~ 28 ~
Völlig entkräftet stehe ich vor dieser Tür und weiß nicht wirklich, ob das so eine gute Idee war, hier her zu kommen. Aber wo soll ich sonst hin?
Niemand weiß wirklich etwas von meinen Problemen. Außer er.
Nie hätte ich gedacht, dass ich einmal das tun werde. Nie hätte ich auch nur im Ansatz daran gedacht, mich so verzweifelt vor seine Tür zu stellen und darauf zu hoffen, dass er mir irgendwie aus meiner Verzweiflung heraus helfen kann.
Aber ich habe keine Wahl. Seit dem ich hier bin, habe ich keine Wahl mehr.
Langsam hebe ich meine Hand, die ich zittrig zur Faust balle. Doch kurz bevor sie das dunkle Holz berührt, halte ich nochmal inne.
Bin ich wirklich so verzweifelt? Ja...
»Kyle?«, rufe ich mit zittriger Stimme, als auf mein zaghaftes Klopfen keine Reaktion folgt. »Kyle! Ich bin's, Mira!«
Na klasse. Vermutlich hat er auf niemanden Lust, öffnet deshalb nicht die Tür. Ich meine, wo soll er so spät noch sein? Zumal er schon des öfteren gesagt hat, dass er niemandem Zugang zu seinem Zimmer gewährt. Zumindest nicht freiwillig.
»Hey, Sweetie!« Erschrocken drehe ich mich um und sehe einen Kerl am Anfang des Flures stehen. »Was zur Hölle treibst du hier? Nur Verbindungsmitglieder haben Zugang!«
Eilig trete ich einen Schritt von der Tür zurück und blicke unsicher zwischen ihr und dem Kerl in und her. »Ich... ich wollte nur...« Meine Augen weiten sich, als ich sehe wer gerade die Treppe hinter ihm hoch steigt.
»Sie gehört zu mir.«
Der Typ macht einen Satz und dreht sich eilig um. »Sorry, das wusste ich nicht.« Schnell wendet er sich wieder mir zu und schenkt mir ein aufgesetztes Lächeln. »Kyle's Gäste sind natürlich auch unsere Gäste. Eine angenehme Nacht wünsche ich.«
Schneller als ich überhaupt noch »Tschüss« sagen kann, ist er auch schon in der nächsten Tür verschwunden.
»Du scheinst wirklich einen gewissen Einfluss auf die Leute hier zu haben«, lache ich nervös und verschränke meine Arme vor der Brust, als er mit langsamen Schritten auf mich zukommt.
»Was tust du hier?«, fragt er, als er mich erreicht hat und sich bedrohlich vor mir aufbaut. »Willst du dich wieder in Dinge einmischen, die dich nichts angehen?«
Autsch. Damit hatte ich eigentlich nicht gerechnet. Klar weiß ich, dass Kyle mich auch nach den ganzen Dingen noch immer nicht wirklich leiden kann. Oder?
Ach man, weshalb muss er auch so verwirrend sein...
»Ich hatte nicht vor...«
»Nein, du hast ja nie was vor.« Er atmet zischend die Luft aus und schüttelt mit dem Kopf. »Das Leben von meiner Schwester geht dich nichts an! Also hör auf mir nachzulaufen und mich aushorchen zu wollen. Nur weil du mal einen schwachen Moment von mir erlebt hast, bedeutet das nicht, dass wir jetzt aller beste Freunde sind oder so ein Scheiß!«
Ich schlucke. Mit allem habe ich gerechnet, aber bestimmt nicht wieder mit so einem Ausbruch, nachdem wir uns ein wenig angenähert haben. »Okay«, hauche ich und schaue zu Boden.
»Okay? Okay!? Das ist alles was du sagst?« In seinen Augen blitzt es vor Wut. Aber warum? Ich weiß ja nicht mal was ich falsch gemacht habe. »Du bist so erbärmlich, Mira. Nein ernsthaft, du bist verdammt naiv. Denkst du wirklich du bedeutest mir irgendwas? Du bist nichts und ich brauche deine verdammte Hilfe nicht! Also scher dich zum Teufel und lass mich mit deinen Detektivspielchen in Ruhe!«
»Was zur Hölle ist dein Problem?«, keife ich, denn so langsam platzt auch mir der Kragen. »Ich habe es nicht nötig, mich so von dir behandeln zu lassen, Kyle King! Das habe ich verdammt nochmal nicht nötig! Und nur zur Information: Ich hatte nicht vor, irgendetwas aus deinem verkorksten Leben herauszufinden! Ich dachte nur wir wären in gewisser Weise sowas wie Freunde geworden, die über gewisse Dinge reden. Zum Beispiel darüber, wenn ein Ex auftaucht und dich total aus der Bahn wirft und du nicht weißt was du weiter machen sollst und alles einfach so kompliziert ist und du plötzlich völlig alleine dastehst und niemand da ist, mit dem du reden kannst und die ganze Welt gegen dich zu sein scheint und es dann auch noch so bekloppte, tätowierte Vollidioten gibt, die einfach alles...«
»Rein da!«, werde ich unterbrochen, als Kyle mich am Arm packt und mich in sein Zimmer schubst. Laut wird die Tür hinter uns ins Schloss geworfen und erst jetzt fällt mir auf, dass sogar einzelne Tränen meine Wangen herunter laufen.
»Lass mich sofort hier raus!«, rufe ich und will an ihm vorbei, um nach der Türklinke zu greifen. Er ist schneller und stellt sich einfach davor.
»Dein Ex?«
»Du sollst mich hier raus lassen, Kyle! Lass mich, verdammt nochmal, hier raus!« Ich schreie wohl fast das ganze Haus zusammen, aber das ist mir im Moment egal. Was er sich erlaubt, ist wirklich krank.
»Beruhige dich und setz dich!« Er zeigt auf sein Bett und hebt provozierend eine Augenbraue.
»Überhaupt nichts werde ich tun, außer diesen Raum zu verlassen! Ich hasse dich!«
Schnell quetsche ich mich an ihm vorbei und bin schon davon überzeugt, endlich dieses Zimmer verlassen zu können. Doch kurz vorm Ziel werde ich plötzlich an der Hand gepackt, schwungvoll herumgewirbelt und im nächsten Moment heftig mit dem Rücken gegen die Tür gepresst.
Ich japse erschrocken nach Luft, als durch den Aufprall Luft aus meiner Lunge gepresst wird. Diese bleibt mir aber sofort wieder im Hals stecken, als ich bemerke wie nah er mir plötzlich ist.
»Du hasst mich, hm?« Sein Gesicht ist meinem so nah, ich kann seinen Atem auf meiner Haut spüren. Seine Augen blicken in meine und etwas unergründliches blitzt plötzlich in ihnen auf. »Darf ich dir zeigen, wie sehr wir uns hassen?«
»Was...«
»Hör auf zu reden«, keucht er und senkt im nächsten Moment seinen Kopf endgültig, um seine Lippen auf meine zu pressen.

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HOLD ME TIGHT - abgeschlossen
Ficção Geral»Ich weiß nicht, ob es gut war, hier her zu kommen. Ich weiß nicht, ob es gut war, ihm zu begegnen. Noch schlimmer aber ist es, dass ich nicht weiß, wie sehr sein Schicksal mein Leben verändern wird« _ Mira: jung, hübsch & zurückhaltend Kyle:...