Vier

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Er war es. Da war ich mir hundertprozentig sicher! Ich würde die Stimme nicht mehr so schnell vergessen. Wieder stieg Panik in mir auf. 'Verschwinde' die Worte des Jungen hallten wieder in meinem Kopf. Genau dies sollte ich jetzt tun: Verschwinden! Doch ich bewegte mich nicht. Warum nicht? Es würde mich noch in Schwierigkeiten bringen wenn ich jetzt nicht verschwand. Doch mein Füße wollten sich nicht bewegen. Ich guckte also gespannt auf das Schauspiel das sich hinter dem Zaun abspielte.

Es waren fünf Personen. Sie standen etwas weiter von mir weg. Deshalb und wegen der Dunkelheit konnte ich nicht alles erkennen, jedoch sehr viel. Der Junge dessen Stimme ich erkannt hatte stand mit dem Rücken zu mir. Ich wusste also immer noch nicht, wie er aussah. Neugier stieg in mir auf und ich hörte angespannt zu.

„Diese dumme, kleine Göre. Versucht sie ernsthaft uns reinzulegen. Aber nicht mit mir!" Der Junge trat wütend einen Stein weg. Dieser knallte gegen den Zaun. Ich erschrak. Zum Glück gab ich keinen Laut von mir.

„Was hast du jetzt vor?", fragte ein anderer Junge. „Jetzt sollen sie mich aber mal richtig kennenlernen. Ich will sie fertig machen!" das war die Antwort vom Jungen.

Oh Gott. Wer würde hier wen fertig machen? Wo war ich denn hier gelandet? Ich taumelte zurück. Wollte einfach nur verschwinden und stieß mit etwas hartem zusammen.-eine Mülltonne. Sie viel um und machte ein lautes knallendes Geräusch. Natoll jetzt würden sie mich entdecken.
Kaum hatte ich dies gedacht hörte ich auch schon Schritte, die auf mich zukamen. Mist ich war geliefert. Hilfe suchend schaute ich mich um. Wo sollte ich nur hin?

Ich rappelte mich auf und sah auch schon vier Personen auf mich zulaufen. Der Junge war anscheinend nicht dabei.

Ich erinnerte mich an die Wegbeschreibung vom Taxifahrer zu Amy. Amy, ich musste zu ihr. Dort würde ich in Sicherheit sein! Ich drehte mich um und lief los. Erst Richtung Hauptstraße und dann immer weiter in Richtung Amys Haus.

Panisch klingelte ich an der Haustür. Diese wurde keine Sekunde später weniger Panisch aufgerissen. Amy sah mich angsterfüllt an.

„Layla, was ist los?", fragte sie mich während sie mich reinbittet. Konnte ich ihr vertrauen? Immerhin kannte ich sie erst seit heute Morgen. Doch ich hatte das Gefühl ihr alles erzählen zu können. Also tat ich dies auch. Nur eine klitzekleine Information ließ ich raus: Das ich dem Jungen schon einmal begegnet bin. Amy sollte nichts von meinem Hobby erfahren, da es illegal war und ich sie nicht einschätzen konnte. Vielleicht würde sie zur Polizei gehen und mich wegen Sachbeschädigung anzeigen!?

Als ich mit meiner Erzählung fertig war fragte sie: „Warum bist du überhaupt ausgestiegen?" Ich wusste es nicht. Ja warum eigentlich?

Ich hatte keine Antwort auf diese Frage. Dies merkte Amy kurze Zeit später auch, denn als wir in ihrem Zimmer angekommen waren wechselte sie uhrplötzlich das Thema.

„Du hast ein Tattoo?", fragte sie mich irritiert. Natoll. Das Geheimhalten von meinem Hobby war ja schon mal danebengegangen. Wie sollte ich ihr denn sonst mein Tattoo erklären.

Komm schon Layla. Amy ist deine Freundin! Munterte ich mich auf. Ich setzte mich auf ihr Bett. Sie setzte sich neben mich. Ich zog den Armel von meinem Pullover hoch und zeigte ihr mein rechtes Handgelenk.

„Wow! Das ist hübsch. Was hat es für eine Bedeutung für dich?", fragte sie neugierig. Los Layla, du schaffst das! „Ich spraye selber Graffitis!", sagte ich ruhiger als ich es erwartet hatte. Amy sprang auf. Ich hatte erwartet, dass sie mich rausschmeißen ober anschreien würde aber stattdessen kramte sie etwas aus ihrer Nachttischschublade. Es waren Spraydosen. Verwundert schaute ich sie an. „Ich auch!", sagte sie dann.

Das hätte ich nicht von Amy erwartet. Sie kam immer ganz ordentlich rüber. Sie war anscheinend auch ein Mädchen mit zwei Gesichtern-genau wie ich.

