Das Schatzkarten-Syndrom

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Watson, wir haben es hier mit einem interessanten Fall zu tun.

Was gibt's denn?

D

er Tatbestand:
Man kennt ja diese Abenteuerromane, in denen eine Gruppe junger Leute [es sind nur äußerst selten Einzeltäter] ein/en Schnipsel/Fetzen/Stück einer Schatzkarte findet und sich auf die gefährliche Suche nach dem zerknitterten Rest des muffigen Altpapiers macht. Die anderen drei Teile zu finden gestaltet sich immer wieder als knifflig und ab-so-lut unvorhersehbar.

Ich frage mich da immer wieder: warum?

Sicherlich, das Motten-Papier soll den Finder irgendwohin bringen, wo  ein Schatz, nie enden wollender Ruhm oder [eher selten] die Rettung der Welt warten, aber das erklärt noch immer nicht warum.

Gehen wir doch mal ganz logisch an die Sache heran.

Angenommen ich buddele in meinem Garten munter vor mich hin, will vielleicht ein paar Tulpenzwiebeln einpflanzen und nebenbei nach Erdöl bohren, als ich einen moderigen undefinierbaren Fetzen aufstöbere. Da ich keine Archeologischen Neigungen besitze stehen die Chancen gut, dass ich es einfach wegwerfe. Sollte ich es aber reinigen, oder vielleicht sogar in einer Kiste gefunden haben, sodass es schon lesbar war, und es tatsächlich genauer betrachten, dann würde ich es für ein Kindheitsrelikt der Vormieter oder ein vom Weg abgekommenes Geo-Cashing-Versteck halten. Dementsprechend würde es auch dann im Müll landen.

Oder ich hätte mit den Schultern gezuckt und es einfach wieder vergraben.

Ich wäre in 100 Jahren nicht auf die Idee gekommen nach weiteren Teilen zu suchen, geschweige denn bis ans Ende der Welt dafür zu rennen.
Nö. Einfach nö.

Ich verstehe auch nicht, wieso die Roman-Helden die vergilbten Zettel nicht einfach wieder zurück legen. Wenn die Rettung der Welt schon seit 300 Jahren in einer Kiste vor sich hin vegetiert und von niemandem vermisst wurde, dann kann sie auch noch ein bisschen länger auf einen vernünftigen Crocodile Dundee warten.

Und überhaupt: wenn so eine Karte für einen Schatz seit Urzeiten irgendwo versteckt ist, dann ist die Chance, dass ein Anderer das Gold längst gefunden hat doch eh gigantisch hoch!? Warum sollte ich mich dann durch das Bermuda Dreieck schlagen, wenn am Ende sowieso schon jemand schneller war?

Solche Karten sind außerdem immer sehr zweifelhafter Herkunft. Wer weiß, vielleicht hat sich bei der Karte in eurem Garten einfach ein dreijähriger einen Spaß erlaubt?

Ne, ne, ne.
Das Schatzkarten-Syndrom ist doch für Otto Normalverbraucher eine eher seltene Erkrankung, nicht wahr?

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