Kapitel 27

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Lewy POW
Mario hatte es also tatsächlich durchgezogen. Er hatte den BVB verlassen. Meinetwegen. Zu sagen, dass es mir leid täte, wäre eine Lüge. Er hatte mich angelogen und anstatt die Sache mit mir zu lösen, war er mitten in der Nacht abgehauen. Hatte sich hinter anderen versteckt und mir die Schuld dafür gegeben. Dafür, dass er nicht zu sieben Fehlern stehen konnte. Dass er keine Verantwortung tragen konnte. Er konnte keine Entscheidungen treffen. Der Wechsel bestätigte das nur. Alle anderen hatte er vielleicht täuschen können nach dem Probetraining, aber ich hatte die Wahrheit in seinen Augen gesehen. Hatte gesehen, dass er sie anlog und es ihm ganz und gar nicht gefallen hat. Aber keiner der anderen, keiner seiner ach so tollen Freunde hatte das gemerkt. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich Mario jedoch schon so ziemlich aufgegeben. Ich hatte was besseres verdient als ihn. Versuchte ich mir zumindest einzureden und auch erfolgreich. Ein paar Wochen später hatte ich Felix kennen gelernt. Er war genau wie Mario. Sah ihn sogar ziemlich ähnlich, bis auf die blonden Haare und hellblauen Augen. Falls es jemals große charakterliche Unterschiede zwischen ihnen  gegeben hatte, hatte ich sie erfolgreich beseitigt. Felix glich Mario inzwischen sehr und ich war glücklich. Hatte ich doch meinen besten Freund endlich so bei mir, wie ich es wollte. Als MEINEN festen Freund. Dank Felix wusste ich, dass ich schwul war und so an Mario hing, weil ich ihn geliebt hatte. Aber jetzt war da Felix, dem alle meine Gefühle galten. Seit einigen Tagen wohnten wir auch zusammen und im Gegensatz zu Mario, verstand er mich. Verstand, was mit an Ehrlichkeit und Offenheit lag und verstand, dass ich ihm alles  geben konnte, was er bräuchte. Ich war unsagbar glücklich und stolz auf ihn, als er freiwillig all seine Freunde auf Abstand brachte und sich ganz auf unsere Freundschaft konzentrierte. Gerade jetzt war Felix bei mir, bei uns zuhause und wartete auf mich bis ich mit dem Training fertig war. Es war das erste Training diese Saison und das erste ohne Mario. Jetzt wo er weg war, merkte ich erneut, wie sehr er mir eigentlich fehlte und wie viel von mir, mit ihm gegangen war. Seufzend ließ ich meinen Blick über die anderen schweifen. Die letzte Saison hatte ihre Spuren auf und hinterlassen. Kaum einer von ihnen redete mehr mit mir. Sie alle sahen noch mehr oder weniger angeschlagen aus. Ich hatte sie auch lange genug terrorisiert auf der Suche nach Mario und nie hatte ich raus finden können, bei wem von ihnen er sich versteckt hatte. Marco sah besonders schlecht aus. Ich wusste, dass er und Mario die neuen besten Freunde gewesen waren. Götzeus, das Traumduo des BVB. Und jetzt war Mario weg und Marco sah nicht sehr gut aus. Er konnte sich merklich kaum auf das Training konzentrieren und etwas Schadenfreude kam in mir auf. Wie hatte er mich hämisch angeschaut, als es mir so schlecht ging und wie hatte er mich immer ausgelacht, wenn ich Mario bei ihm gesucht hatte. Jetzt bekam er alles zurück. Endlich konnte ich ihn dafür leiden sehen. Und nicht nur für das. Auch dafür, dass er Marios und meine Freundschaft, unsere Bindung zerstört hatte. Wäre Marco Reus vor einem Jahr nicht aufgetaucht, würde Mario jetzt mir gehören, wie Felix jetzt mir gehört. In diesem Moment pfiff Jürgen das Training ab.
“Robert, kommst du mal bitte kurz?“ rief er mir noch zu und so schlug ich den Weg zu Jürgen, statt zu den Kabienen ein.
“Ich wollte noch mal mit dir reden Robert. Da ja jetzt eine neue Saison ist und es heißt ja, neues Spiel neues Glück. Wir haben mit Mario einen wertvollen Spieler gehen lassen müssen. Einen Spieler, den wir durchaus hätten gebrauchen können, vor allem, da deine Leistung letzte Saison nicht immer überzeugend war. Das darf nicht nochmal vorkommen. Hast du mich verstanden? Ich will nicht noch einen Spieler verlieren und von dir möchte ich endlich wieder deine alte Leistung sehen. Bekommst du das hin?“ legte Jürgen auch gleich los.
“Natürlich schaffe ich das“ versicherte ich ihm. Was blieb mir auch für eine andere Wahl. Aber jetzt hatte ich ja auch Felix. Mit ihm würde ich das schon schaffen und mich den anderen beweisen können. Tief in meinem Inneren wusste ich jedoch, dass es hier keine Zukunft haben würde. Die Sache mit Mario hatte hier etwas zerstört. Etwas, was nicht mehr zu reparieren ging.
“Gut, dann geh dich jetzt umziehen und ab nach Hause. Ich will dich morgen fit sehen.“ entließ mich Jürgen und schnell machte ich mich auf den Weg. Auf Duschen und Umziehen mit der Mannschaft war mir jetzt doch nicht mehr und so schnappte ich mir nur schnell meine Tasche und machte mich auf den Weg nach Hause zu Felix. Duschen könnte ich auch dort und dort, war ich wenigstens noch geschätzt und willkommen. Ja, sogar geliebt.

Äußerste LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt