Kapitel 11

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Malia war bereits seit drei Wochen ander Akademie und heute war Freitag, der 23. September.
In ihreralten Welt, wäre das für sie nur ein weiterer Tag, wie jeder anderegewesen, doch hier war es etwas besonderes.
Heute war deroffizielle Herbstanfang und da Merliner sehr eng mit der Naturverbunden waren, feierten sie jeden Jahreszeitenwechsel mit einerZeremonie in ihrem Tempel.
Bisher war Malia noch nie da dringewesen, obwohl er jederzeit offen war.

Nicht weil sie nicht neugierig war,sondern viel eher, weil sie voller Ehrfurcht war.
Dassandsteinfarbene Gebäude mit den vielen Säule und Spitzbogen, dashoch in die Höhe ragte, sah zu majestätisch, so heilig aus, dassMalia Angst hatte dort hinein zu gehen, doch heute würde sie genaudas tun müssen und zwar in einem weißen Kleid.


,,Muss das denn wirklich sein?",fragte Malia Aiden und Thomas, die jeweils in ihrem eigenen Zimmerstanden und ihre Köpfe aus dem Fenster streckten, sodass sie sichalle sehen konnten.
,,Ja,", lachte Aiden. ,,es muss sein! Ichbin mir sicher, du wirst wunderschön aussehen!"
,,Außerdem istes Pflicht.", erklärte Thomas. ,,Jeder muss weiß tragen und zwarnur weiß, sonst darf er nicht rein."
Malia stöhnte: ,,Das istdoch unfair!"
,,Wieso denn?", fragte Aiden. ,,Was hast dugegen ein weißes Kleid? Also, wenn es am Kleid an sich geht, dannkannst du auch eine Hose und eine Bluse anziehen."
,,Nein, daskann ich nicht.", meinte Malia der Verzweiflung nahe. ,,Ich habeweder eine weiße Hose, noch eine weiße Bluse! Um ehrlich zu sein,ist dieses Kleid." Sie zeigte hinter sich. ,,das einzige weiße wasich besitze!"

Aiden riss die Augen auf:,,Wirklich?!"
,,Ja."
,,Warum denn das?", wollte erverwirrt wissen. ,,Weiß ist doch eine Standard-Farbe!"
Siewendete den Blick ab und erklärte dann das Problem: ,,Ich bin zublass. Es sieht seltsam aus, wenn deine Haut nur wenig dunkler ist,als das Kleid."
,,Oh...", murmelte er, von der Erkenntniserschüttert.
Kurz sagte keiner etwas, doch dann richtete Maliasich auf: ,,Wir sollten uns dann wohl umziehen... Sonst kommen wirnoch zu spät..."


Sie ging zu ihrem Schrank, an dem dasKleid hing. Stirnrunzelnd griff sie danach und zog es an.
EinBlick in den Spiegel bestärkte ihren Verdacht: Sie sah aus, wie eineLeiche.
Das eine Mal, dass sie dieses Kleid getragen hatte, hattesie es sofort wieder ausgezogen. Somit hatte sie es nie wirklichgetragen, aber behalten hatte sie es.

Sie hatte es bei ihrer Geburt geschenktbekommen. Jedes Mädchen bekam ein solches Kleid von ihrem altenStamm geschenkt. An dem Tag, an welchem es dem Mädchen passte, wurdeeine Fest gefeiert. Gefeiert wurde, dass das Mädchen zur Frauwurde.
Zumindest normalerweise. Sie hatte dieses Fest nieabgehalten bekommen. Sie war laut der Meinung der Stammesleute keinrichtiger Mitglied der Gesellschaft und somit war sie es nicht wert,dass ein Fest für sie veranstaltet wurde.


Wenige Minuten später klopfte es anihrer Tür und gemeinsam mit Thomas lief sie aus ihrem Wohnheim, wosie sich mit Aiden trafen.


,,Bereit?"
Malia zuckte mit denAchseln. Sie wusste es nicht, doch auch Thomas schien unsicher. NurAiden allein, strahlte Selbstvertrauen aus.


Sie betraten den Tempel und Malia,sowie auch ihren beiden Freunden, blieb der Atem aus.

Es sah so eindrucksvoll aus: alletrugen weiß, aber das war nicht das Aufregendste. Die Fenster warenklein und es war kurz vor Sonnenuntergang, doch trotzdem war der Raumvon Licht erfüllt. Das Licht glitzerte und funkelte aus keinemsichtbaren Grund.
Es sah aus, aus würde der Raum aus Diamantenbestehen.


Eine Frau mit weißen Haaren und weißenFlügeln stand in der Mitte des Raumes.

,,Das ist die Priesterin: JenniferBell.", flüsterte Thomas, als er Malias Blick bemerkte.
,,Stellteuch alle in einen Kreis!", rief die Priesterin mit melodischerStimme. ,,Kitsunes nach dort." Sie zeigte in eine Richtung.,,Wassermenschen nach da und Engel hier her."

Alle folgten ihren Anweisungen.

Wie aus dem Nichts, tauchten sechsKerzen auf: rot, gelb, blau, grün, weiß und gold.
Sie bildeteneinen Kreis um eine Schale mit einer goldenen Flüssigkeit darin:Nektar.

Jennifer Bell zündete nach und nachalle Kerzen an.
Sie fing bei der blauen an: ,,Wasser..."
Dannzur roten: ,,Feuer..."
Zur Gelben: ,,Und Luft..."
Alsnächstes lief sie zur grünen: ,,Verbunden durch die Erde.."
,,demMond...", sie entzündete die weiße und dann zur goldenen: ,,undder Sonne."

Sie glitt um den Kreis und strich jeein Schüler jeder Art an. Sie folgten ihr, ohne ein Wort zu sagen.Es schien für sie ganz gewöhnlich zu sein.
Mit denen drei gingsie zurück zur Schale und jeder Schüler griff nach einem Messer,die dort lagen.
Stirnrunzelnd beobachtete Malia, wie alle dreisich in ihre Handfläche schnitten und ihr Blut in die Schaletropfte.
Dann gingen sie zurück an ihren vorherigen Blick. In demMoment als alle wieder dort standen, wo sie hergekommen waren,zündete die Priesterin einen Weihrauchstrauß an, hob ihre Arme undschaute nach oben.

Und dann geschah es: goldene Funkenstiegen von der Schale auf. Sie sahen aus wie Sterne.

,,Großer Merlin!", rief diePriesterin mit lauter und melodischer Stimme. ,,Wir haben uns hierversammelt um dir für unsere Gaben zu danken und daran zu Gedenken,dass die Natur mit uns im Einklang lebt. Danke, Merlin!"

MERLINER - Malia Moon und das Geheimnis von AzoukoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt