Kapitel 41

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Es war seltsam. Die ganze Situation war verworren. Verdammt verworren und mit David wollte ich darüber nicht reden. Er würde sich nur einmischen und ich hatte keine Ahnung, wie Lewy darauf reagieren würde. Immerhin versuchte dieser mir zu zeigen, dass er es ehrlich meinte. Immer wieder diese kleinen Gesten, dass ich ihm vertrauen konnte. Dass er es wirklich nicht böse mit mir meinte. Aber eigentlich war es egal. Ich gehörte ihm, traute mich nur nicht recht dazu zu stehen. Lewy drängte mich zum Glück auch nicht und ich war ihm dafür sehr dankbar. Mit dieser Geste brachte er sich mir näher, als er wahrscheinlich selbst vermutete. Nur heute war ich mir etwas unsicher. Ich war gestern mit David unterwegs gewesen und hatte deswegen nicht wie üblich mit Lewy telefoniert. Diese Telefonate waren bei uns Pflicht geworden, da unsere Beziehung noch nicht so weit war, sich jeden Tag außerhalb des Trainings noch zu sehen. Allerdings wollte Lewy auch nicht ganz auf mich verzichten und so hatten wir das Telefonat als Kompromiss genommen. Nur gestern hatte ich es eben nicht geschafft, da ich da noch mit David weg war. Eigentlich hatte ich ja gestern noch mit einer Reaktion von Lewy gerechnet. Mit wütenden Nachrichten oder ähnlichem, aber nichts. Er hatte nicht versucht mich anzurufen, hatte mir keine Nachricht geschrieben und auch sonst hatte ich nichts von ihm gehört. Beunruhigt hatte es mich schon etwas, aber viel schlimmer war mein Gewissen. Es quälte mich, dass ich mir nicht mal die Zeit genommen hatte, um Lewy abzusagen, denn die hätte ich gehabt. Zumindest für eine kurze Nachricht. Was musste Lewy jetzt wohl von mir denken? Ich war ein verdammt schlechter Freund. Da gab er sich so viel Mühe mich auch nicht zu viel zu bedrängen und dann baute ich so einen Mist. Dementsprechend zerknirscht machte ich mich auch auf den Weg zur Kabine. Lewy war immer deutlich früher da, um zuvor noch etwas zu machen und da sonst niemand früher kam, hatte ich beschlossen diese Zeit zu nutzen und mich zu entschuldigen. Als ich die Kabine betrat, in der sich Lewy gerade noch am umziehen war, ignorierte er mich jedoch. Er tat, als wäre ich Luft und eins wurde mir noch klarer. Genau so, wie ich mich gerade fühlte, wie weh mir das jetzt tat, so hatte er sich gestern gefühlt und so hatte ich ihm weh getan. Ich würde jetzt auf ihn zu gehen müssen und am besten tat ich das schnell. Also stellte ich schnell meine Tasche auf meinen Platz und näherte mich dann ganz langsam Lewy. Als ich hinter ihm stand hob ich die Hand, zögerte nochmal kurz und legte sie dann erst auf seine Schulter: “Lewy?“ fragte ich vorsichtig, doch er reagiert nicht. “Lewy bitte. Rede mit mir. Es tut mir leid. Ich hab Scheiße gebaut. Ich hab deswegen auch fast nicht geschlafen.“ Aber Lewy reagierte immer noch nicht. So langsam stieg Panik in mir auf. Ich musste das wieder hinbekommen und zwar schnell.
“Lewy bitte. Es tut mir so unendlich leid. Es wird nie wieder vorkommen. Bestraf mich, mach was du willst, aber bitte, bitte rede mit mir.“ flehte ich ihn weinerlich an und endlich ging eine Reaktion durch seinen Körper. Er seufzte ein mal tief und dreht sich dann zu mir um. Sein Blick war kalt und meine Sicht verschwamm immer mehr. “Bitte...“ hauchte ich und wieder seufzte er, schloss kurz die Augen und legte dann die Arme um mich, während er mich näher an sich zog. Ich vergrub mein Gesicht an seiner Brust und musste stark gegen die Tränen kämpfen.
“Weißt du Mario, eigentlich sollte ich dich wirklich bestrafen. Eigentlich sollte ich dich weiter ignorieren. Aber du hast deinen Fehler selber erkannt. Bist zu mir gekommen. Hast mich sogar um eine Bestrafung gebeten. Das macht es wenigstens etwas besser. Aber sag mir. Was soll ich tun. Wenn ich dir Raum lasse, baust du Mist und wenn ich dich ganz nah bei mir halte, baust du auch Mist. Sag mir also Mario, was soll ich nur mit dir machen?“ meinte er sanft.
“Ich...Ich weiß es nicht“ nuschelte ich in sein Oberteil. Und drückte mein Gesicht noch mehr in den Stoff. Eine von Lewys Händen löste sich von meinem Körper und er begann mir über die Haare zu streicheln.
“Das letzte mal Mario. Das ist das letzte mal, dass ich dir so etwas verzeihe. In Zukunft werden dann andere Seiten aufgezogen, verstanden?“ fragte er und ich nickte so schnell und stark ich konnte. Ich hatte verstanden. Ich wollte ihn beweisen, dass es mir ernst war.
“Gut, dann komm. Zieh dich um, ich will endlich trainieren“ sagte er und drückte mich etwas von sich, sodass ich ihn anschauen musste.
“O...Okay.“ antwortet ich und als er mich los ließ, beeilte ich mich mit dem Umziehen. Lewy wartete auf mich und gemeinsam betraten wir den Platz. Aber irgendwie nagte es noch an mir. Ich wollte ihm zeigen, dass ich es ernst meinte. Da kam mir die Idee. Gerade lief im Kino noch der neue Transformers - Ära des Untergangs. Ihr wusste, dass Lewy diese Filme sehr mochte und so wie ich ihn kannte noch nicht im Kino war, denn eigentlich hasste er es so viel Geld fürs Kino und nur einmal den Film sehen auszugeben. Aber gerade für mich, war das vielleicht die entscheidende Lösung.
“Duhu Lewy“ setzte ich an und er schaute mich fast sofort mit skeptischen Blick an.
“Was gibt es Mario?“
“Gehst du heute mit mir ins Kino?“ fragte ich und da ich sofort die Ablehnung in seinen Augen sah, setzte ich noch hin zu: “Ich will es wieder gut machen und Zeit mit dir verbringen und da gerade der neue Transformers im Kino läuft und du die Filme ja so magst, dacht ich...“
“Dachtest du, du fragst mich, ob wir uns den Film gemeinsam anschauen.“ vollendete er meinen Satz und überlegt kurz bis er hinzufügte: “Eine wirklich gute Idee. Ich bin stolz auf dich.“
Etwas überrumpelt brachte ich nur ein “Danke heraus“ und Lewy fuhr fort: “Du könntest mich zuhause abholen und wir dann ins Kino fahren. Mein Auto braucht heute leider mein...sagen wir Mitbewohner.“ Mitbewohner? Ich wusste nicht recht, was Lewy damit meinte. Diesen Freund von dem Mats und Marco mit erzählt hatten? Oder dich jemand anderes? Aber ich würde nicht nachfragen. Wenn Lewy es mir erzählen Willen würde, dann würde er es tun. “Klar, kein Problem.“ sagte ich deshalb nur und konzentrierte mich weiter aufs Laufen. Kurz darauf kamen dann die ersten aus der Mannschaft dazu und ehe ich michs versah, begann das eigentlich Training und ich war wieder voll und ganz mit David am rumalbern. Meinen Kino Besuch mit Lewy verschwieg ich ihm wohl weißlich. Ich freute mich auf heute Mittag und da wir in der Öffentlichkeit waren, musste ich mir auch nicht zu viele Gedanken um seine bestimmerische Art machen.

