anderen", sagt er und verschwindet wieder. Da ich weiß, dass Comanchen die Todfeinde der Apachen sind, verzeihe ich ihm. Trotzdem hätte er netter mit mir umgehen können. Vorsichtig gehe ich über mein schmerzendes Handgelenk. Ich kann zwar nicht viel sehen, aber ich weiß, dass es warscheinlich knallrot sein wird. Naja wenn ich schon nicht in mein Tipi darf dann versuche ich halt hier zu schlafen. Und es funktioniert. Nach kurzer Zeit schlafe ich schon wieder tief und fest.
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Das weiße Mädchen
AdventureMira kommt, nach dem Tod ihrer Mutter, durch unerklärliche Weise nach Amerika. In die Zeit der Indianer. Nach Tagen, in denen sie alleine rumgeirrt ist, trifft sie auf einen Apachenstamm, der sie aufnimmt. Sie lernt die Indianische Sprache Lakota un...