Kapitel 26

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Als wir ankamen, umklammerte ich nervös meine Tasche und folgte Toni in die Umkleidekabine. Es schienen schon fast alle da zu sein. Ich kannte ja viele schon von der Nationalmannschaft, trotzdem war es neu, mit ihnen nun auch auf Vereinsbasis zu spielen. „Hey Mario“ begrüßte mich Thomas. Ich lächelte ihn zaghaft an und stellte meine Tasche neben Tonis ab. Der ein oder andere kam auch mich zu und begrüßte mich freundlich. Ich nickte nur und lächelte brav zurück. Irgendwie war mir diese Aufmerksamkeit gerade total unangenehm. „Na nicht so schüchtern“ lachte Manu und klopfte mir freundschaftlich auf die Schulter. Ich schaute nur verlegen auf den Boden und wandte mich schließlich meiner Tasche zu. Irgendwann ließen sie mich auch endlich in Ruhe. Als wir alle umgezogen waren, folgte ich den anderen stumm auf den Platz. Dort begrüßte mich mein neuer Trainer und ich musste mich teilweise schon etwas anstrengen, meine Konzentration aufrecht zu erhalten. Irgendwie stand ich echt etwas neben mir. Als dann die ersten Trainingseinheiten begannen, lockerte ich mich etwas und fand ins Spiel rein. Doch ich merkte schnell, dass hier ein ganz anderer Druck herrschte. Schon damals beim Probetraining fiel mir das auf, doch schien es keine Ausnahme gewesen zu sein. Also musste ich mich erneut komplett auf die Sache konzentrieren und bei dem kleinsten Fehler, schaute ich nervös zum Trainer und nahm die Reaktionen meiner Kollegen wahr. Bei einer kleinen Trinkpause kam Thomas auf mich zu. „Du machst das doch gut, keine Sorge kleiner“ und wuschelte mir durch die Haare. Ich nickte nur stumm und trank dann angestrengt aus meiner Wasserflasche. Immer wieder kamen sie auf mich zu und sprachen mir Mut zu. Sie waren durchaus freundlich, dennoch konnte ich mich einfach nicht gehen lassen. Zu fremd waren mir die Umgebung und das Klima. Mir fehlte eben ein Marco, mit dem ich ab und zu rumalberte, oder einen Mats der mir wie ein großer Bruder zur Seite stand. Ja selbst ein Kevin, der den ein oder anderen dummen Spruch klopfte, fehlte mir. Obwohl ihm Thomas teilweise schon Konkurrenz machte. Das ganze Paket BVB und Dortmund war nun mal ein anderes gewesen, dennoch durfte ich dem nicht so nach trauern. Ich musste meine neue Situation akzeptieren.
Als das Training vorbei war, kam erneut ein Spieler auf mich zu, den ich noch nicht richtig kannte. „Hey Mario, Lust nacher noch etwas zu machen?“ fragte er mich und ich schaute ihn noch etwas skeptisch an. Dies schien er zu bemerken, denn er lachte und streckte mir eine Hand entgegen. „ Alaba, David Alaba“ sagte er im James Bond Stil und ich musste etwas schmunzeln. Ich gab ihm ebenfalls die Hand und lief weiter. Er wich nicht von der Seite „Also?“ fragte er mich gespannt. „Was? Achso, ehm ne ich denk nicht sorry. Ich muss erst ma noch Sachen auspacken und so“ antwortete ich, was eigentlich auch nicht gelogen war. Außerdem würde Marco morgen wieder fahren und den wollte ich ja natürlich noch sehen. Alaba nickte verständnisvoll und joggte dann weiter zu den anderen. Unter der Dusche ließ ich das warme Wasser meine Gedanken wegschwemmen. Ich atmete tief durch und schloss die Augen. Als das Wasser auf mein Gesicht prasselte, wanderten meine Gedanken zu Lewy. Was der wohl im Moment tat. Immer noch spürte ich einen kleinen Stich, wenn ich an die Situation zwischen uns und die Art, wie wir auseinander gegangen waren dachte. Seifzend stellte ich das Wasser ab und ging wieder in die Kabine. Dort waren nur noch Toni, Thomas und einer der jüngeren, den ich noch nicht kannte. „Und wie hats dir gefallen?“ fragte Toni neugierig. „Gut“ log ich und lächelte zaghaft. Toni musterte mich etwas und lachte dann „Du wirst dich dran gewöhnen“ sagte er nur und widmete sich dann seinen Schuhen. Als wir beide fertig waren, gingen wir zu Tonis Auto. Während der Fahrt sprachen wir nicht viel. Toni fragte mich einige Dinge und erzählte die ein oder andere Story über manch meiner neuen Kollegen. Hier und da fragte ich gespielt interessiert nach oder schenkte ihm ein Lachen. Innerlich wollte ich einfach nur bei mir ankommen und meine Ruhe haben. Schließlich kamen wir auch bei mir an. Ich öffnete die Tür und ein strahlender Marco begrüßte mich. „Naaa wie war der erste Schultag?“ scherzte er und ich musste leicht lächeln. „Ha-ha“ ich schmiss meine Tasche lässig in die Ecke und setzte mich zu ihm an den Küchentisch. Ein tiefer Seufzer entfuhr mir und ich spürte Marcos prüfenden Blick auf mir. „Es war gut, wirklich“ log ich erneut und zwang mich zu einem Lächeln. Marco schien nicht besonders überzeugt, dennoch ging er nicht weiter darauf ein. „Ich muss schon heute Abend wieder fahren“ fing er dann an. „Kloppo hat drum gebeten“ er schaute mich entschuldigend an und ich zuckte mit den Schultern „Ist schon ok. Ich hab ja Toni und die anderen“ sagte ich nicht wirklich überzeugt. Dennoch wollte ich Marco kein schlechtes Gewissen machen und erst Recht nicht ihm zeigen, wie scheiße es mir doch eigentlich gerade ging. „Wie lange haben wir dann noch?“ fragte ich daraufhin und Marco blickte auf die Uhr. „3 Stunden“ antwortete er nach kurzer Zeit und somit beschlossen wir, noch etwas zu zocken. Ich wollte einfach noch mal an was anderes denken. Nicht daran, dass wenn Marco nun auch ging, ich irgendwie alleine war. Alleine in einer fremden Stadt, in einem neuen Verein.

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