Fünfundzwanzig

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Er trug mich bis zur Bahnstation, dort setzte er mich auf eine der Wartebänke, weil unser Zug erst in zwei Minuten kommen würde. Er setzte sich vorsichtig neben mich auf die Bank. Er stöhnte einmal vor Schmerzen auf. Nico hatte ihn ja auch geschlagen. Ich hoffte einfach nur, dass mit Tom alles in Ordnung war!

Kurze Zeit später fuhr auch schon unser Zug ein. Tom wollte mich wieder tragen, doch ich winkte ab. Ich wollte die paar Meter alleine laufen.

Wir setzten uns auf zwei Sitze, die zum Glück noch nebeneinander frei waren. Unser Wagon füllte sich mit noch mehr Leuten. Dann fuhr die Bahn los.

Wir fuhren eine ganze Weile, bis mich eine Stimme aus meiner Traumwelt holte. "Die Fahrkarten, bitte!" Sonst bin ich hier noch nie einem begegnet, der unsere Fahrkarten kontrolliert hat und jetzt, wo wir natürlich keine hatten, wurden wir kontrolliert?! Mehr konnte ja heute nicht schief gehen.

Ich guckte zu Tom. Er schien ganz gelassen. Eigentlich wirkte er in allen Situationen sehr gelassen. Ich fragte mich, ob er in der Vergangenheit etwas erlebt hatte, was ihn so unempfindlich und kalt gemacht hatte.

Der Schaffner war nun bei uns angelangt und fragte den allbekannten Satz. "Die Fahrkarten, bitte" Er schaute Tom erwartungsvoll an. Dieser jedoch zog nur seine Kette hervor und zeigte dem Schaffner diese. "Und was ist mit ihr?" Er nickte zu mir hinüber. "Sie gehört zu mir!", stellte Tom klar. "Dann zeig mir ihren Fahrschein!", der Schaffner klang genervt. "Du wirst sie jetzt in Ruhe lassen und deine Arbeit fortsetzten!" Tom war aufgesprungen und hatte den Schaffner an seinem Kragen festgehalten. "Okay, okay, schon gut!" Tom ließ ihn los und setzte sich wieder. Der Mann ging weiter. "Die Fahrkarten bitte?",sagte er zu dem älteren Ehepaar, das neben uns stand und Tom verwirrt angeguckt hatten.

An der vorletzten Station stiegen wir aus. Ich kannte diese und wusste nun auch wo wir hin wollten. Wir waren auf dem Weg zu Tom.

Ich bestand darauf selber zu laufen. Tom akzeptierte das, jedoch stütze er mich bis zu seiner Haustür. Sofort hatte er den Schlüssel in der Hand und schloss die große Haustür auf. Wir gingen in das hellerleuchtete Haus.

Sofort kamen uns drei Personen entgegen. Georg, Gustav und Bill. Sie halfen mir die Treppe hoch und in Toms Zimmer. "Wir legen sie auf mein Bett. Georg unten in der Küche ist der Arztkoffer." Georg nickte und lief wieder hinunter in die Küche. Die anderen Jungs legten mich auf Toms Bett.

"Wo bleibt er denn?", sagte Tom wütend. "Bleib ruhig, Tom!", versuchte Bill seinen älteren Bruder zu beruhigen. Da kam auch schon Georg ins Zimmer gelaufen. Er hatte einen weißen Koffer in der Hand. "Was ist passiert?", fragte Gustav ernst. "Florian", sagte Tom nun wieder etwas ruhiger. Bill zog die Luft scharf ein. "Okay Layla, ist es in Ordnung, wenn ich dich abtaste?" Was ist er? Arzt? Ich nickte nur. Er begann auch gleich.

Während Gustav mich abtastete hielt ich Toms Hand. Es schmerzte, aber es war auszuhalten. "Sie hat Glück, es ist keine Rippe gebrochen!" Tom und Bill atmeten beide gleichzeitig erleichtert aus. "Ich würde es trotzdem zur Sicherheit verbinden!", beharrte Tom. Gustav nickte. Dann wendete er sich an mich. "Würdest du dich einmal bitte kurz aufsetzen?"

Ich befolgte Gustavs Anweisungen und lag keine 15 Minuten später verbunden in Toms Bett und es ging mir wirklich etwas besser. Ob dies nun an den Verbänden oder an Tom lag, wusste ich nicht.

Gustav hatte mir Bettruhe verschrieben. Im Klartext also: schlafen bis ich mich wieder top fit fühle. Also versuchte ich zur Ruhe zu kommen und tatsächlich viel ich nach ein paar Minuten in das Reich der Träume.

Stimmen holten mich aus meinem traumlosen Schlaf. Ich schlug die Augen auf und guckte mich einmal im Zimmer um. Es war leer, doch die Balkontür war auf. Ich setzte mich vorsichtig auf und erkannte Bill und Tom. Zum Glück waren die Balkonscheiben verdunkelt, sonst hätten sie mich jetzt entdeckt.

"Du bringst Layla in Gefahr, wenn du ihr nicht die Wahrheit erzählst. Die ganze Wahrheit, Tom. Angefangen mit dieser beschissenen Kette, mit Mia und..." Bill wurde zum Schluss immer lauter, doch Tom schnitt ihm das Wort ab. "Wage es nicht den Namen auszusprechen!"

Leise stand ich auf und ging zur Balkontür. "Sam", sagte Bill und ich sah, wie Tom leicht anfing zu zittern, als der Name viel.

Langsam trat ich auf den Balkon. Bill und Tom guckten mich beide irritiert an. Tom war der erste, der seine Sprache widerfand. "Layla, haben wir dich gewe..." "Tom, ich will Antworten!", sagte ich leise. "Okay!"

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