Letztendlich stand ich zehn Minuten zu früh vor Lewys Haus. Da es mir zu blöd war im Auto zu warten, beschloss ich einfach zu klingeln. Kurz darauf öffnete sich auch die Tür, doch es war nicht Lewy der mir gegenüber stand, sondern ein anderer Junge. Ein Junge, dessen Ähnlichkeit zu mir, mir schon fast Angst machte.
“Du bist es also. Habe ich recht?“ fragte er mich und ich verstand nicht, was er meinte. “Wegen dir ist er so.“ fügte er noch hin zu und so langsam bekam ich wirklich Angst.
“Wie, was, wer bist du überhaupt?“ fragte ich, doch bevor er mir eine Antwort geben könnte, hörte ich Lewy laut und streng sagen: “Was genau glaubst du, was du da tust Felix?“ Angesprochener drehte sich mit ertappten Gesichtsausdruck zu Lewy um. “N...Nichts“ stammelte er.
“Nach nichts sieht es aber nicht aus. Los, geht auf dein Zimmer!“ befahl Lewy und der Junge befolgte den Begehlt, nachdem er noch einmal einen ängstlichen Blick auf mich geworfen hatte. Dann waren wir allein.
“Und was genau glaubst du hier zu machen?“ herrschte Lewy nun mich an.
“Ich...Ich wollte dich abholen. Wegen...Wegen dem Kino...“ stammelte ich.
“Und da dachtest du dir klingel ich einfach mal? Obwohl du draußen auf mich warten solltest?! Du wirst dich jetzt sofort in dein Auto setzten und dort warten, bis ich hier fertig bin. Hast du das verstanden?“ schrie er jetzt schon fast. Ich hatte Angst und trotzdem war ich noch dumm genug ihm zu widersprechen: “Aber...“ Weiter kam ich nicht, denn das klatschen seiner Hand auf meiner Wange unterbrach mich. Mir stiegen die Tränen in die Augen und reflexartig bedeckte ich meine schmerzende Wange.
“Autoschlüssel“ forderte Lewy kühl und aus Angst gab ich sie ihm. Er packte mich am Arm, zog mich zu meinem Auto, verfrachtete mich auf die Rückbank und verriegelte dann die Türen bevor er ins Haus zurückkehrte. Ich selber kauerte mich auf den sitzen zusammen. Warum musste ich auch so einen Mist bauen. Lewy hatte recht. Egal was ich machte, ich machte es falsch. Schon wieder hatte ich ihn wütend gemacht. Schon wieder war ich Schuld, dass er jetzt Probleme hatte. Aber eine Frage ließ mich dennoch nicht los. Was hatte es mit dem Jungen auf sich, der mir so verdammt ähnlich sah?

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