Versager

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Karol P.O.V

Ich öffnete meine Augen und hob meinen Kopf in der Hoffnung, dass alles ein Traum wäre. Dies tat ich zum gefühlt hundertsten Mal, wobei ich jedes Mal von der Realität enttäuscht wurde.

Mittlerweile hatte ich mein Gefühl für Zeit komplett verloren. Ich wusste nicht ob fünf Stunden oder fünf Tage vergangen waren. Ich wusste auch nicht, ob irgendwer nach mir suchte. Das einzige, was ich wusste war, dass ich so schnell wie möglich hier rauswollte. Aber wie?

Langsam stand ich auf und schaute mich in der Halle um. Jeder einzelne Schritt den ich machte war laut zu hören. Ich kniff meine Augen zusammen, um meine Sicht ein wenig bessern zu können, jedoch funktionierte das nicht. Es war zu dunkel. Voller Verzweiflung setzte ich mich wieder, wobei ich etwas an meiner hinteren Hosentasche spürte.

Mein Handy!

Schnell holte ich es aus meiner Tasche und drückte auf eine der Tasten. Es leuchtete auf. Einen Moment lang überlegte ich die Polizei anzurufen. Jedoch konnte ich das gleich wieder vergessen, da ich kein Empfang hatte.

Ich schaltete die Taschenlampe meines Handys an und leuchtete damit in die leere Halle. Es gab zwei Tore. Durch eines bin ich gekommen und durch das andere ist mein Vater gegangen. Ich versuchte beide zu öffnen. Vergebens. Ich schaute mich noch ein wenig um, bis mein Blick an einem Fenster hängen blieb. Es war mit schwarzer Farbe übermalt, damit man ja nicht reingucken konnte. Es lag eher weiter oben, jedoch war die Wand teilweise so uneben, dass ich hochklettern konnte. Und genau dies tat ich.

Ich steckte mein Handy also wieder ein. Ich suchte nach einer guten Stelle an der ich mich hochziehen könnte. Als ich diese fand, zog ich mich ein wenig nach oben und setzte meine Füße an einem passenden Platz ab. So arbeitete ich mein Weg zum Fenster.

Es klappte gut, bis ein stechender Schmerz meine rechte Hand durchfuhr. Aus Reflex zog ich meine Hand zurück und ballte sie zu einer Faust. Dabei verlor ich mein Gleichgewicht, worauf ich fiel. Ich schloss meine Augen. Mein Rücken traf den Boden, wobei mein Kopf mit voller Wucht gegen den Boden schlug. Ich stöhnte schmerzerfüllt auf. Sofort began sich alles zu drehen. Ich setzte mich langsam auf und schaute auf meine Hand in der sich ein tiefer Schnitt befand. Meine andere Hand wanderte zu meinem Hinterkopf und dann wieder zurück. Starr schaute ich auf meine Hände. Beide Hände schienen in meinem tiefroten Blut zu verschwinden.

Ich stand auf, fuhr mir mit durch die Haare und krallte meine Nägel in meine Kopfhaut. Mein ganzer Körper versteifte sich. Ich kniff meine Augen zu und schrie. Ich schrie so laut ich konnte, obwohl ich wusste, dass es nichts bringen würde. Erst als mir der Atem ausging, hörte ich auf und fiel zu Boden.

In diesem Moment öffnete sich ein Tor, welches danach aber direkt wieder geschlossen wurde. Ich saß mit dem Rücken zum Tor und machte auch keine Anstalten mich umzudrehen. Ich wusste, dass es mein Vater war. Ich hörte Schritte die sich mir näherten.

,,Lass mich in Ruhe.", fauchte ich ihn an, wobei ich meinen Kopf ein wenig zur Seite drehte. Er lachte verächtlich und blieb stehen.

,,Umdrehen.", befahl er mir, worauf ich natürlich nicht hörte.

,,Ich habe gesagt, du sollst dich umdrehen.", wiederholte er nun mit einem drohenden Unterton.

,,Und ich habe gesagt, du sollst mich in Ruhe lassen. Da sind wir wohl beide Dickköpfig.", zischte ich. Stille. Er schien darüber überrascht zu sein, dass ich nicht das tat, was er wollte.

Ich wollte nicht, dass er mich sieht. Meine Hände, mein Kopf und meine Klamotten waren voll mit Blut. Er könnte sich denken, was ich vorhatte. Das versuchte ich zu verhindern, damit ich es nochmal versuchen konnte, sobald er weg war.

,,Du sollst dich verdammt nochmal um-"

Er packte mich an der Schulter und drehte mich zu ihm. Er stockte als er mich sah. Seine Augen wanderten zu meinen Händen. Er schaute sich um und sah dann das Fenster, welches direkt über uns war. Ein dreckiges Grinsen erschien auf seinen Lippen.

,,Soso. Du bist aber mutig. Nur zur Info. Das Fenster ist abgeschlossen und aus Panzerglas." Er machte eine kleine Pause, wobei er meinem Gesicht näher kam.

,,So schnell entkommst du mir nicht.", flüsterte er nun.

Ich wich seinem Blick nicht einmal aus. Ich stand auf und schob ihn von mir weg, womit ich zwei rote Handabdrücke auf seinem Shirt hinterließ. Ich schaute hinter ihn, wo zwei Männer vor den Toren standen. Mein Blick landete wieder auf ihn. Ich analysierte seine Augen, worauf mir nun ein abwertendes Lachen entkam.

,,Versager.", brach ich die Stille. Verwirrung war in seinem Gesicht geschrieben.

,,Du bist ein Versager. Mehr nicht. Du tust deiner eigenen Tochter das alles an. Und wieso? Weil ich, als ich vier war, die Polizei rief, da du Mamá geschlagen hast. Du willst mich aufgrund deiner Fehler bestrafen. Oh und nicht zu vergessen, brauchst du dazu zwei Männer. Bist du wirklich so schwach? Dann muss ich meine Stärke wohl von Mamá haben. Aber was wundert mich das auch? Guck dich an. Deine Augen spiegeln Verzweiflung und Angst wieder. Wovor hast du Angst? Ich kann es dir sagen. Du hast Angst davor, was dir möglicherweise noch passieren könnte. Du hast Angst vor der Zukunft, Papá."

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Neues Kapitel!🎉

Wie gefällt euch das Kapitel?
Hat Karol Recht mit dem, was sie sagt?
Wird ihr Vater auf ihre Worte reagieren?
Wie weit ist Rugge währenddessen?
Und was ist mit Karols Mamá?

Ich hab euch lieb!
Eure Aurora❤️

Gefühlschaos || RuggarolWo Geschichten leben. Entdecke jetzt