42. Kapitel

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Sie sind zu früh, denke ich und runzle darüber die Stirn. Ich bin eindeutig noch in keiner sonderbar guten Verfassung, dennoch hat man nach mir schicken lassen.

Meine Finger sind schweißnass und meine Beine immer noch zu schwach, sodass die Soldaten mich nach kurzer Zeit sogar stützen müssen. Ich will mir nicht einmal vorstellen, wie es aussehen muss, während wir uns einen Weg durch zwei von Gestrüpp überwucherten Hinterhöfen suchen und ein etwas weiter vom Palast entferntes mittelgroßes und relativ gutverstecktes Gebäude betreten.

Mittlerweile glaube ich nicht mehr, dass der König eine Idee hat, was meine Herkunft betrifft, sonst wäre ich niemals im Krankenhaus gelandet und mit Menschen in Kontakt gekommen, die ich dazu hätte überreden können, mich gehen zu lassen. Wenn ich nur etwas anzufangen wüsste mit meiner Sirenen-Gabe, die ich mir bisher kein einziges Mal zunutze machen konnte, weil ich keinen schwachen Schimmer habe, wie sie funktionieren soll.

Die Tür schwingt vor uns auf und dieses leicht knarrende Geräusch reißt mich aus meinen Überlegungen und lässt mein Herz vor Aufregung höherschlagen. Die Soldaten bleiben zurück, sodass ich torkelnd den Raum betreten muss, wobei ich im Augenblick schon dankbar dafür bin, nicht vor dem Würdenträger auf meinen Hintern zu fallen.

Warum bin ich hier?, frage ich mich, während ich auf ihn zu stolpere. Weil er mehr über die Rebellen erfahren will? Da hat er sich aber geschnitten.

Kalt läuft es mir den Rücken hinunter und ich werde mir meines ungepflegten Auftretens nur allzu bewusst, als ich mich langsam und steif in eine Verbeugung fallen lasse. »Mein König.«

Ich hebe den Blick nicht und zwinge mich, weiterhin meine unterwürfige Haltung beizubehalten, obwohl mir die Kraft dazu kaum ausreicht und mir bei dem Gedanken, vor dieser abstoßenden Person zu kriechen, schlecht wird.

»Erhebe dich«, fordert mich der Herrscher endlich auf und ich unterdrücke ein erleichtertes Stöhnen, als ich mich wieder gerade auf die Beine stellen kann.

Der König mustert mich eine Weile ohne ein Wort zu sagen und ich werde unruhig, was sich aber nur dadurch bemerkbar macht, dass ich an meiner Kleidung nestle.

»Wie mir zu Ohren gekommen ist, hast du die Gefangenschaft der Rebellen überlebt und bist ihnen sogar entkommen. Ein einzigartiges Ereignis, wenn ich das so sagen darf. Nie zuvor ist es jemandem gelungen, ihren Fängen zu entwischen.« Er legt den Kopf schief und scheint auf eine Reaktion meinerseits zu warten, doch ich halte meinen Kopf nur unterwürfig gesenkt und warte darauf, dass er mir eine konkrete Frage stellt, bei der ich mich nicht verraten würde.

»Nun«, der König klopft mit seinen Fingern auf die Lehne seines Throns. »Natürlich würde es mich interessieren, wie ihr Lager aussieht und wo es liegt, um ... unsere Feinde besser einschätzen zu können.«

Um sie zu töten, denke ich und noch größere Verachtung steigt in mir auf.

»Du warst lange Zeit bei ihnen. Sicherlich muss dir einiges im Gedächtnis geblieben sein?«

Ich lecke mir über die spröden Lippen und endlich hebe ich das Kinn, wobei mein Genick unangenehm knackst, als würde ich meine Gelenke nach Wochen zum ersten Mal bewegen. »Ich erinnere mich noch an Schmerzen, die so stark waren, dass es mir beinahe den Verstand geraubt hätte«, lüge ich und bin nun doch froh, dass Seza mir genug Wunden zugefügt hat, die schwer aussehen, dass man meinen Worten Glauben schenken kann.

»Man hat mich kaum aus meiner Zelle gelassen, und selbst dann habe ich nicht sehr viel mitbekommen, weil ich lange Zeit im Delirium lag. Ich wusste, sie hatten noch gar nicht richtig angefangen mit mir, sie spielten noch mit mir. Ich hatte gesehen, was anderen zugestoßen war, und wusste, dass mich nicht das selbe Schicksal ereilen sollte, also habe ich all meine Kraft zusammengenommen und begonnen, mir Wege zu merken, die aus ihrem Lager hinausführten.«

✔A Servile CrownWo Geschichten leben. Entdecke jetzt