Wir hatten uns noch die ganze Zeit über mein Tattoo, Graffitis und andere Sachen die damit zu tun haben unterhalten, doch dann musste ich auch schon nach Hause. Die Zeit war echt wie im Flug vergangen. Amy bestellte mir ein Taxi und keine fünfzehn Minuten später war ich wieder zu Hause. Dort machte ich mich fertig fürs Bett und viel in einen traumlosen Schlaf.

Mein Wecker klingelte und teilte mir wie jeden Morgen mit, dass es Zeit zum Aufstehen war. Widerwillig wie jeden Morgen tat ich das. Ich zog mich in einer Rekordzeit an, frühstückte schnell, schnappte mir meinen Schulrucksack und war schon auf dem Weg zur Bushaltestelle. Dort traf ich auch gleich auf Florian, der mir zuwinkte und auf mich zuging.

„Hey Layla. Wie geht's dir so?" fragte er in seiner lässigen Art. „Ich bin noch etwas müde!", gab ich von mir. Flo lachte. „Ich auch.", sagte er und dann stiegen wir in den Bus, der bereits gekommen war.

In der Schule setzte ich mich neben Amy, die mich lächelnd begrüßte. „Und alles okay bei dir?" Ich nickte nur. Irgendwie benahmen sich heute alle übertrieben freundlich zu mir. Warum nur? Der Lehrer betrat den Raum und der Unterricht begann.

In der Pause gesellte ich mich zu Amy und ihren Freunden. Sie waren heute irgendwie alle komisch zu mir. Alle waren freundlich, nett und ließen mich nicht aus den Augen. Ich konnte sie nur ein einziges Mal loswerden. Dies war als ich zur Toilette musste. Es wäre ja auch schräg gewesen wenn sie darauf bestanden hätten, dass sie mitkommen wollten.

Ich ging danach in die Klasse zurück, doch ich traf keinen meiner Freunde an. Sie werde schon irgendwann kommen. Spätestens wenn der Unterricht beginnt, dachte ich mir. Ich setzte mich also auf meine Platz.

Zu meiner Überraschung war Bill da. Er stand an eine Wand gelehnt und redete mit einem Jungen. „Herr Köhler war heute in den ersten beiden Stunden wieder voll nett zu uns!", sagte Bill zu dem Jungen. „Natoll, da kann ich mich ja auf was freuen. Du weißt, dass ich den gleich habe...oder ich geh gar nicht zum Unterricht!", sagte der Junge. Ich führ zu ihnen herum. Und musterte den Jungen einmal. Er trug weiße Sneakers, eine viel zu große Hose, ein viel zu großes T-Shirt, eine Cap und durch diese hingen seine dunkelblonden Dreadlocks-es war der Junge aus der Sackgasse-der Junge von gestern Abend.

Ich starrte die beiden Jungs an. Wer war dieser Junge. Er konnte nicht Bills Bruder sein immerhin hatte Amy gesagt, dass die beiden Zwillinge waren. Okay vielleicht waren sie keine eineiigen Zwillinge?!

So jedoch hatte ich mir den Jungen aus der Gasse nicht vorgestellt. Er sah zwar auch nicht unbedingt ganz normal aus aber überhaupt nicht nach Straße. Ganz im Gegenteil, die Klamotten die er trug sahen nicht nur hochwertig sondern auch teuer aus.

„Layla, hier bist du!" Amy stürmte auf mich zu und ließ sogar den Jungen herumfahren. Ich tat dies auch und starrte Amy an. „Ja", sagte ich kalt.

„Sehen wir uns gleich draußen?", fragt der Junge. „Ja", sagte Bill. Dann ging der Junge an mir vorbei bis zur Klassenzimmertür. Dort angekommen drehte er sich noch einmal um Unsere Blicke trafen sich und er schenkte mir ein warmes Lächeln. „Dich kann ich mir merken!" sagte er, dann verließ er die Klasse. Genau diese Worte hatte er zu mir in der Gasse gesagt.

Mein Endschluss stand fest. Das konnte nicht Bills Zwillingsbruder sein. Amy hatte mir erzählt, das es hieß er sei ein Mörder und das war dieser Junge ganz sicher nicht!

„Wer war das?" Ich stellte diese Frage an Amy, als Bill die Klasse verlassen hatte. „Da fragst du noch? Layla hast du mir gestern eigentlich überhaupt zugehört?", fassungslos starrte sie mich und ich sie an.

„Herzlichen Glückwunsch! Du hast gerade Bekanntschaft mit TOM KAULITZ gemacht!"

Das konnte doch nicht wahr sein...

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