Zehn

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So würde ich also sterben?! Alleine
„Ich werde langsam Ungeduldig!", sagte der Junge vor mir. Dann würde es auch nicht mehr lange dauern, bis er mich erschossen hatte.

In Gedanken verabschiedete ich mich schon einmal von meinem Leben. Ich schloss wieder die Augen.

Die Waffe wurde ruckartig von meiner Schläfe genommen. Ich hörte einen dumpfen Schlag, ein Schuss. Ich öffnete die Augen. Der Junge lag am Boden, wahrscheinlich bewusstlos. Neben ihm lag die Waffe. Der Schuss musste sich nach oben gelöst haben, aber wer war mein Retter?

Ich guckte mich einmal in der U-Bahn Station um. Es war niemand da? Hatte ich mir das alles nur eingebildet und war in Wirklichkeit schon tot?

Ich kniff mich einmal in den Arm. Nein, zum Glück, ich lebte noch!

Mühsam rappelte ich mich auf. Mein Kopf tat mir weh. Ich fasste mir an diese Stelle. Dann betrachtete ich meine Hand. Sie war blutverschmiert. Mist. Zu Amy würde ich jetzt nicht mehr gehen. Ich wollte einfach nur noch nach Hause.

Als ich es endlich geschafft hatte mich nach Hause zu schleppen, ging ich sofort ins Bad um mir meine Kopfwunde anzugucken. Sie sah echt übel aus.

Ich schnappte mir viele Tücher um sie gegen meinen Kopf zu drücken, damit die Blutung aufhört. Nach einer halben Stunde hatte ich es dann auch geschafft.

Müde warf ich mich auf mein Bett. Ich wollte einfach nur noch schlafen. Doch eine Frage geisterte mir im Kopf herum. Wer hatte mich gerettet? Ich wurde immer müder und fiel irgendwann dann doch ins Reich der Träume.

Das Wochenende war viel zu schnell rum gegangen und heute war auch schon wieder Montag. Ich saß im Bus neben Flo und ließ die Welt an mir vorbei ziehen. Der Tag heute würde langsam rum gehen, dass hatte ich im Gefühl.

In der Klasse traf ich auch schon auf Amy. „Hey, Amy wie geht's dir?" Ich setzte mich neben sie. „Layla, wo warst du? Ich habe auf dich gewartet!" Mist, das hatte ich ganz vergessen. Ich hatte Amy nicht abgesagt. „Ja tut mir leid. Mir ist etwas dazwischen gekommen!", versuchte ich sie zu beruhigen. „Wie geht's deinem Handgelenk?" Ich versuchte das Thema zu wechseln.

„Es wird besser! Der Schnitt war ganz schön tief!" Oh Gott. Sie hätte verbluten können!? Doch ich verstand immer noch nicht warum Tom das gemacht hatte.

„Warum hat er das eigentlich gemacht?", fragte ich sie nun. Ich war echt neugierig. „Bei uns geht es um Anerkennung. Wir alle wollen der Beste sein. Wir gehen in feindliche Territorien und sprayen dort um Mut zu beweisen und Anerkennung zu bekommen. Wenn wir jedoch erwischt werden von der Heimgang müssen wir die Strafe aushalten. Jede Gang hat seine eigene Strafe. Toms Gang ritzt die Gegner als Bestrafung!" Ich war schockiert. Das hatte er also nicht zum ersten Mal gemacht.

„Und was habt ihr als Bestrafung?", wollte ich wissen. Die Neugier in mir wuchs. „Wir schlagen.", sagte sie ruhig. Das war alles? Verprügeln? Ich guckte sie irritiert an.

„Ich weiß, es klingt nicht gerade nach viel. Aber letzte Woche hat Flo einen aus Toms Gang ins Koma geprügelt." Oh Gott, gab es denn überhaupt keine Grenzen? Würden sie erst aufhören wenn alle tot sind?!

Die Tür von der Klasse ging auf und Bill trat ein. Natürlich mit Georg und Gustav. Wenige Meter hinter ihm lief Tom. Bill setzte sich auf seinen Platz neben Georg und Gustav.

„Und wie geht es dir?", fragte Georg neugierig an Tom gerichtet. „Es geht...", sagte dieser. „...war ja nur ein Streifschuss!"

Streifschuss? Was? Ich erinnerte mich an die Szene in der U-Bahn Station. Was ist wenn der Schuss doch nicht nach oben gegangen war sondern getroffen hatte? War Tom etwa mein Retter gewesen?

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