Die Blätter färben sich langsam bunt, das Gras bekommt eine trockene Farbe und der Wind wird kälter und stärker. Immer öfter ziehen Wolken vorbei, doch geregnet hat es noch nicht. Obwohl die Erde das gut gebrauchen könnte. Alle stecken in den Vorbereitungen für dem Winter. Viele Sachen werden eingelagert und es werden Jacken und dicke Hosen aus Bisonfell hergestellt. Seit dem einen Tag rede ich nicht mehr viel. Ich verbringe viel Zeit bei meinem selbstgebautem Grab. Meine Beziehung zu Winnetou ist auseinander gebrochen. Aber nicht nur bei ihm, sondern auch zu allen anderen Männern hab ich kaum Kontakt. Die Comanchen haben sich nicht mehr blicken lassen. Aber ich glaube sie warten nur auf einen passenden Moment sich zu rächen. Naira hat in letzter Zeit viel zu tun gehabt. Der Stamm ist um drei Neugeborene gewachsen. Zwei Jungs und ein Mädchen. Außerdem hat sie einen Krieger zum Mann genommen. Aus diesen Gründen sehe ich sie kaum noch und mit den Mädchen in meinem Alter hab ich nicht wirklich Kontakt. Oft unterhalte ich mich mit den alten Leuten, die mir neue Sachen beibringen oder Geschichten erzählen.
Ich gehe durch den Wald mit einem leerem Korb. Das Laub raschelt unter meinen Schritten und der Wind pfeift angenehm durch die Bäume. Ich soll Beeren und Wurzeln sammeln. Gerade im Herbst gibt es viel davon. Ich laufe schon lange querfeldein und frage mich, wie ich den Weg wieder zurück finden soll. Aber erstmal suche ich was zuessen. Lächelnd beobachte ich zwei Vögel, die sich zusammen vom Wind tragen lassen. Und im nächsten Moment stolper ich über eine Wurzel. Unsanft schlage ich auf dem harten Boden auf. Einen kurzen Augenblick bleibe ich liegen, bis ich mich aufsetze. Zum Glück hat das keiner gesehen. Ich ziehe mir zwei Blätter aus den Haaren und sehe mich um. Moment mal. Die Pflanze kenne ich doch. Das müsste... Sofort fange ich an zu graben. Und tatsächlich, etwas später halte ich eine kleine runde Kartoffel in meinen Händen. Ich fass es nicht. Ich hab wirklich Kartoffeln gefunden. Sofort schaue ich mich nach weitern Pflanzen um. Eine große Lichtung mit den Pflanzen wird von Bäumen eingeschlossen. Mit meinem Korb gehe ich zur nächsten Pflanze. Wurzel für Wurzel grabe ich mit den Händen aus, immer darauf bedacht, genügen Platz zwischen den einzelnen Pflanzen zu lassen, damit sie weiter wachsen können. Mit einem Korb voller Kartoffeln und dreckigen Händen laufe ich zufrieden zurück Richtung Dorf.
Es dauert lange, bis ich ankomme, oft bin ich in die falsche Richtung gelaufen und ich hab noch kurz an einem Fluss gehalten um mich zu waschen. Gegen Abend erreiche ich endlich das Lager. Komische Blicke werden mir zugeworfen und es dauert nicht lang, bis eine Frau neben mir steht. ,,Dummes weißes Mädchen. Sie sollte losgehen um Beeren und Wurzeln zu holen. Stattdessen kommt sie mit einem Korb voll Dreck wieder." ,,Diese Wurzel kennen die Apachen noch nicht. Ich kenne sie von Zuhause. Aber ihr müsst sie ja nicht essen", erwieder ich sauer und stelle meinen Korb ab. Ein Junge kommt angelaufen und nimmt sich eine Kartoffel. Ohne zu überlegen will er reinbeißen. Lächelnd nehme ich ihm die Kartoffel wieder weg. ,,Du kannst sie nicht so essen. Ich werde dir zeigen wie man sie macht." Interessiert schaut mich der Junge an. Ich wasche den Dreck in einer Wasserschale ab und stecke sie an einen spitzen Stock. Dann setze ich mich ans Feuer und halte sie geduldig drüber. Immer mehr Leute kommen und sehen teilweise interessiert und teilweise kritisch zu. Als die Kartoffel fertig ist, lasse ich sie etwas abkühlen und öffne sie dann. Mit meinen Fingern kratze ich etwas von der gelben Masse raus und stecke sie mir in den Mund. Jetzt wird der Junge auch mutig und nimmt sich ein Stück. Begeistert jauchzt er auf, nimmt sich noch ein Stück und holt sich dann eine eigene Kartoffel. Immer mehr Leute probieren ein Stück und es dauert nicht lange, bis sich der Stamm ums Feuer versammelt hat und Kartoffeln gart. Ich gebe Tipps und achte darauf, dass niemand eine rohe Kartoffel isst. Schließlich kommt auch Amatok dazu und nachdem er auch probiert hat, weist er an, morgen mit vielen anderen dort hin zu gehen und noch mehr zu holen.
