Schon seit Tagen ist Aufregung im Lager. Mittlerweile ist es überall rum gegangen, dass Winnetou mich zu seiner Squaw nehmen wird. Amatok läuft mit einem Dauergrinsen rum, Naira näht die ganze Zeit an irgendwelchen Sachen, die Feindschaft zwischen mir und Dibe ist noch schlimmer geworden und der Rest des Stammes freut sich unglaublich für uns beide. Konrads Sachen hab ich mittlerweile dem Stamm übergeben, außer das Papier und die Stifte. Die hab ich behalten. Sani ist jetzt Winnetous Pferd, obwohl er ihn nicht reitet, da er zu schwach und alt ist. Der Gute darf jetzt sein restliches Leben auf der schönen Wiese verbringen. Was ein geiles Leben. Neben den Arbeiten für die Zeremonie, bei denen weder ich noch Winnetou helfen dürfen, werden Pelzstiefel, Mäntel und Decken für den kommenden Schneeeinbruch genäht. Ebenfalls bekommen die trächtigen und sehr alten Pferde eine Decke, damit sie geschützter sind. Meine Zeit verschwende ich mit ausreiten und rumgammeln. Echt langweilig wenn man nichts machen darf. Ebenso gelangweilt sitzt Winnetou neben mir, welcher ja auch von jeglicher Arbeit ausgeschlossen ist. Nicht mal jagen darf er. Jeden Tag werde ich ein Stück nervöser, ich mein man heiratet ja nicht jeden Tag und vorallem nicht mit 17. Zumindest da wo ich her komme. Der Eingang geht auf und Naira kommt mit Achak und Hinto rein. ,,Mira du kommst jetzt mit mir", sagt Naira und zieht mich hoch. Ebenso wird Winnetou von den beiden anderen hochgezogen. ,,Was, wieso denn?" Total verwirrt schaue ich zwischen allen her. Sie fängt an zu kichern. ,,Naira erklärt es bei sich im Zelt." Ohne ein Wort wendet Winnetou sich ab und geht in der Mitte der beiden zum Zelt seines Vaters. Ich werde von Naira zu ihr gezogen. Die Frauen lächeln mich freundlich an, sogar die anderen in meinem Alter haben sich damit abgefunden und freuen sich. Außer Dibe. Die guckt unentwegt mit grimmigem Gesicht in der Gegend rum. Sorgfältig verschließt Naira den Eingang ihres Zeltes. ,,Was soll das Ganze jetzt?" Sie grinst unschuldig. ,,Mira darf Winnetou bis zur Zeremonie nicht mehr sehen. Und sie darf das Tipi nicht verlassen, außer um sich zu waschen, aber dann muss ich mitkommen." ,,Aber es sind noch zwei Tage. Was soll ich denn die ganze Zeit machen?" Sie zuckt mit den Schultern. ,,Jede Frau und jeder Mann muss da durch. Es ist Tradition." ,,Ich hab ja eh keine andere Wahl." Ich lasse mich auf die Felle sinken und starre die Lederstücke an.
,,Wenn Mira etwas hat, Naira ist direkt vor ihrem Tipi." Mit diesen Worten verschwindet sie.Am Morgen des besagten Tages weckt Naira mich unglaublich früh. ,,Komm schon, Mira muss sich waschen gehen." ,,Ja ist ja schon gut." Mit halboffenen Augen folge ich Naira zum Fluss. Nach viel Überredenskunst wendet sie sich endlich ab, damit ich mich alleine frisch machen kann. Obwohl das Wasser eiskalt ist, beiße ich die Zähne zusammen. Mit einem von diesen Handtuchfellen, wie ich sie nenne, trocke ich mich schließlich ab und kaue auf diesem Zahnputzzweigen rum. Auf dem Weg zum Lager esse ich dann noch ein paar Minzblätter. Zurück in Nairas Zelt gibt sie mir eine Art Lederband für meine Brust und einen kurzen Lendenschurz für Frauen. Schnell ziehe ich mich um und wenig später betreten
Patis Mutter, Elu und Gola das Zelt und drücken mich auf die Felle. Patis Mutter kümmert sich um meine Haare, während Elu und Gola meinen Rücken mit irgendwelchen Symbolen bemalen. Naira sitzt neben mir und verbessert hier und da meine Kleidung. Dabei reden alle durchgehend durcheinander, wie schön das doch alles ist. Und ich? Tja ich sitze in einfach nur da und lasse alles schweigend über mich ergehen. Was bleibt mir auch anderes übrig? Ich bin es ja auch selber Schuld. Warscheinlich steht Winnetou gerade genau das selbe durch.Mit einer wunderschönen und doch schlichten Frisur und irgendwelchen Mustern auf meinem Rücken werde ich von den vieren eingekleidet.
,,Was muss ich eigentlich gleich machen?", frage ich nervös. Klar ich war schon bei solchen Zeremonien hier dabei, aber irgendwie hab ich das gerade alles vergessen. Gola fängt an zu kichern. ,,Keine Angst, das ist normal. Jeder ist so aufgeregt."
,,Dir wird alles gesagt, es wird nicht unvorhergesehenes passieren", sagt Naira. ,,Außer am Ende", kichert Elu und grinst die anderen an. ,,Sehr beruhigend", sage ich und ziehe die Hose an, die Naira mir hin hält. Das Oberteil wird fest an meinem Rücken zusammen gebunden. Schließlich gibt Naira mit ein Paar... nunja keine Ahnung was das sein soll. Es ist eine Mischung aus Fell und Mokassins, aber als Schuh würde ich das auch nicht bezeichnen. Zuletzt hänge ich mir noch Winnetous Kette um, die ich außer beim schlafen nie ablege. Bevor ich rausgehen kann, wird noch mal alles überprüft, dass auch ja meine Haare richtig liegen. Am Ende stehe ich vor den vieren, welche mich mit glitzernden Augen mustern.
,,Winnetou wird glücklich sein so ein hübsches Mädchen zu bekommen", grinst Gola. Als Naira endlich den Eingang ihres Zeltes öffnet schmerzt mein Bauch vor Nervosität und am liebsten würde ich einfach weg rennen.Draußen ist es bereits dunkel. Scheiße, die haben echt den ganzen Tag gebraucht, um mich fertig zu machen. Mit unwohlem Gefühl lasse ich mich von Naira zum Feuer schieben. Irgendwann sagt sie ich soll stehen bleiben und ich tue es einfach. Von der anderen Seite kann ich sehen, wie Winnetou mit vier seiner Männer ankommt und mit ein paar Meter Abstand vor mir stehen bleibt. Er mustert mich, ebenso ich ihn. Er trägt ähnliche Kleidung wie ich, nur etwas weiter. Seine Haare sind offen und zwei Federn hängen drin. Nur entfernt nehme ich wahr, wie die Trommeln leise anfangen zu spielen, erst als Amatok seine Stimme erhebt, wende ich mich von Winnetou ab. Ich höre zwar, dass er redet, aber irgendwie rauscht das Ganze einfach an mir vorbei. Als Amatok leise ist, hab ich kein Plan was er gesagt hat. Die Trommeln werden immer lauter und schneller. Am Höhepunkt rammt Amatok mit voller Wucht einen bunt bemalten Speer in den Boden. Schließlich breitet er die Arme aus und bittet den großen Geist darum, uns zu beschützen. Die Trommeln verstummen und es ist totenstill. Ich sehe wie Winnetou auf seinen Vater zugeht und mir zunickt, also gehe ich ihm entgegen. Am Speer treffen wir zusammen.
,,Winnetou, mein Sohn, liebe und ehre deine Frau, so wie es ein ehrlicher Apache tut." Winnetou umfasst ein Gesicht mit beiden Händen und drückt mir einen Kuss auf die Haare, um die Worte seines Vaters zu bestätigen. Die Apachen fangen an zu jubeln und ich werde wieder von Winnetou getrennt. Ich werde von unglaublich vielen Frauen umrahmt, Winnetou von Männern. Dann werde ich über einen Umweg zu Winnetous Zelt geschoben. Währenddessen zerschneidet Naira meine komplette Kleidung, bis ich nur noch im Lendenschurz und dem Lederband um meine Brust in der Kälte stehe. Etwas unsanft stößt Naira mich ins Zelt. Ungeschickt stolper ich, werde aber schnell von zwei starken Armen aufgefangen. Von drinnen hört man, wie der Eingang zugemacht wird und sich die jubelnde und schreiende Menge entfernt. Immernoch klammer ich mich an Winnetous starke Arme obwohl ich schon längst wieder sicher stehe. ,,Geht es Mira gut?", fragt er besorgt und streicht über meine Arme.
,,Alles bestens", erwieder ich und stelle mich wieder richtig hin.
,,Winnetou ist stolz Mira endlich an seine Seite zu haben." Er lächelt mich glücklich an und zieht mich näher zu sich. ,,Mira soll sagen wenn es ihr zu viel wird. Winnetou wird dann sofort aufhören." Ich kann gerade noch nicken, bevor seine Lippen auf meine treffen. Sofort verschwindet die Kälte und macht einer angenehmen Wärme Platz. Seine Hände liegen an meine Hüfte und ziehen mich, wenn das überhaupt noch geht, noch näher an ihn. Ewigkeiten stehen wir so da, uns küssend, den anderen fest umschlungen. Längst habe ich meinen Mund geöffnet um mich ihm ganz hinzugeben. Irgendwann finde ich mich auf den Fellen wieder, welche scheinbar frisch ausgetauscht wurden. Es dauert nicht lang, bis Winnetou auf mir liegt und den Kuss wieder vertieft. Ununterbrochen fahren seine Finger über meinen Körper und hinterlassen eine kribbelnde, leicht brennende Spur. Die Augen geschlossen, konzentriere ich mich nur auf seine Berührungen. Als er schließlich mit seinen Fingern unter mein Brustband geht, macht sich Panik in mir breit und meine Lunge droht zu platzen. Sofort merkt Winnetou meine Angst und zieht seine Hände zurück. Seine Lippen entfernen sich und ich öffne meine Augen. Im schwachen Licht des Feuers zeichnet sich nur wenige Zentimeter über mir sein Gesicht ab. ,,Es tut mir leid", hauche ich leise und versuche meinen Puls runter zu bekommen. ,,Alles gut. Winnetou hat versprochen zu warten. Dieses Versprechen wird er nicht brechen." Dankbar lächel ich ihn an. Ein letztes Mal für diesen Abend küsst er mich. Dann legt er sich neben mich und zieht mich schützend in seine Arme. Mit geschlossenen Augen höre ich seiner Atmung zu. Die ganze Zeit über bleibt er wach und wartet geduldig bis ich endlich eingeschlafen bin.
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Das weiße Mädchen
AdventureMira kommt, nach dem Tod ihrer Mutter, durch unerklärliche Weise nach Amerika. In die Zeit der Indianer. Nach Tagen, in denen sie alleine rumgeirrt ist, trifft sie auf einen Apachenstamm, der sie aufnimmt. Sie lernt die Indianische Sprache Lakota un...