Kapitel 52

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Babygeschrei reißt mich aus meinem geliebtem Schlaf. Etwas verwirrt wache ich auf und gucke mich um, bis ich mein Kind zwischen Winnetou und mir liegen sehe. Sein Gesicht ist ganz rot vom weinen. Es sieht so unglaublich knuffig aus. Ich nehme Jacy auf den Arm und streichel ihn sanft. Bestimmt hat er Hunger. Winnetou setzte sich hin und legt einen Arm um mich. Ich hab warscheinlich Augenringe bis zum geht nicht mehr, aber ihm sieht man die Müdigkeit kaum an. Nachdem ich mein Oberteil entfernt habe, lege ich Jacy an meine Brust. Sofort fängt er an zu saugen. Dabei ballt er seine Hände wieder zu so niedlichen Fäusten. Seine Haut hat einen leichten Braunton, der sich sehr warscheinlich noch etwas verdunkeln wird. Seine Fusselhaare sind in einem ganz dunklen braun, schon fast schwarz. Und seine riesigen Kulleraugen haben eine hellbraune Färbung, welche bestimmt auch noch dunkler wird. Hoffentlich nicht zu dunkel. Alles in einem hat er sehr viel von Winnetou geerbt. Keiner redet, dass würde nur den Moment zerstören. Einzig und allein das regelmäßige Schmatzen von Jacy ist zu hören.

Draußen werden wir bereits erwartet. Viele kommen und sehen sich den Kleinen an. Man kann Amatoks Stolz richtig sehen und es ist süß, wie er sich über sein Enkelchen freut. Jacy ist schon wieder eingeschlafen.
,,Lass uns ihn ins Zelt legen. Dann können wir uns auch noch etwas ausruhen." Ich bin immernoch müde, lange hat Jacy nicht geschlafen, so wird das in nächster Zeit bestimmt noch öfter sein. Im Zelt lege ich mich neben mein Kind. Winnetou kommt ebefalls dazu, auch wenn ich weiß, dass er nicht schlafen wird. ,,Mira soll schlafen. Winnetou wird über sie und Jacy wachen." Das ist das letzte was ich mitbekomme, bevor ich wegdämmer.

Diesmal wache ich von selber auf. Ich öffne die Augen und vor mir bietet sich ein wunderschöner Anblick. Winnetou sitzt mit unserem Sohn im Arm am Feuer und lächelt die ganze Zeit. Ich habe ihn selten so glücklich erlebt. Eine Zeitlang beobachte ich ihn, bis mir auffällt, dass Jacy etwas in der Hand hält. Ich weiß nicht, was es ist, aber es scheint das gewesen zu sein, was Winnetou die letzten Tage geschnitzt hat. Er hat mir nie gesagt für was das ist und was es wird. Ich stehe auf und setze mich neben die beiden. Winnetou will mir Jacy wiedergeben. ,,Behalt ihn. Er ist auch dein Sohn." Ich lege meinen Kopf auf Winnetous Schulter und betrachte erneut die Schnitzerei. Jetzt kann man es erkennen. Es soll das Totem des Apachenstamm darstellen. Winnetou hat mir mal versucht das alles zu erklären, aber irgendwie war das zu kompliziert. Mir ist nur im Gedächtnis gelieben, dass der Wolf das Totemtier des Stammes ist.

Mit großen Augen schaut sich Jacy alles an. Endlich hat er mal eine Phase wo er weder weint oder schläft. Ab und zu strampelt er kurz mit seinen Beinchen. Den Tag über laufen Vorbereitungen für ein Fest heute Abend. Jedes mal wenn ein neues Kind geboren wird, gibt es eins. Allerdings denke ich nicht, dass ich viel davon mitkriegen werde. Meistens gehen die Eltern früh, weil das Kind schläft, manchmal kehrt der Vater wieder zurück wenn seine Frau und sein Kind schlafen. Zusammen mit Winnetou gehen wir zu den Pferden. Nodin kommt sofort angetrabt, Aponi und Silver etwas später. Mit Jacy auf dem Arm gehe ich vorsichtig auf die drei zu. Sein Gesichtsausdruck ist der Hammer. Er guckt die Pferde an wie Aliens. Hoffentlich fängt er nicht an zu weinen. Nodin reckt seinen Hals über den Zaun und beschnuppert das für ihn fremde Kind. Am Anfang ist Jacy noch still doch dann fängt er laut an zu schreien. Erschrocken springt Nodin nach hinten und rennt fast gegen seine Eltern. Dabei verliert er beinahe den Halt. Er ist so ein tollpatschiges Fohlen, was überhaupt nicht zu seinem Stolz passt. Aber es ist so witztig ihm zuzuschauen. Um Jacy zu beruhigen gehe ich wieder weg und setze mich weit weg auf einen Stein. ,,Schau mal hier", sage ich leise und drücke ihm den Wolf in die Hand. Aus Refelx greift er um ein Bein, aber beruhigen tut er sich nicht. Hunger kann er eigentlich noch keinen haben, da es erst vor kurzem war, wo ich ihn gestillt habe. Irgendwann beruhigt er sich wieder, so als ob er selber grad nicht wüsste wieso er eigentlich noch heult. Dann schließt er die Augen und seine Atmung wird regelmäßiger.
,,Ich liebe dich, mein Kleiner", murmel ich und drücke ihm einen kleinen Kuss auf den Kopf. Behutsam lege ich ihn zurück in das Tragetuch vor meiner Brust. Ich gehe wieder zurück zum großen Feuer und helfe etwas bei den Vorbereitungen.

Das weiße MädchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt