Nicht allein

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Ruggero P.O.V

Da lag sie nun. Bewusstlos auf meinem Bett. Schon wieder. Dieses Mädchen musste echt viel mitmachen.

Ich hatte einen Arzt gerufen, damit er sie untersucht, da ich ungern in das Krankenhaus fahren wollte. Es wäre besser, wenn sie in einer Umgebung aufwachte, die sie schon kannte, als in einem Krankenzimmer. Außerdem konnte ich bei ihr bleiben.

Der Arzt sagte, dass sie eine leichte Gehirnerschütterung hat, was heißt, dass sie noch starke Kopfschmerzen haben würde und sie sich übergeben könnte. Sie brauchte viel Ruhe, weshalb sie eine Woche von der Schule entschuldigt war.

Nachdem er ging, setzte ich mich auf einen Stuhl, der neben dem Bett stand, in welchem Karol noch immer schlief. Ich nahm ihre Hände in meine und beobachtete sie eine Weile.
Sie war wunderschön. Ihr etwas eckiges, jedoch nicht breites Gesicht, wurde von ihren dunklen, langen Haaren umrandet. Zarte Sommersprossen zierten ihre Nase und verteilten sich weiter auf den Wangen. Diese waren, aufgrund der warmen Temperaturen, leicht rosig. Der
U-Förmige Amorbogen ließ ihre Lippen herzförmig aussehen. Leider konnte ich ihre wunderschönen leuchtend grünen Augen nicht sehen, da sie logischerweise geschlossen waren.

Ich legte meinen Kopf auf das Bett und schloss meine Augen, während ich ihre Hände noch in meinen hielt.

Irgendwann hörte ich Karol lauter und unregelmäßiger atmen. Ich schaute auf. Karols Augen waren noch geschlossen. Sie hatte einen Albtraum. Mit hoher Wahrscheinlichkeit träumte sie von diesem Typen. Ich versuchte sie zu wecken, jedoch funktionierte es nicht.
Sie atmete immer schwerer. Sie fing an zu zittern. Alle meine Versuche, Karol zu wecken, scheiterten.
Schließlich beschloss ich, mich zu ihr zulegen.
Kaum lag ich bei ihr, krallte sie sich an meinem T-Shirt fest und vergrub ihr Gesicht in meiner Halsbeuge. Sie schluchzte. Wenn sie wach gewesen wäre, hätte sie ihren Emotionen nicht freien Lauf gelassen.

,,Pscht.. Ich bin hier. Es ist alles gut. Wir schaffen das schon. Du bist nicht allein. Ich bin immer da.", redete ich auf sie ein, während ich ihr über den Rücken streichelte.

Nach einer Zeit beruhigte sie sich. Trotzdem machte ich keine Anstalten sie loszulassen.

Auf einmal schreckte sie hoch.

,,Wo bin ich?!", schrie sie.

Sie schaute sich um und entdeckte mich schließlich. Sie beruhigte sich, als ihr klar wurde, dass sie bei mir zu Hause ist.
Kurz sah es so aus, als würde sie nachdenken, was überhaupt passierte. An ihrem Blick sah man, dass sie sich erinnerte.
Sie fasste sich an den Kopf und seufzte.

,,Starke Kopfschmerzen?", fragte ich sie. Karol nickte.

,,Hier sind die Tabletten, die mir der Arzt gegeben hat." Ich stand auf, holte eine Tablette raus und kippte Wasser in ein Glas.

,,Welcher Arzt?" Verwirrt schaute sie mich an.

,,Ich habe einen Arzt gerufen, damit er dich untersucht. Ich wollte nicht ins Krankenhaus. Du hättest wahrscheinlich mehr Panik bekommen, wärst du in einem Krankenzimmer aufgewacht.", lachte ich, um die Stimmung ein wenig zu lockern. Es funktionierte. Sie lächelte.

,,Lächeln steht dir übrigens sehr gut. Ich würde es gerne öfter sehen, auch wenn es meinem Herz nicht gut tut.", sagte ich übertrieben dramatisch.
Es war nicht gelogen. Mein Herz lief einen Marathon, wenn sie lächelte.

Was machte sie nur mit mir?

,,Idiot.", flüsterte sie. Ich musste schmunzeln.

Gerade wollte sie mir die Tablette abnehmen, als sie sich auf einmal verkrampfte. Ich legte das Glas und die Tablette auf den Nachttisch und ging sofort zu ihr. Ich setze mich neben sie.

,,Karol? Was ist-"

,,Wo ist das Bad?", fragte sie hektisch.

Ich wusste sofort was los war. Ich zog sie langsam aus dem Bett und führte sie dann schnell zum Badezimmer. Dort schloss sie sofort die Tür ab. Nachdem sie sich schließlich übergab, öffnete Karol die Tür wieder. Sie war total blass.
Ohne noch ein Wort zu sagen, ging ich wieder mit ihr in mein Zimmer.

Kaum waren wir dort angekommen, nahm Karol ihre Tablette. Ich bezweifelte, dass das eine gute Idee war, da ihr Magen nun komplett leer war. Aber jeder reagiert anders auf Tabletten, deswegen hielt ich lieber meinen Mund.

Wir wissen ja wie unsere liebe Karol sein kann, wenn man ihr was vorschreibt.

,,Entschuldige. Ich bereite dir nur Probleme. Wieso machst du das überhaupt? Ich kann komplett verstehen, wenn du mich jetzt sofort aus deinem Haus schmeißt. Du hast besseres zu tun, als dich um eine 17 jährige zu kümmern, die nichts-"

Ich schlang meine Arme um ihre Taille und zog sie zu mir.

,,Ich mache das, weil ich dich gern hab, Karol. Du bist mir sehr wichtig und ich möchte nicht, dass dir was passiert. Ich bin gerne in deiner Nähe. Außerdem bringst du ganz schön viele Abenteuer mit dir. Ich könnte mir gar kein Leben mehr ohne diese Aufregung vorstellen. Das wäre doch langweilig.", flüsterte ich in ihr Ohr.

Ein leises Lachen entkam ihr.

Wir verweilten eine Weile in dieser Position.
Karol brach die angenehmen Stille.

,,Wie geht es dir?", fragte sie, während sie sich langsam löste.

Überrascht schaute ich sie an. Sie war unglaublich. Obwohl sie in so einer Situation war, kümmerte sie sich mehr um andere.

,,Gut.", antwortete ich schließlich.

,,Das stimmt nicht."

Sie hatte recht. Es stimmte nicht. Jedoch habe ich seit letzter Zeit nicht wirklich mit jemanden über meine Probleme gesprochen. Noch nichtmal mit Agus. Und er war wie ein Bruder für mich. Er konnte aber nichts dafür. Es war meine Entscheidung, ihm nichts von meinen Problemen zu erzählen.

,,Meine Mutter liegt seit sechs Monaten im Koma. Sie hatte einen Autounfall und ich kann nicht bei ihr sein. Meine Eltern wohnen in Italien. Dementsprechend liegt sie in einem Krankenhaus in Italien. Zwar telefoniere ich jeden Tag mit meinem Vater und er sagt mir, wie es momentan mit ihr aussieht, aber ich will bei ihr sein. Wenn sie in den nächsten zwei Monaten nicht aufwacht, werden die Geräte abgestellt. Ich bin in der Uni, lerne oder arbeite. Ich habe keine Zeit, um nach Italien zu fliegen. So gerne ich das auch wollte."

Ich spürte Karols zarten Hände, die nach meinen griffen.

,,Nichts ist unmöglich. Wir werden einen Weg finden. Du wirst sie sehen und sie wird aufwachen. Da bin ich mir sicher. Du bist nicht allein. Ich bin immer da."

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Neues Kapitel!🎉
Ich danke euch so sehr für 1 Tsd. Aufrufe!!! Ich kann es gar nicht glauben! Danke, Danke, Danke❤❤

Mal von Ruggeros Sicht aus! Soll ich öfter von anderen Sichten aus schreiben?

Wie fandet ihr das Kapitel?
Wird Ruggero seine Mutter sehen?
Wird Karol ihm dabei helfen?
Was passiert zwischen Karol und Rugge?

Ich hab euch lieb!
Eure Aurora

P.S. Wem ist aufgefallen, dass Karol Rugges Worte wiederholte?

Gefühlschaos || RuggarolWo Geschichten leben. Entdecke jetzt