Gegen Mittag des nächsten Tages kehre ich mit drei Frauen und vier Körben voller Kartoffeln zurück. Und es sind immer noch genug im Wald um nochmal welche zu holen. Ich entferne mich etwas aus dem Getümmel, welches sich um die Körbe gebildet hat. Eine kurze Pause, dann helfe ich mit. Gedankenlos sitze ich im Gras und lasse mein Messer immer wieder zuschnappen. Als ich einen Blick auf mir spüre schaue ich mich um. Und da steht er. Etwas verborgen zwischen den Zelten. Winnetou. Unsere Augen treffen sich. Ein paar Sekunden später wendet er sich ab und verschwindet. Das hat es jetzt gebracht. Kurz schließe ich die Augen. Leichter Wind kommt auf und kühlt angenehm meine Haut. Dann verschwindet auf einmal die Sonne. Verwirrt öffne ich die Augen. Eine ziemlich aufgelöste Naira steht vor mir. ,,Du musst sofort mitkommen. Winnetou will zu den Comanchen."
,,Was wieso?" ,,Mira du bist die einzige die ihn davon abhalten kann." Ich werde auf die Beine gezogen und laufe mit Naira an ein paar Zelten vorbei. In der Ferne kann ich eine schnell reitende Gestalt ausmachen. Ohne zu zögern renne ich zu Silver. Mein Messer kommt wieder in den Schuh und mit einem Sprung bin ich auf Silver. Naira macht das Gatter auf und ungehalten galoppiere ich raus.
,,Na los, Silver, wir müssen Aponi einholen", sage ich leise. Er schnaubt und beschleunigt. In einem irren Tempo rennt er über die Wiesen. Immer wieder verschwindet die Gestalt und Silver kann auch nicht mehr lange. Wenn Winnetou nicht bald anhält, hab ich ein Problem. Doch ich hab Glück. Auf einem Hügel hält er an. Schnaufend und geschwitzt kommt Silver neben einer genauso erschöpften Aponi zum stehen. Mit einer schnellen Bewegung lande ich auf dem Boden. ,,Wieso ist Mira hinterher gekommen." ,,Irgendwer muss dich doch davon abhalten zu den Comanchen zu gehen." Er dreht sich um und seine Augen formen sich zu Schlitzen. ,,Sie haben es verdient." ,,Wieso lässt du es nicht einfach. Du wirst alleine niemals eine Chance haben."
,,Sie haben dir deine Ehre genommen." ,,Winnetou das kann man sowieso nicht mehr ändern. Ich habe mich damit angefunden." ,,Er muss sterben."
,,Du wirst trotzdem keine Chance gegen ihn haben. Sobald du auf ihrem Land bist, werden sie dich überwältigen." ,,Warum ist dir das so wichtig? Mira hat sich die letzten Wochen auch nicht für Winnetou interessiert." Ich beiße mir auf die Lippe. Das hat gesessen. ,,Wenn du zu den Comanchen gehst, dann komme ich mit. Willst du das wirklich riskieren?" Irgendwie muss ich ihn ja abhalten. Er überlegt. ,,Wird es dann so wie früher werden, wenn ich zurück gehe?" ,,Ich hoffe."
Winnetou lächelt und geht zu Aponi. ,,Komm. Wir haben einen langen Weg vor uns."
DU LIEST GERADE
Das weiße Mädchen
AbenteuerMira kommt, nach dem Tod ihrer Mutter, durch unerklärliche Weise nach Amerika. In die Zeit der Indianer. Nach Tagen, in denen sie alleine rumgeirrt ist, trifft sie auf einen Apachenstamm, der sie aufnimmt. Sie lernt die Indianische Sprache Lakota un...