Kapitel 5

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Der Abend bei Mo war schön gewesen. Es war eine Erleichterung mal nicht darüber nachgrübeln zu müssen, wie ich mich verhalten sollte. Sie warfen nicht sofort jedes Wort auf die Goldwage. Wir hatten gelacht, Spaß gehabt und es war wunderbar gewesen. Allerdings war es auch so, dass sie nun mal nicht Lewy waren. Es war als würde ein Teil von mir fehlen. Seit dem Lewy hier war, waren wir einfach unzertrennlich. Wir verstanden uns blind und unser Auseinandergehen gestern nach der Besprechung tat mir einfach unendlich leid. Ich sollte mich entschuldigen und zwar schnell.

Hey Lewy, ich wollte mich entschuldigen. Ich hab mich gestern wie ein Idiot benommen. Es tut mir leid.

Schrieb ich ihm schnell per Whatsapp und wartete ungeduldig, bis er mir antworten würde. Normalerweise war er immer fast sofort online, wenn ich ihm schrieb. Nur heute nicht. Er ließ sich Zeit. Er ließ sich ganze drei Stunden Zeit. Drei Stunden, in denen ich langsam Verstand, dass ich wirklich Mist gebaut hatte gestern. Richtig großen Mist.

Es tut mir Leid Mario, aber ich brauche erst einmal Abstand. Ich muss das ganze erst einmal sacken lassen. Gestern ist mir etwas bewusst geworden. Immer, wenn niemand anderes da war, hast du an mich geklammert. Ich war der perfekte Lückenfüller, der dir auch noch wie ein Idiot aus der Hand gefressen hat. Das muss ich erst mal verdauen, also lass mich bitte erstmal in Ruhe. Ich melde mich bei dir, wenn ich dazu wieder bereit bin.

Wie paralysiert starrte ich auf seine Antwort. Ich konnte es einfach nicht fassen. Er war nie ein Lückenfüller für mich. Er war mein bester Freund. Ich brauchte ihn. Erst seit er bei mir war, beim BVB war, fühlte ich mich im Verein wirklich wohl, wirklich zuhause. Wie sollte das bitte ohne ihn werden? Gab es für mich überhaupt noch ein ohne ihn? Nein, das gab es nicht. Ich musste das wieder gut machen.

Bitte Lewy gibt mir eine Chance. Ich hab mist gebaut. Du warst nie der Lückenfüller für mich. Du bist eine Nummer 1. Ohne dich wäre, ohne dich bin ich ein nichts. Bitte Lewy.

Ich wollte einfach nicht aufgeben. Konnte nicht einfach so kampflos aufgeben. Durfte es nicht. Lewy würde erwarten, dass ich um unsere Freundschaft kämpfe, wenn sie mir etwas bedeutet. Er würde es auch tun. 

Es tut mir leid Mario

Bekam ich als Antwort und erst Verstand ich nicht. Ich wollte ihn fragen aber er hatte mich blockiert. Er hatte mich blockiert? Mein bester Freund hatte mich blockiert? Fällig verzweifelt versuchte ich es über Anruf und SMS, aber nirgends kam ich weiter. Er hatte mich tatsächlich überall blockiert. Ich spürte, wie sich die ersten Tränen aus meinen Augenwinkeln lösten. Ich hatte es geschafft, hatte alles kaputt gemacht.
Weinend schleppte ich mich auf mein Sofa und badete mich im Selbstmitleid. Ich hatte Lewy nicht verdient. Hatte seine Freundschaft nicht verdient und er hatte es jetzt endlich auch verstanden. Irgendwann versiegten die Tränen und ich wusste nicht, was ich mit dem Tag noch anfangen sollte. Normalerweise würde ich Lewy ja jetzt anrufen, aber das ging ja nicht mehr. Schon wieder Lewy. Ich musste doch auch irgendwas ohne ihn hinbekommen. Einen Film schauen, das könnte Ich machen. Am besten einen ganzen Filmtag mit allen drei Teilen Herr der Ringe. Das war die Idee und dazu holte ich mir noch eine große Schale Schockokadeneis. Als ich dann mit der Fernbedienung wieder auf dem Sofa saß, kamen wieder Erinnerungen. Erinnerungen, wie ich genau so, mit dem gleichen Eis und den gleichen Filmen hier auf dem Sofa gesessen hatte. Zusammen mit Lewy. Mir würde klar, wie viel ich eigentlich wirklich mit Lewy gemacht hatte, nämlich so ziemlich alles. Wieder drohten die Tränen zu fließen und ich wünschte mir nichts mehr, als meinen besten Freund jetzt hier neben mir sitzen zu haben. Ich brauchte ihn. Oder zumindest etwas von ihm. Schnell stand ich auf und rannte in mein Schlafzimmer. Lewy hatte vor einer Weile mal ein Obergeil hier vergessen und das lag immer noch versteckt in einem Winkel meines Kleiderschrankes. Über glücklich wenigstens etwas von meinem besten Freund zu haben, schlüpfte ich in das Oberteil und machte mich wieder auf den Weg zurück aufs Sofa. Ich verspürte wenigstens etwas Glück, was das Fehlen meines besten Feundes zumindest zeitweise überdeckte. Irgendwann war ich so müde, dass ich während dem dritten Teil einfach einschlief, in der Hoffnung, dass das alles nur ein böser Traum war oder Lewy sich bis morgen wieder beruhigt hatte und mir eine Chance gab.

Meine Hoffnung löste sich am nächsten Tag in Rauch auf. Und auch am Tag drauf und am Tag darauf und auch eine Woche später. Irgendwann gab ich die Hoffnung auf. Er würde es mir nicht verzeihen und zurecht. Verzweifelt schaltete ich irgendwann mein Handy aus. Ich ertrug es nicht, wie er in der BVB Gruppe mit den Anderen scherzte und mich nach wie vor ignorierte. Ich vergrub mich in meinen Selbstmitleid in meiner Wohnung, ging nur noch zum einkaufen raus und bestellte mir meistens das Essen. Ich hatte immer mit Lewy gekocht und allein machte es mir einfach keinen Spaß mehr. Unbewusst machte es mich auch extrem traurig, dass es den anderen aus der Mannschaft wohl scheinbar egal war, was mit mir war. Sie kümmerten sich nicht drum, dass ich mein Handy nicht mehr an hatte. Es war, als wäre ich Luft, wenn ich nicht mit Lewy befreundet war. Nur einer hatte mich ein mal angerufen. Jürgen. Ich hatte ihm nichts erzählt, hatte mich zu sehr geschämt und Jürgen hatte es akzeptiert. Es war für ihn okay, dass ich bis Trainingsbeginn meine Ruhe brauchte. Er akzeptierte es und hatte mir Mut gemacht. Vielleicht hatte er ja recht gehabt. Vielleicht würde ja alles gut werden, wenn Lewy und ich uns Wiedersehen würden. Vielleicht hatte der Abstand zu mir geholfen. Vielleicht war er bereit mich unsere Freundschaft retten zu lassen, mich mich retten zu lassen.

Äußerste LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt